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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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mitten auf den Mund. Das Haus tobte vor Begeisterung, nur Marthas wütender Verlobter vorn in der ersten Reihe musste von seinen Kameraden zurückgehalten werden, um nicht handgreiflich zu werden. Von überall her flogen zur Belohnung Hosenträger, Strümpfe, Tücher und sogar zwei Mettwürste auf die Bühne.
    »Ach, war das schön! Komm, lass uns nach hinten gehen«, forderte ihn Caroline auf, nachdem auch sie begeistert Beifall geklatscht hatte. Tobias verbiss sich einen Kommentar und folgte ihr schmunzelnd.
    Da Caroline im Haus bekannt war, fanden sie sich schon wenig später in der Requisite wieder. Es roch nach Schminke, und überall standen Ständer mit prächtigen Kostümen. Dannenberg würdigte sie keines Blickes. Er war in ein hitziges Wortgefecht mit dem Darsteller des Mephistopheles verwickelt, der noch immer wütend auf eine Beule am Kopf deutete. Magda und die beiden Hexen stritten sich um einen Blumenstrauß, den ein unbekannter Verehrer beim Personal abgegeben hatte, während die Kinder, die die kleinen Teufel dargestellt hatten, hinter einem Ständer mit Offiziersuniformen Verstecken spielten. Ein Chaos ohnegleichen.
    »Wo ist Mattler?« wollte Caroline von dem Jupiter-Darsteller wissen. Der deutete zu einem Fenster, wo ein grauhaariger, etwa sechzig Jahre alter Mann leicht gebückt stand und empört eine Zeitung studierte. Erst als er Caroline und Tobias sah, hellten sich seine Züge auf.
    »Caroline? Wat für eine Überraschung. Ich hab schon gedacht, du hast mich vergessen. Hast du die Zeitung gelesen?« wollte er wissen. »Da schreiben diese Schmierfinken mal was über das Elysium-Theater, und dann loben sie uns gleich über den grünen Klee. Sogar von ›Kunstinstitut‹ ist hier die Rede. Kunstinstitut!«
    »Aber Mattler. das ist doch großartig.«
    »Großartig?« fuhr der Theaterdirektor aufgebracht fort und dämpfte sogleich seine Stimme. »Wenn unsere Leute das lesen, werden sie kommen und höhere Gagen fordern. Das wird passieren. Himmel, Arsch im Zwirn.«
    »Na, nun sei mal nicht so’n Penschieter. Sonst hast du dich immer drüber aufgeregt, dass sie euch totschweigen.«
    »Pah.« Unwirsch pfefferte Mattler die Zeitung auf einen Schminktisch, besann sich dann mit Blick auf seine Schauspieler eines Besseren und steckte sie sich vorsichtshalber in den Hosenbund.
    »So, mien Deern, wat kann ich für dich tun? Bist doch bestimmt nich ohne Grund hier, oder? Wer iss’n das?« Er nickte in Richtung Tobias.
    Der beeilte sich, sich vorzustellen, und rang sich sogar einige lobende Worte über die Vorstellung ab. Mattler war hocherfreut. »Een Kunstkenner? Immerhin.«
    Caroline sah sich vorsichtig um und entnahm ihrem Korb die eigentümliche Vogelmaske. »Schau mal, Mattler. Hast du so was schon mal gesehen?«
    Der Theaterdirektor nahm den Gegenstand vorsichtig an sich und strich über die blaßrosa eingefärbten Gänsefedern. »Exzellente Arbeit. Woher hast’n die?«
    »Kann ich dir im Augenblick nicht sagen«, erklärte Caroline.
    »Wir dachten uns«, mischte sich Tobias in das Gespräch ein, »dass Masken wie diese vielleicht von speziellen Requisiteuren angefertigt werden.«
    »Du meine Güte, sind wir heute geheimnisvoll«, spottete Mattler. »Ihr solltet besser einen Maskenverleiher aufsuchen. Ich hab keene Ahnung, wer das Ding gebaut haben kann. Da gibt es einige, die in Frage kommen.«
    Enttäuscht wandte sich Tobias dem Fenster zu und starrte nach draußen. Warum nur musste jede Spur, der er nachging, im Sande verlaufen? Vor dem Theater entdeckte er einen Betrunkenen, der hinter seinem Pferd hertorkelte. Wann immer der Kerl glaubte, es eingeholt zu haben, lief es weiter. Er war wie dieser Besoffene dort draußen.
    »Immerhin. Der, der hierfür verantwortlich ist,« fuhr Mattler fort, »muss gewusst haben, wie ein Ibis aussieht.«
    »Ein Ibis?« entfuhr es Caroline.
    »Ein Ibis«, bestätigte Mattler mit Nachdruck. »Is’n Laufvogel, wie es ihn in Ägypten gibt. Hier schau mal.« Er entrollte die exotische Skizze zu einem Bühnenbild, auf der Pyramiden, Kamele, Wüstensand und alte ägyptische Götterstatuen zu sehen waren. Nicht weit von den Statuen entfernt war ein Tümpel zu sehen, in dem drei prachtvolle Vögel mit gebogenen Hälsen und langen Schnäbeln standen.
    »Hübsch, was? Hab ich nach Bildern anfertigen lassen, die auf Napoleons Ägyptenfeldzug gemalt wurden. Also, wenn diese Maske aus ’nem Theater stammt, dann wollte da wohl jemand den Gott Thot darstellen.«
    »Wieso einen

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