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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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habe nichts mit ihr… Ich helfe ihr… Rühr sie nicht an!«
    »Du hilfst ihr?!«, wiederholte Fima, so als verstünde er den Sinn dieser Wörter nicht.
    »Sie ist sehr krank, ich habe ihr Medikamente besorgt…«
    »Die Miliz besorgt Medikamente?!« Fima riss weit die Augen auf. Er sah sich um, hob die rechte Hand mit dem leeren Glas. Blieb mit dem Blick an einem Stuhl in der Ecke hängen, tat einen Schritt und stellte das Glas auf den mit abgewetztem braunem Stoff bespannten Sitz.
    »Ich bin nicht von der Miliz«, versuchte Igor so überzeugend wie möglich zu sagen.
    [241] Fima musterte Igor mit glasigen Augen. Wieder trafen sich ihre Blicke.
    »Wenn du nicht von der Miliz bist, kannst du wohl mit einem Dieb trinken?!«, fragte Fima, und seine Lippen verzogen sich zu einem seltsamen, unkontrollierten Lächeln.
    »Kann ich.« Igor nickte. »Und dabei reden wir.«
    Fima griff mit der Hand hinter sich, zu einer zweiten Tür, und zog sie für Igor weit auf. Er selbst trat einen Schritt zur Seite.
    »Bitte einzutreten!« Fimas Stimme klang höhnisch, aber Igor ging, wenn auch angespannt, mit mehr oder weniger ruhigem Schritt am Hausherrn vorbei und roch dabei dessen Schnapsfahne.
    Hinter Igor klickte der eiserne Haken und versperrte die Haustür von innen. Fimas unsichere Schritte holten Igor ein, und Igor ging schneller und blieb erst am Fenster im Wohnzimmer stehen. Von dort betrachtete er den Raum: ein ovaler Tisch mit einer halbleeren Halbliterflasche, ein Teller mit Salzgurken, auf einer ausgebreiteten Zeitung grob geschnittenes Schwarzbrot, daneben ein Porzellan-Salzstreuer. An der Wand gegenüber stand ein Eichenbüfett mit Vitrinentüren aus Schmuckglas. Fima öffnete vor Igors Augen eine davon und nahm Gläser heraus. Er kam an den Tisch, stellte eines auf Igors Seite, das zweite auf die andere Seite des Tisches, zog sich einen Stuhl so heran, dass er zwischen Schrank und Gast saß, und goss den ganzen Wodka aus der Flasche in sein Glas.
    »Oh!«, sagte er gespielt erstaunt. »Hat nicht gereicht! Muss ich eine neue aufmachen!«
    Er stand auf und verließ das Wohnzimmer.
    [242] Igor nutzte seine Abwesenheit und sah sich nochmals gründlich im Zimmer um. Sein Blick fiel auf ein selbstgebautes Kinderspielzeug, ein Auto aus zerschnittenen Blechdosen. Das Auto stand in der Ecke rechts vom Büfett, als hätte ein Kind es dort vergessen.
    Fima kehrte mit einer neuen Halbliterflasche in der Hand zurück. Sie war schon offen. Er füllte Igors Glas, dann ging er auf seine Tischseite hinüber.
    »Setzen Sie sich, Verehrtester!«, sagte er und sah Igor von seinem Stuhl her aus zusammengekniffenen Augen an.
    Igor setzte sich.
    »Also, auf die Bekanntschaft?«, fragte Fima.
    »Lass uns lieber erst reden«, sagte Igor sanft und freundlich.
    »Wieder über Walja?«
    Igor nickte. »Du hast gedroht, sie umzubringen… Jetzt hat sie Angst…«
    »Ich? Umbringen? Was redest du denn!« Theatralisch breitete Fima die Arme aus. »Na, vielleicht ist es hier rausgerutscht«, er wies auf seinen Mund. »In der Hitze des Gefechts. Kann schon gewesen sein, aber das heißt nichts… Das war aus Verzweiflung!«
    »Also rührst du sie nicht an?«
    »Nicht anrühren? Nein, das habe ich nicht gesagt! Anrühren werd ich es, das Miststück!«
    »Hör zu, du siehst mich hier zum letzten Mal. Das verspreche ich«, begann Igor wieder und versuchte, gleichzeitig fest und nicht feindselig zu klingen. »Du versprichst, dass du sie nicht anrührst, und ich verspreche, dass du mich nie mehr siehst! Einverstanden?!«
    [243] Fima dachte nach. Auf seinem Gesicht lag ein etwas betretenes, ansonsten ausdrucksloses Lächeln.
    »Nein, ich verstehe da was nicht«, bemerkte er nach einer Pause kopfschüttelnd. »Wir müssen trinken! Komm.« Er hob sein Glas. »Auf die Bekanntschaft!«
    Sie tranken gleichzeitig aus. Fima mit einem Schluck, Igor mit dreien. In Igors Mund entbrannte ein Feuer, und dieses Feuer hatte einen schrecklich unangenehmen Geschmack.
    »Iss was!« Fima wies mit dem Kinn auf das Brot. »Dachtest du, hier gibt’s gekauftes Edelwasser?!«
    Igor kaute auf den Selbstgebrannten ein wenig Brot, dann aß er noch eine Salzgurke hinterher. Das Feuer war gelöscht, aber der unangenehme Geschmack blieb auf der Zunge.
    »Und was kannst du mir sonst noch bieten, damit ich sie nicht anrühre?« Fima legte die Hände auf den Tisch, beugte sich vor und stützte sein spitzes Kinn auf die gefalteten Hände.
    »Sonst noch?«, fragte Igor zurück. »Geld kann

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