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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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kaum mehrals ein Verlies. Ungefähr vierzig Frauen und Mädchen lagern auf dem Betonboden.
    «Nimm Platz,
eddo
, Tante», ruft eine Insassin aus, die ihrem Kind die Brust gibt.
    Kawsar zögert. Der zynische Blick und das knallbunte Kleid verraten, dass die Frau eine Prostituierte ist; die Frau rutscht auf ihrer Matte ein Stück zur Seite und klopft neben sich auf den Boden.
    «Was macht eine Dame wie du an einem Ort wie diesem?»
    «Mir ist klar geworden, dass ich mir von denen nichts mehr gefallen lassen will.» Langsam lässt sich Kawsar auf die Strohmatte nieder.
    «Was hast du gemacht?», will die Frau wissen und schiebt dem Baby ihre Brustwarze wieder in den Mund.
    Kawsar zuckt die Schultern. «Was kann ich schon groß tun? Ich habe den Guddi gesagt, sie sollen damit aufhören, ein Kind zu verprügeln.»
    «Diese Schweine. Da hast du aber Glück, dass sie dich nicht zusammengeschlagen haben.»
    «Schau mal», sie zeigt auf die Schläfe des Kindes, «siehst du diese Delle? Da hat ihn während einer Razzia ein Polizist mit dem Schlagstock erwischt. Keine Entschuldigung, nichts.»
    Kawsar streichelt dem Jungen über die zarte, glatte Stirn. Noch bevor er sein erstes Lebensjahr vollendet hat, ist er schon von der brutalen Welt gezeichnet, in der er lebt; vielleicht wird er nicht sehen oder hören oder laufen können, aber bis auf diese schlampige, betrunkene Mutter, die ihn mit ihrem Gift säugt, kümmert das niemanden.
    «Er ist wunderschön», sagt Kawsar.
    «Das hat er von seinem Vater, der sah sehr gut aus, ein richtiger Ilmi Boodari.»
    Kawsar lächelt. «Du siehst viel zu jung aus, um auch nur von Ilmi Boodari gehört zu haben.»
    «Er starb in dem Jahr, in dem ich geboren bin.»
    «Aus Liebe.»
    «Natürlich ist er aus Liebe gestorben! Er war der romantischste Somalier, der je geliebt oder Gedichte geschrieben hat, und keiner kennt seine Lieder besser ich. Ich hab sie alle auf Kassette.»
    Eine Liebes- und Trunksüchtige, denkt Kawsar, das passt, von einem Rausch in den anderen.
    «Wie heißt du?»
    «Die Leute nennen mich China.»
    Kawsar entschlüpft ein Lachen. «Warum das denn? Bist du ein Kuli? Bist du in deiner Freizeit etwa beim Straßenbau tätig?»
    «Nein, das nicht, aber ich unterstütze die Straßenbauer.» China sieht ihr in die Augen und zieht kokett eine Braue hoch.
    Kawsar stellt sich vor, wie das Baby in einer Schublade unter dem Bett liegt, während Kulis mit schmutzigen Händen zu seiner Mutter ins Bett steigen.
    «Guck nicht so scheinheilig. Wenn es nicht die Kulis sind, dann wahrscheinlich dein Mann oder dein Sohn.»
    Kawsar steht von der Matte auf, fühlt sich klein und verletzlich.
    «Geh! Geh zum Teufel! War ein Fehler, nett zu dir zu sein. Geh da rüber und setzt dich auf den kalten Boden», sagt China und stößt sie weg.
    Kawsar geht auf die andere Seite der Zelle, wo sich um den stinkenden Toiletteneimer ein freier Kreis gebildet hat. Das Luftholen schmerzt, und sie atmet flach. Tragen Frauen wie China nicht bekanntlich immer eine Waffe bei sich?
    «Bitte, Dahabo, komm schnell und hol mich hier raus», betet sie. Das durch ihren Widerstand gegen die Guddi entstandene Hochgefühl ist verflogen. Sie will nur noch eine Tasse starken Tee und zurück in ihr sauberes, sicheres Zuhause.
    Schlitternd bremst Deqo ab. Vor ihr steigt ihre Retterin aus dem Stadion von einem Jeep. Als die Frau Milgo die Stirn bot, wirkte sie groß und mutig, aber jetzt wird sie von den Soldaten überragt. Sie geht hinter einer Soldatin die Betontreppe hinauf, auf der vierten Stufe scheinen ihre Knie nachzugeben, dann erlangt sie ihr Gleichgewicht wieder und betritt das Gebäude. Deqo überquert die Straße und starrt vom Fuß der Treppe nach oben. Kräftig und süß duften die Kleider der Frau nach Weihrauch, und Deqo atmet tief ein, stellt sich das Hausvor, in dem es so riecht – da brodeln Töpfe auf dem Herd, auf einer Leine trocknet Wäsche in der Sonne und auf einem Bett türmen sich Kissen und weiche Decken. Um nett zu sein, brauche es einen vollen Magen und ausreichend Schlaf, sagte Milgo, wenn sie es mit dem Prügeln übertrieb.
    Deqo beschließt, im Schatten auf der anderen Straßenseite zu warten, bis die nette Dame wieder herauskommt, damit sie sich bei ihr bedanken kann; es war ungezogen gewesen, einfach so wegzurennen und sie im Stich zu lassen. Vielleicht hat sie keine Kinder, und sie kann bei ihr wohnen, so etwas ist schon vorgekommen – Frauen kamen in die Klinik, sahen in die Gitterbettchen

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