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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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konntest.
    »Hast du das gehört, meine Kleine?«, habe ich gerufen. »Du wirst einen Bruder bekommen!«
    Oh, ich war so sicher, dass das Kind ein Junge sein würde - endlich. Wir träumten diesen glücklichen Traum den ganzen langen, kalten Winter hindurch. Während Rhonas Bauch wuchs, bemerkte sie häufig, dass sie noch nie ein solch großes und kräftiges Kind getragen habe: ein sicheres Zeichen dafür, dass es im Frühjahr einen Jungen geben würde.
    Am Ende des Winters warteten wir unruhig auf die festgesetzte Zeit. Eines Morgens erwachten wir vom Tropfen geschmolzenen Schnees, der vom Dach zu Boden fiel und dort große Pfützen bildete. Ich spürte, wie Rhona sich neben mir bewegte. Ich drehte mich zu ihr um und sah, dass sie mich anblickte. »Hast du gut geschlafen, mein Herz?«, erkundigte ich mich.
    »Wie hätte ich schlafen können?«, erwiderte sie. »Dein Sohn gönnt mir keinen Augenblick Ruhe. Er hat die ganze Nacht hindurch getreten und sich gewunden.«
    Ich legte die Hand auf ihren großen, runden Bauch und sagte: »Das ist nur, weil er so begierig darauf ist, herauszukommen und seine Familie kennen zu lernen.«
    »Es ist, weil er der Sohn seines sturen Vaters ist«, entgegnete Rho-na süß und streichelte mir übers Haar.
    Die kleine Cait wachte auf und kroch zu uns ins Bett. Sie kuschelte sich zwischen uns und strampelte mit den Beinen, während sie laut ein Lied sang. Es war ein schöner und glücklicher Augenblick mit meinen Lieben, und ich genoss ihn aus ganzem Herzen. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, weiß ich ihn nur umso mehr zu schätzen. Zumal ich nun weiß, welch dunkle Tage uns bevorstanden.

    ie Wehen setzten früh am nächsten Morgen ein, doch Rhona ging bis Mittag ihrer üblichen Arbeit nach; erst dann wurden die Schmerzen unerträglich. Ich rannte los, um meine Frau Mutter zu suchen, die sofort mit einer Dienerin und einer älteren Frau aus der Siedlung herbeieilte, welche oft als Hebamme diente. Sie nahmen die Angelegenheit in die Hand, und Ragna schickte mich zur Kirche, Murdo zu helfen; sobald es mit der Geburt so weit war, versprach sie, mich zu rufen.
    Ich war noch immer an der Kirche, als Ingrid, die Dienerin, kurze Zeit später herbeigerannt kam. »Herr Duncan, Ihr müsst Euch beeilen.«
    »Was?«, sagte ich und kletterte vom Baugerüst herunter. »Ist mein Sohn schon geboren?«
    »Die Frau sagt, Ihr sollt so schnell wie möglich kommen«, erwiderte Ingrid und rang nervös die Hände.
    Ich packte sie an den Schultern, um sie zu beruhigen. »Sag mir, was geschehen ist.«
    Mein Vater hörte den Tumult am Boden und rief von oben herab, was denn los sei. Ich erklärte es ihm rasch, und er schickte mich fort; er selbst wollte erst Abt Emlyn suchen, bevor er mir folgen würde.
    Ich rannte den Hügel hinab zum Dun, durch das offene Tor in den Hof und zu unserem Haus. Mehrere Frauen standen vor der Tür. Ich drängte mich zwischen ihnen hindurch und ging hinein. Ragna erwartete mich am Bett; ihr Gesicht war ernst und traurig. »Es bleibt dir nicht viel Zeit, mein Sohn«, sagte sie mit sanfter Stimme und ergriff meine Hand. »Sie wollte dich sehen.«
    Ich hörte die Worte, sah jedoch keinen Sinn darin. »Was stimmt nicht, Mutter?«
    »Die Geburt hat irgendetwas in Rhona zerrissen«, antwortete sie in ruhigem Ton. »Sie wird es nicht überleben.«
    »A-aber...«, stammelte ich. »Aber es wird ihr doch gut gehen ... und das Kind ... wir werden.«
    »Später ist noch genügend Zeit zum Reden«, unterbrach mich Rag-na und führte mich zum Bett. »Nimm all deinen Mut zusammen, mein Sohn, und geh zu deinem Weib.«
    Ich trat neben das Bett. Rhona öffnete die Augen und lächelte schwach. Ihr Gesicht war grauweiß, die Blässe des Todes. Ungläubig starrte ich sie an. Vor kurzer Zeit hatte dieses Gesicht vor Liebe und Leben noch förmlich geglüht. Wie war es möglich, dass sich so etwas derart rasch veränderte?
    Rhona hob den Finger und winkte mich näher heran. Ich beugte mich vor, um mein Ohr an ihre Lippen zu legen. »Es. Es tut mir so Leid . mein Liebster«, sagte sie. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich habe versucht, dir einen Sohn zu schenken.«
    »Schschsch«, flüsterte ich, um ihr Leid zu lindern. »Ruh dich aus. Wir werden später darüber reden.«
    »Ich liebe dich.« Ihre Lippen bewegten sich kaum. »Küss mich.«
    Ich presste meine Lippen auf die ihren - sie waren so trocken wie Zwiebelschalen und kalt wie Eis.
    »Leb wohl, mein Herz.«, seufzte sie.
    Ein Zittern

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