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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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annimmt. Und sie hat ihm gesagt, er dürfe es jederzeit weiterverschenken, wenn er jemanden fände, der es verdient. Deshalb hat er es mir gegeben.«
    »Hast du ihm das Leben gerettet?«, fragte Neal.
    »Nein.«
    »Womit hast du es dann verdient?«
    »Er hat mich geliebt.« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. »Er hat gesagt, er habe niemals jemanden auf dieselbe Art geliebt wie mich. Und ich würde ein Leben voller Wunder und geheimnisvoller Freuden verdienen.« Erneut wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen und schniefte. »Also, so war das.«
    Neal hatte ein beengtes Gefühl in der Brust. Er schluckte. »Du hast nie wieder von ihm gehört?«
    »Nie wieder.«
    »Warum? Wenn er dich so geliebt hat …«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Hast du jemals versucht, ihn zu kontaktieren?«
    »Ich habe ihm geschrieben. Stapelweise Briefe. Aber ich habe sie nie abgeschickt.« Sie zuckte die Achseln. »Ich hatte Angst … sie könnten zurückkommen. Vielleicht mit dem Hinweis, er sei verstorben oder … Ich weiß nicht, ich hatte einfach nicht den Mut. Ich kann auch nicht ausschließen, dass er verheiratet war. Er hat es zwar abgestritten, aber wer weiß? Ich wollte es nicht herausfinden.«
    »Es muss schrecklich für dich gewesen sein.«
    »Mein Herz war gebrochen. Aber ich hatte das Armband. Ich weiß nicht, ob ich ohne es überlebt hätte. Womöglich hätte ich einen dreifachen Rückwärtssalto von einer Autobahnbrücke gemacht. Das Armband hat mich über Wasser gehalten. Es hat mir geholfen, nicht an Jimmy zu denken.«
    Neal zog das Armband von seiner Hand. Er hielt es ihr hin. »Ich kann das auf keinen Fall annehmen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte, dass du es hast.«
    »Es bedeutet dir zu viel.«
    »Es gehört jetzt dir. Benutze es, solange du möchtest, dann gib es weiter, wenn du jemanden findest, der es haben soll.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.«
    »Zieh es wieder an. Bitte.« Elises Mundwinkel zogen sich nach unten. »Sonst …«
    »Sonst was?«
    »Sonst könntest du meinen Zorn erregen, was wirklich kein schöner Anblick ist.«
    Neal grinste. »Das kann ich mir vorstellen«, sagte er.
    »Los, zieh es wieder an. Bitte. Ich gebe dir eine kleine Vorführung. Ich glaube, wenn du erst rausgefunden hast, wie es funktioniert, wirst du noch mal darüber nachdenken, ob du es wirklich ablehnen willst.«
    Er streifte sich das Armband wieder über die Hand. »Okay. Was kann man damit machen?«

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    Elise tätschelte durch den Bademantel Neals Bein, dann beugte sie sich vor und nahm ihr Glas. »Am besten legst du dich hin«, sagte sie. »Ich mach dir Platz.« Sie stand auf und ging um den Tisch herum.
    »Warum sollte ich mich hinlegen?«, fragte Neal.
    Elise grinste. »Mach mir keinen Ärger. So wird es eben gemacht.«
    »Gut.« Er trank noch einen Schluck und stellte sein Glas auf den Tisch. Mit einer Hand hielt er den Bademantel zu, dann schwang er die Beine aufs Sofa und ließ sich auf den Rücken sinken. Er legte die Hände auf den Bauch.
    »Sehr gut«, sagte Elise. »Jetzt schließ die Augen.«
    »Was soll denn passieren?«
    »Das wirst du schon sehen.«
    »Nicht, wenn meine Augen zu sind.«
    »Wirst du jetzt schwierig?«
    »Nein, nein, ich doch nicht.« Er schloss die Augen.
    »Jetzt küss den Kopf der Schlange.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Neal. Mach es einfach.«
    »Okay.« Mit geschlossenen Augen hob er die rechte Hand an den Mund. Dann zögerte er.
    »Willst du mir nicht einen Tipp geben, was ungefähr geschieht?«
    »Du brauchst keine Angst zu haben.«
    »Wenn dieses Ding wirklich irgendwas Magisches macht, will ich damit nichts zu tun haben.«
    »Es wundert mich, dass du an Magie glaubst.«
    »Ich glaube nicht daran. Aber sie macht mir Angst.«
    »Du vertraust mir doch, oder?«
    »Ich glaub schon. Ja, klar.«
    »Meinst du, ich würde dich bitten, etwas Gefährliches zu tun?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Es gibt tatsächlich ein paar Gefahren, aber nichts, weswegen du dir Sorgen machen müsstest. Das ist nur ein Probelauf.«
    »Was für Gefahren?«
    »Später, ja?«
    »Ich würde es lieber vor meinem Probelauf erfahren.«
    Elise lachte leise. Er sah sie an. Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin immer noch da, oder?«, fragte sie. »Immer noch an einem Stück? Immer noch gesund?«
    »Sieht so aus.«
    »Also, ich habe das Armband zigtausendmal benutzt.«
    »Zigtausendmal?«
    »Ich habe es sechzehn Jahre lang gehabt, Neal. Ich kann nicht behaupten, ich hätte es jeden Tag

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