Der Gast: Roman
beweist nichts.«
»Hast du ihn schon mal in einem Film gesehen?«
»Conrad? Klar.«
»Da krieg ich Gänsehaut.« Wie zum Beweis verzog sie das Gesicht und schüttelte sich.
Neal sah, wie sich an ihrem rechten Unterarm die Härchen aufstellten. Er bemerkte die leichte Bräunung ihrer Haut und den feinen goldenen Flaum, der sie überzog.
Sue rieb über ihren Arm, als wollte sie die Gänsehaut vertreiben.
»Hast du ihn in Tote Augen gesehen?«, fragte sie.
»Ja.«
»War er da nicht ein widerlicher Typ?«
»Das sollte ja so sein. Er ist ein Schauspieler. Das war nur seine Rolle. Sieh dir all die fiesen Gestalten an, die Karloff gespielt hat, und trotzdem sagt jeder, dass er ein toller Mensch war … ein echter Gentleman, einfühlsam, freundlich …«
»Conrad ist aber nicht Karloff. Er ist nur ein widerlicher Spinner, wenn du mich fragst.«
»Aber deshalb ist er noch lange kein Mörder«, sagte Neal.
»Warum tust du ihn verteidigen?«
»Ich sehe nur keinen Grund, warum er etwas damit zu tun haben sollte. Du solltest Rasputin mal sehen. Ich meine, ich bete zu Gott, dass du ihm nie begegnest … aber er sieht ganz sicher nicht aus, als würde er im Auftrag handeln. Er ist ein degenerierter Sadist.«
»Wo es jetzt eine Belohnung gibt, müssen wir ihn schnappen.«
Neal sah sie an.
Sie nahm eine Hand vom Lenkrad und boxte Neal leicht gegen die Schulter. »Wie wär’s? Wir können uns die Belohnung teilen.«
»Fünfundzwanzigtausend für jeden«, sagte Neal.
»Davon kann ich mir einen nagelneuen Jeep Cherokee kaufen. Und du? Was machst du damit?«
Neal zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich lege ich es auf die Bank und spare es für die Anzahlung auf ein Haus.«
»Nicht schlecht! Ein schönes großes altes Haus für dich und Marta. Willst du sie heiraten?«
»Irgendwann schon, glaub ich.«
»Worauf wartest du?«
»Darauf, dass es mit meiner Karriere vorangeht. Ich kann keine Frau heiraten, die mehr verdient als ich. Ich muss sie unterstützen können.«
»Also, zuerst kriegst du die Belohnung für diesen Rasputin, dann schreibst du ein Drehbuch darüber, und du schwimmst in Geld.«
»Keine schlechte Idee«, gab er zu.
»Was hältst du davon, wenn wir jetzt sofort umdrehen und zurückfahren nach Los Angeles …«
»Was ist mit The Fort?«, fragte Neal.
»Wenn wir die Belohnung wollen, müssen wir uns beeilen, sonst kommt uns jemand zuvor.«
»Ich weiß nicht mal, wie wir ihn finden sollen.«
»Tja, er ist doch hinter dir her, oder? Du hast gesagt, er hätte deine Adresse. Wir müssen nur dort auf ihn warten und bereit sein, ihn zu schnappen.«
»Man kann nicht wissen, wann er beschließt, mit mir abzurechnen«, entgegnete Neal. »Da er es nicht sofort getan hat … Ich nehme an, dass er irgendwo flachliegt und zu schwer verletzt ist, um sich über mich Gedanken zu machen. Es kann also ein paar Tage … oder sogar Wochen … dauern, bis er bei mir auftaucht. Wer weiß?«
»Aber wenn er auftaucht, werden wir da sein.«
»Es sind nur noch zwei oder drei Stunden Fahrt bis zu The Fort. Zurück nach L. A. brauchen wir sechs Stunden. Warum fahren wir nicht einfach weiter? Ich meine, ich möchte The Fort gern sehen. Du nicht?«
»Doch, klar.«
»Wir können es uns ansehen, dann ein Motel suchen und dort übernachten, und um die anderen Sachen kümmern wir uns morgen. Was hältst du davon?«
»Einverstanden.«
»Gut.« Er gähnte. »Jetzt lass mich ein bisschen ausruhen. Ich übernehme dann bald wieder das Steuer.«
»Okay.«
Er machte es sich in seinem Sitz bequem, schloss die Augen und gähnte noch einmal. Das ganze Reden mit Sue hatte ihn erschöpft.
Es wird ein langer Tag werden, dachte er.
Alles ist so kompliziert.
Er hatte nur aus Los Angeles weggewollt und die Schwierigkeiten, in denen er wegen des Mordes steckte, hinter sich lassen, sich vor der Polizei und Rasputin … und auch Marta verstecken wollen.
Ein paar Tage, vielleicht eine Woche. Allein und an einem ruhigen Ort, sodass nicht nur seine Verletzungen heilen konnten, sondern er auch Zeit zum Überlegen hatte, was er als Nächstes unternehmen würde.
Und Gelegenheit hätte, mit dem Armband herumzuspielen.
Das hat sich wohl erledigt, dachte er.
Vielleicht sollten wir wirklich zurückfahren und versuchen, Rasputin zu erledigen.
Morgen, sagte er sich. Oder übermorgen. Es hat keine große Eile.
Im Halbschlaf überlegte er, ob sie heute Nacht Einzelzimmer nehmen sollten.
Besser wär’s, dachte er. Was soll ich
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