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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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tun? Sie haben meine Familie ermordet und zerstreut, haben mein Leben zerstört. Was bleibt mir denn mehr, als Rache zu nehmen?« Er rieb sich die brennende Wange, stierte düster an ihr vorbei auf die flackernde Öllampe neben dem Zelteingang. »Ich hoffte, der Rittmeister würde mit seinem Cornet hinter die Wagen kommen«, murmelte er wie zu sich selbst. »Ich hoffte es so …«
    »Hat Monica mir nicht erzählt, dass du deine Familie verlassen wolltest? Dass du flüchten wolltest mit deiner Geliebten?«
    »Mit Susanna, ja. Mit ihr wollt ich leben. Nun ist alles ganz anders gekommen. Nichts mehr ist, wie es war. Und Susanna findeich nicht mehr. In ganz Heidelberg habe ich während des Winters nach ihr gefragt, niemand hat sie gesehen seit dem Tag, als Tilly die Stadt nahm. Und in Handschuhsheim reden sie nicht mit mir. Jetzt bleibt mir nur noch die Rache.«
    »So schnell gibst du auf?«
    Er schob sie zur Seite, bückte sich zur Eingangsplane und begann, Haken und Ösen zu öffnen. Zwei Stunden nach Mitternacht – die meisten Soldaten würden nun schlafen, erschöpft von der Schlacht und betäubt vom Wein. Zeit, zu flüchten.
    Kristina kniete neben ihm nieder, um ihm zu helfen. »Ich habe einen hier getroffen, der hat vor zwei Jahren noch für die Kurpfälzer auf den Heidelberger Mauern gekämpft.« Hannes Miene blieb undurchdringlich. »Der hat sie gesehen.«
    »Susanna?« Jäh durchzuckte es ihn. »Nach der Eroberung?«
    »Nach der Plünderung.« Sie nickte. »Ich bring dich zu ihm.«
    Er hakte nach, wollte Einzelheiten und den Namen des Landsknechts wissen, doch nun war es Kristina, die stumm blieb. Sie bückten sich in die Nacht hinaus, verschlossen das Zelt und huschten Seite an Seite durchs Lager. Hannes’ Knie waren plötzlich weich, sein Herz schlug schneller. Tränen liefen ihm über das Gesicht. Er spürte, wie Kristina ihn beobachtete, spürte ihre Hand sich um seine schließen. Von fern hörten sie Gelächter und das Grölen betrunkener Männer; vor vielen Zelten schliefen Landsknechte, Pferdejungen, Huren. Niemand, der suchend umherschlich.
    Verstohlen äugte Hannes zur Seite, zu Kristina. Wer war diese aschblonde Frau? Eine Fremde im Grunde, und doch stand sie ihm bereits zum zweiten Mal bei. Was wusste er schon über sie? Dass sie gut zu Monica gewesen war, dass man sie »die Böhmische« nannte, dass sie mit den geschlagenen evangelischen Truppen aus Prag an den Neckar gekommen war und dass sie Offiziere um den Finger wickelte und dazu brachte, sie am Leben zu erhalten. Mehr nicht. War sie nicht einfach nur eine schlaue Hure?Hannes schwankte zwischen Verachtung, Bewunderung und Dankbarkeit.
    Sie liefen auf eine Feuerstelle zu, aus deren Glut noch Flammen schlugen. Betrunkene Landsknechte lagen daneben, ihr Schnarchen erfüllte die Nachtluft. Im Vorübergehen warf Hannes den Sack mit der Mönchskutte in die Glut. Asche und Funken flogen auf; sie blieben stehen, bis Flammen züngelten und den Sackstoff in Brand steckten.
    »Und wo hat deine Mutter dich geboren?«, fragte Hannes, als sie weitergingen.
    »In Stockholm, falls dir das etwas sagt«. Kristina deutete auf ein Rundzelt. »Da wohnt er, warte hier.«
    Sie lief voraus, ging vor dem offenen Eingang in die Hocke und rief einen Namen. Eine verschlafene Stimme antwortete. Kristina bückte sich hinein und winkte Hannes hinter sich her.
    Es roch nach Schweiß und saurem Wein im stockdunklen Zelt. Jemand schälte sich aus Decken, schlüpfte an Hannes vorbei und hinaus. Eine Frau. »Ein Vetter deines verstorbenen Mannes, sagst du?«, ertönte eine hohe Männerstimme aus der Dunkelheit.
    »Ja. Ein Dragoner aus Don Córdobas Heer. Er heißt Martin.« Kristina log gut. Die beiden Heere der Generäle Córdoba und Tilly hatten sich erst kürzlich vereinigt. Der Mann im Dunkeln, der unter Tilly kämpfte, brauchte sich also nicht zu wundern, dass er Hannes noch nicht kannte. »Er sucht die Tochter seines gefallenen Cornets, hat eine Botschaft für sie. Kannst du ihm helfen, Wachtmeister?«
    »Bin ich ein Mädchenhändler?« Der Mann sprach wie ein Württemberger. »Oder wieso sollte ich die kennen?«
    »Aus Heidelberg«, mischte Hannes sich ein. »Sie heißt Susanna Almut. Anfang zwanzig, schwarze Locken, dunkelblaue Augen.«
    »Ich habe sie zuletzt mit einem Gaukler und seinem Tanzbären gesehen«, ergänzte Kristina. »Davon habe ich dir erzählt, Franz.«
    Die Frau kam zurück, bückte sich mit einem brennenden Holzspan ins Zelt und entzündete eine

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