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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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großen Lümmel, oder ich lasse Euch und Euer gesamtes Gesindel in Ketten nach Heidelberg führen.« Mit der Degenspitze deutete er auf den Kroaten. »Und Euer Viehzeug lasse ich auf der Stelle erschießen.«
    »So beruhigt Euch doch, ich bitte Euch!« Stephan stieg vom Wagen. In der Rechten hielt er noch eine blutige Zahnzange samt faulem Zahn. David sah seinen Ziehvater aschfahl, und es machte Stephan keine Mühe sich zuerst tief erschüttert und dann empört zu zeigen. Erschüttert und empört über Rübelrap.
    Sie palaverten eine Zeitlang. Rübelrap, der Schelm, sei geflohen, schimpfte die Landgräfin. Ein Wort gab das andere, und sie und Stephan überboten einander in Anklagen gegen Rübelrap und in Unschuldsbeteuerungen, was sie selbst und die anderen Gaukler betraf. David mühte sich die ganze Zeit, die Tiere zu beruhigen. Schließlich erbot Marianne sich, bei der Suche nach dem schlimmen Lümmel zu helfen, winkte den Offizier und Stephan hinter sich her. Alle drei liefen aus der Wagenburg. Die Zwergin senkte den großen Kopf und begann zu schluchzen
    »Bete, dass sie ihn zu packen kriegen, Gaukler«, sagte der kleine Musketier an Davids Adresse. Das Männchen in Rot zielte noch immer mit seiner langen Muskete auf ihn und auf die Tiere hinter ihm. »Sonst geht es deinen Biestern ans Leben. Und davor dir, wenn du nicht zur Seite trittst.«
    Davids Rechte fuhr in die Hosentasche und ballte sich um den Haarzopf seiner Mutter zur Faust. »Wie heißt du?« Etwas Besseres fiel ihm vor lauter Angst nicht ein.
    »Ich heiß Franz Hacker, meine Wiege stand zu Stuttgart am Neckarstrome, und ich bin der Leibgardist des hochwohlgeborenen Capitäns. Der heißt Rudolph von Mosbach und ist ein Baron und der Kommandant der Schlosswache zu Heidelberg. Und hoch angesehen beim Kurfürsten ist er auch.«
    »Ich heiße David Unterkofler und bin ein Gaukler und Bärentänzer«, sagte David. »Hoch angesehen bei meinen Tieren bin ich außerdem, und es ist wahr: Bevor du meine Bären totschießt, musst du erst einmal mich totschießen. Und weil du dazu wieder Pulver und Kugel stopfen musst, bleibt meinen Bären Zeit genug, dir den Kopf abzureißen.«
    Dem kleinen Mann in Rot wölbten sich die Brauen, und die bärtige Kinnlade sank ihm fast bis zur Brust. Doch bevor er Zeit für eine Antwort fand, näherten sich Schritte und Gezeter. Der Edelmann, Stephan und Marianne kehrten zurück. Zwei Soldaten in blauen Röcken und Beinkleidern schleppten Rübelrap hinter ihnen her. Dem blutete die Nase, und Mist hing in seinen Kleidern und Haaren. Die Zwergin schaukelte zu ihm, umklammerte sein Bein, lehnte die breite Stirn gegen seinen Schenkel und weinte.
    Stephan half dem Offizier und dem Musketier erst den Zeugwagen und dann den Pferdewagen zu durchsuchen, auf dem Rübelrap und Lauretta zu schlafen pflegten. Am Rand des Bühnenwagens häuften sie das gefundene Diebesgut auf. Auch das Jagdmesser des englischen Schlosskommandanten und das Geldsäckel des Capitäns waren dabei. Allerdings fehlten zwei Dukaten.
    Stephan und Marianne schworen bei allen Heiligen, niemals zuvor eines der Beutestücke gesehen und nichts gewusst zu haben. Der Offizier aus Heidelberg glaubte ihnen, vielleicht wegen Stephans edlem Kostüm, vielleicht wegen der vielen Tränen, die Marianne vergoss. Vielleicht wollte er auch einfach nur vermeiden, allzu viel Aufsehen in der papistischen Festung Breisach zu erregen; und Aufsehen hätte es sicher gegeben, wenn er die ganze Gaukler-Compagnie gefesselt hätte wegführen wollen.
    Wie auch immer: Die Heidelberger fesselten Rübelrap mit Ketten und banden ihn auf einen Pferdewagen. So führte der Offizier seine kleine Truppe und seinen Gefangenen aus der Festung.
    Die Zwergin Lauretta aber schaukelte dem Wagen mit dem Bauchredner laut heulend bis zum Tor der Festung Breisach hinterher.
    David schluckte schwer. Das schlechte Gewissen wollte ihm die Kehle zuschnüren.
    *
    Einige Leute von Breisach sahen zwar, wie die Reiter mit ihrem Wagen und dem Gefangenen die Festung verließen – manche feixten der heulenden Zwergin hinterher –, doch die meisten waren viel zu betrunken, um zu begreifen, was hier geschah.
    Stephan machten sich nichts vor: Prügel war das Mindeste, was die Gaukler zu erwarten hatten, würden die Breisacher erst begreifen.
    Also trieb er zur Eile an: Bühne und Umfriedung abbauen, Wagen packen, Tiere anspannen, schnell, schnell, und nur keinen Verdacht erregen! David arbeitete für zwei, denn Rübelraps starke

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