Der gefährliche Traum (German Edition)
verzierte Tür. Dann trat er zurück und wartete.
Max hielt gespannt die Luft an. Was hatte Andreas vor? Wollte er tatsächlich seinen Vater verraten? Aber was geschah dann mit ihm und seinen Geschwistern?
Nach kurzer Zeit wurde die Tür geöffnet und ein Diener streckte seinen Kopf heraus.
»Was willst du? Wir geben nichts«, fuhr er den Jungen an, der in seiner schäbigen Kleidung und mit seinen ungewaschenen Haaren wie ein Bettler aussah.
»Ich muss den Herrn Amtmann sprechen, es ist dringend!«, bat Andreas eindringlich.
»Der ist mit wichtigen Dingen beschäftigt. Verschwinde!« Der Diener wollte schon die Tür zuschlagen, als Andreas mutig seinen nackten Fuß in den Rahmen stellte.
»Es ist wirklich wichtig! Es geht um die entführte Baroness!«
Jetzt horchte der Mann doch auf. Max sah ihm förmlich an, wie es in seinem Hirn zu arbeiten begann. Sollte nämlich der Junge wirklich etwas wissen, musste er umgehend seinen Herrn informieren, falls es aber nur eine dreiste Lüge war, würde er Ärger bekommen. »Na gut, warte kurz. Ich werde den Amtmann benachrichtigen.« Und schon verschwand er.
Andreas trat unruhig von einem Bein auf das andere. Auch in Max’ Magen rumorte es vor Aufregung.
Beiden kam es wie eine Ewigkeit vor, bis der Diener endlich zurückkam und Andreas ins Haus bat. »Der Hund bleibt draußen!«, blaffte er ihn an, ehe er wieder nach drinnen verschwand.
Schüchtern folgte der Junge. Noch nie zuvor in seinem Leben war er in einem solchen Gebäude gewesen. Seine Augen wurden immer größer, als er die herrschaftliche Empfangshalle betrat, an deren Wänden zahlreiche Gemälde, goldene Leuchter und Spiegel hingen. Ein Pfiff rutschte ihm heraus, wofür er vom Diener einen Klaps auf den Hinterkopf erhielt.
»Nimm gefälligst deine Mütze ab, wenn du eintrittst. Mach deinen Diener und sprich nur, wenn du dazu aufgefordert wirst!«, mahnte der Mann, bevor er die Tür zur Amtsstube öffnete.
Andreas tat, wie ihm geheißen. Er verbeugte sich, so tief es nur ging.
»Nun komm schon herein!«
Der Befehl kam von einem stattlichen Herrn, der hinter einer Art Schreibtisch saß. Der Kleidung nach musste es der Amtmann sein. Er trug ein samtenes rotes Gewand mit aufgeplusterten Schultern und kurzen Ärmeln, unter denen ein Rüschenhemd zum Vorschein kam. Quer über dem gut genährten Oberkörper befand sich ein mit goldenen Fäden besticktes Band und um den Hals ein sehr breiter weißer Kragen aus feinster Spitze. Sein dunkles Haar trug der Amtmann der Mode entsprechend lang und lockig. Dazu passte der lange spitze Schnurbart, dessen Enden zusammengezwirbelt waren, und ein neckisches, ebenfalls spitzes Ziegenbärtchen. Was Max jedoch am meisten an die Musketierfilme erinnerte, die sein Vater gerne sah, war der große Hut mit der Straußenfeder.
»Ich habe keine Zeit für Dumme-Jungen-Streiche. Ich hoffe für dich, dass du mir wirklich Wichtiges zu sagen hast«, fuhr ihn der Mann streng an, ohne aufzusehen. Er war gerade damit beschäftigt, seine Unterschrift auf ein Blatt Papier zu setzen. Die Feder kratzte dabei über das Schriftstück.
Von dem ganzen Umfeld eingeschüchtert, brachte Andreas kein Wort heraus. Stattdessen knetete er nervös seine Mütze.
»Nun red schon!«, zischte ihm der Diener zu und gab ihm einen leichten Schubs.
»Verzeiht die Störung, verehrter Herr Amtmann!«, stammelte Andreas. »Es geht um die entführte Baroness.«
Der Herr steckte die Feder zurück ins Tintenfass, seinen Blick immer noch auf das Schriftstück gerichtet. »Und weiter!« Ungeduldig wedelte er mit der Hand.
»Ich weiß, wo die Baroness ist«, platzte es aus Andreas heraus.
Schlagartig änderte sich die Situation. Der Amtmann sah zum ersten Mal sein Gegenüber an und rümpfte angewidert die Nase.
Von diesem Moment an war er Max unsympathisch.
»Ich bin neu in der Stadt und habe dich bisher noch nicht gesehen. Wer bist du? Geht es dir um die Belohnung?«, fragte der Amtmann barsch.
»Nein, Herr. Ich habe eben erst davon gehört. Gebrauchen könnte ich das Geld aber schon.« Andreas blickte verschämt auf seine zerlumpten Kleider und nackten Füße. »Es ist nur wegen der Baroness.«
»Woher willst du wissen, wo das Mädchen ist?«, hakte der Amtmann nach.
Andreas ging nicht auf seine Frage ein. Stattdessen holte er tief Luft, ehe er sich traute, zu sagen, weswegen er hergekommen war. »Ich möchte Euch einen Handel unterbreiten. Ich verrate Euch das Versteck, und Ihr versprecht mir, die Räuber
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