Der gefährliche Traum (German Edition)
ungestraft davonkommen zu lassen.« Andreas zögerte kurz. »Und Ihr gebt mir die Belohnung.«
Der Amtmann lief rot an und brüllte: »Was erdreistest du dich?« Doch dann hielt er inne und dachte nach. »Lass uns allein!«, befahl er plötzlich seinem Diener und winkte Andreas zu sich.
»Du bist ein raffinierter Bursche.«
Andreas stand reglos da und verzog keine Miene. Der Amtmann studierte lange das Gesicht des Jungen, bevor er wieder das Wort ergriff.
»Ich lasse mich auf deinen Handel ein, aber du wirst dich entscheiden müssen. Entweder das Geld oder das Leben der Räuber.«
»Nimm die Belohnung!«, rief Max ihm zu.
»Dann will ich das Geld nicht«, entgegnete Andreas, ohne zu zögern.
Erstaunt zog der Amtmann die Augenbrauen hoch.
Auch Max war sprachlos. Warum verzichtete Andreas darauf? Wäre das Geld nicht die Lösung all seiner Probleme? Er wäre seinen Vater los und könnte sich und seine Brüder eine Zeit lang ernähren.
»Warum ist dir dieses Pack so wichtig?«, hakte der Amtmann skeptisch nach.
»An dem Geld würde Blut kleben, das Blut meines Vaters«, antwortete Andreas mit fester Stimme. »Das bringt nur Unglück.«
»Was sagt dir, dass ich dich nicht in den Kerker werfen und foltern lasse, bis du das Versteck verrätst?« Der Amtmann erinnerte Max plötzlich an eine Schlange. Am liebsten hätte er Andreas zugerufen: »Trau ihm nicht!«
Stattdessen antwortete Andreas: »Ich halte Euch für einen ehrbaren Mann.«
»Bist wohl ein Heiliger!« Der Amtmann sah ihn misstrauisch an. »Oder nur ein Scheinheiliger? Auf jeden Fall bist du nicht auf den Kopf gefallen. Ich nehme an, du hast dir sogar schon einen Plan zurechtgelegt. Lass ihn hören!«
»Erst wenn Ihr mir Euer Ehrenwort gebt, meine Leute laufen zu lassen.«
Max hielt erneut die Luft an. Würde der Amtmann darauf eingehen? Oder, was noch wichtiger war, konnte Andreas seinem Versprechen überhaupt Glauben schenken?
Der Amtmann dachte lange darüber nach, dann lächelte er. »Also gut, ich verspreche es dir.« Er reichte ihm die Hand und Andreas schlug ein.
»Sagt dem Schlossherrn, dass er auf die Lösegeldforderung nicht einzugehen braucht. Zum Zeitpunkt der Übergabe schickt ihr Soldaten zum Versteck der Räuber. Dort wird Friederike im Erdkeller hinter dem Haus gefangengehalten. Und sie wird bei der Übergabe nicht dabei sein. Mein Vater hat nämlich nicht vor, sie laufenzulassen. Er will sie an irgendwelche Fahrenden verschachern. Während also alle Räuber an der Wegkreuzung auf ihr Geld warten, haben Eure Soldaten genügend Zeit, das Mädchen zu befreien. Niemand wird so zu Schaden kommen. Der Baron behält sein Geld, Friederike kehrt unversehrt nach Hause zurück und die Räuber kommen noch mal ungeschoren davon.«
Der Amtmann bekam große Augen. »Ich muss schon sagen, dein Plan ist wohlüberlegt. Und er könnte tatsächlich funktionieren. Wo ist das Versteck? Beschreib mir den Weg dorthin und ich werde alles in die Wege leiten.«
»Eines müsst Ihr mir noch versprechen. Erwähnt mich bitte mit keinem Wort. Wenn mein Vater erfährt, dass ich ihn verraten habe, schlägt er mich tot.«
»Einverstanden. Und nun erzähl!«
In diesem Augenblick wachte Max auf. Sein Schlafanzug klebte nass geschwitzt an seinem Körper und ließ ihn frösteln. Er stand auf und holte ein frisches T-Shirt aus dem Schrank. Nachdenklich zog er sich um. Die Träume wurden von Mal zu Mal länger. War er am Anfang nur an einem Ort, wurden es in seinem dritten Traum schon zwei und nun bereits drei Orte. Aber nicht das allein beunruhigte ihn. Max spürte auch, wie vertraut ihm inzwischen die Traumwelt vorkam, als gehörte er dazu. Der Gedanke, irgendwann die Wirklichkeit von den Träumen nicht mehr unterscheiden zu können oder gar nicht mehr aufzuwachen, erschreckte ihn. War doch etwas an Fritzis Vermutung dran? Sollte er aus einem bestimmten Grund all das noch einmal erleben? War Andreas eine Art Geist? Und was war mit dem Hund? Wenn er vor über dreihundert Jahren gelebt hatte, warum konnte er ihn dann heute noch sehen? Aber andererseits sah nur er ihn. War der Hund also auch ein Geist? Max kroch wieder ins Bett und mummelte sich in die Decke ein. Ein Blick auf den Wecker verriet ihm, dass die Nacht noch lang war, zu lang.
Das Versteck der Räuber
G leich nach der Schule, wo Max mehrere schmerzhafte Ellbogenstöße von Julian und seinen Freunden einstecken musste, hatten er und Fritzi ihre Räder nach Hause gebracht und waren zu Fuß in den Wald
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