Der gefährliche Traum (German Edition)
vernichtenden Schlag auszuholen.
»Was hast du eigentlich mit der Schaufel vor? Bist du für die Ausgrabungen im Wald verantwortlich? Du weißt schon, dass das verboten ist und ich das umgehend der Polizei melden sollte, oder?«
Mit diesen Worten hatte sie sich umgedreht und ihn stehen lassen. Und dann? Als Nächstes war Fritzi hier aufgewacht. Sie saß auf dem kalten Boden und war an Händen und Füßen gefesselt. Anfangs hatte sie laut um Hilfe gerufen, wer aber sollte sie mitten im Wald hören?
Statt herumzuschreien, dachte sie also lieber über Julian nach. Hatte er ihr die Geschichte wirklich abgenommen? War er tatsächlich so dumm gewesen und auf ihren Bluff hereingefallen? Wie um Himmels willen hätte sie den Wahlsieg seines Vaters verhindern können? Die Wahl war doch schon morgen. Selbst wenn sie zur Zeitung gegangen wäre, hätte der Artikel nicht vor Montag erscheinen können, also viel zu spät. Aber das Erbsenhirn hatte das nicht geschnallt. Der entsetzte Gesichtsausdruck Julians hatte Bände gesprochen. Nur eine Sache machte Fritzi stutzig. Warum hatte er ihre Geschichte überhaupt nicht angezweifelt? Wenn ihr jemand so etwas aufgetischt hätte, dann hätte sie ihm einen Vogel gezeigt. Julian hingegen nicht. Und was bitte schön hatte er mit dem Spaten vor? War er tatsächlich der heimliche Ausgräber?
Draußen hatte zwar das Gewitter nachgelassen, aber der Regen war mittlerweile stärker geworden. Warum kam denn niemand? Suchten ihre Eltern denn nicht nach ihr? Sie mussten sie doch schon längst vermissen. Und was war mit Max?
Inzwischen sickerte Regenwasser durch das baufällige Deckengewölbe. Stetig tropfte es auf den Boden vor ihren Füßen. Von Minute zu Minute waren mehr Tropfen zu hören, dann wurde es plötzlich laut.
Über Fritzi stürzte die Decke ein.
Der siebte Traum
M ax kämpfte verzweifelt gegen seine Müdigkeit an. Nur nicht einschlafen! Auf keinen Fall träumen! Noch nie zuvor hatte er so viel Angst vor einem Traum gehabt. Zum Glück waren seine Eltern nicht zu Hause. Sie waren zu einem Konzert nach Würzburg gefahren und würden erst sehr spät zurückkommen. So konnte er wenigstens seine Anlage laut aufdrehen. Und da er unter keinen Umständen einschlafen wollte, hatte er seine liebste Krawall- CD eingelegt. Nun brüllte Bon Scott von AC / DC ihm seinen Hit
Highway to Hell
um die Ohren.
Wie passend, dachte Max.
Aber die laute Musik verhinderte dennoch nicht, dass Max früher oder später die Müdigkeit überwältigte. Am Anfang versuchte er noch, so zu tun, als wäre er Angus Young, und spielte zu den Songs Luftgitarre, nur um sich wach zu halten. Aber irgendwann konnte er der Müdigkeit nicht mehr standhalten. Erschöpft ließ er sich aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
Max fand sich im Erdkeller der Räuber wieder. Von draußen waren Hufgetrappel und Rufe zu hören. Anscheinend zogen die Soldaten gerade ab und keiner von ihnen hatte die Aussage des Amtmanns angezweifelt und noch mal im Keller nachgesehen. Max’ Blick fiel auf Friederike. Geknebelt und gefesselt saß sie im hinteren Teil des Kellers. Tränen liefen ihr über die Wangen. Max ging zu ihr und setzte sich neben sie.
»Ich bleibe bei dir. Du musst keine Angst mehr haben, hörst du?«, versuchte er sie zu trösten, aber Friederike nahm ihn nicht wahr. Trotzdem wich Max nicht von ihrer Seite. Vielleicht konnte sie ihn irgendwie spüren.
Wie lange er so dasaß, konnte Max nicht sagen. Draußen hatte es inzwischen zu regnen begonnen. Er spürte die Feuchtigkeit am ganzen Körper. Friederike hatte angefangen zu zittern. Wütend sprang Max auf und lief die Stufen hinauf zum Eingang. Vielleicht konnte er irgendwie Hilfe holen. Doch sosehr er sich auch anstrengte, die Tür ließ sich nicht öffnen. Jemand hatte von außen einen Riegel vorgeschoben. Frustriert hämmerte Max mit seinen Fäusten gegen die Tür.
»Hilfe! Holt uns hier raus!«, schrie er aus Leibeskräften, doch das Prasseln der Regentropfen war nun lauter geworden und verschluckte seine Rufe. Ihm blieb nichts anderes übrig, als wieder zu Friederike zurückzukehren. Von der Decke tropfte inzwischen das Wasser und löste kleine Mörtelstücke ab. Friederike bekam immer mehr Angst. Verzweifelt zerrte sie an ihren Fesseln, scheuerte sich dadurch aber nur die Haut wund. Gerade als Max sich wieder zu ihr setzen wollte, um sie zu beruhigen, wurde alles um ihn herum in grellweißes Licht getaucht. Nicht mehr Friederike saß vor ihm, sondern Fritzi.
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