Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
sich daran etwas geändert hatte. Selbst wenn Benjamin bereit war, ihm mehr Zeit zu geben, setzte ihn der Fluch der Northlands extrem unter Druck. Zeit für Plan B.
Er öffnete das erste Buch: Exorzismus: Verbannung des Bösen und ungewollter Geistwesen. Je mehr Zeit er mit Benjamin verbrachte und hautnah miterlebte, wie Mensch und Wolf sich gegenseitig beeinflussten, desto öfter kamen ihm Gedanken an die klassischen Fälle von Besessenheit. Vielleicht war es möglich, Benjamins Wolf durch einen Exorzismus zu bannen. Allerdings wusste er nicht, ob man die tierische Seite eines Gestaltwandlers tatsächlich einfach aus ihm herausholen konnte.
Und falls es ihm gelingen sollte – würde Benjamins menschliche Seite ihn dann immer noch wollen? Von Anfang an war es ganz offensichtlich Benjamins Wolf gewesen, der auf Tristan angesprungen war. Benjamin selbst schien die meiste Zeit damit zu verbringen, ihn möglichst von sich fernzuhalten.
Tristan wünschte sich, mehr über den genauen Prozess zu erfahren, wie man zu einem Gestaltwandler wurde. Vielleicht sollte er Benjamin doch dazu drängen, ihn dem örtlichen Rudel vorzustellen. Häufig waren die Geschöpfe oder Geister, die von einem menschlichen Wirt Besitz ergriffen, eigenständige Wesen, die zuvor für sich allein existiert hatten.
Aber bei Benjamins Wolf schien das nicht der Fall zu sein, zumindest glaubte Tristan das. Es gab einfach so viel über Lykanthropie, von dem er noch keine Ahnung hatte.
Im zweiten Buch fand er einige Beschreibungen von Menschen, die entweder freiwillig oder durch Gewalt gewandelt worden waren. Allerdings gab es keine Berichte darüber, ob der Wolf schon vor dem ersten Vollmond nach dem Biss aufgetaucht war. Nach der ersten Verwandlung schien der Wolf einen Teil des Bewusstseins zu übernehmen, genau wie er es von Benjamin kannte.
Tristan ging zu den Regalen zurück und überflog die Buchrücken. Ein Buch nach dem anderen durchsuchte er nach erfolgreichen Trennungen von Mensch und Tier bei Gestaltwandlern. Er fand nicht den geringsten Hinweis.
Frustriert kehrte Tristan an den Tisch zurück. Natürlich ergab es Sinn. Hätte es in Benjamins Bibliothek ein Buch mit einer Anleitung zur erfolgreichen Umkehrung von Lykanthropie gegeben, hätte er sie schon längst befolgt oder es zumindest versucht. Also war es sinnlos, weiter danach zu suchen; er würde seine eigene Anleitung erstellen müssen. Entweder existierte kein passendes Ritual oder es funktionierte nicht. Wie auch immer, er würde seine Zeit nicht weiter damit verschwenden.
Er untersuchte sorgfältig jede Seite des Tagebuchs von Anfang an und füllte die Ränder mit Notizen, sobald ihm ein nützlicher Gedanke in den Sinn kam. Die Antwort musste da sein. Alles, was magisch geschaffen worden war, konnte auch wieder aufgehoben werden. Er musste einfach nur den richtigen Schlüssel finden, um diesen Fluch zu lösen.
Schließlich wandte er sich wieder dem Buch über Exorzismen zu und notierte sich die notwendigen Schritte und Zutaten, um unerwünschte Geister wieder loszuwerden.
***
Ruhelos tigerte Benjamin in seinem Zimmer auf und ab und spielte mit dem Gedanken, das Abendessen ausfallen zu lassen. Die Zeit, die sie auf der Lichtung verbracht hatten, war wundervoll gewesen. Ihre Gespräche über die Vergangenheit und die Magie, die sie umgeben hatte, hatten seinen Wolf genug abgelenkt, um ganze drei Stunden lang nicht über Tristan herzufallen.
Jetzt gerade sehnte sich sein Wolf jedoch noch viel mehr nach körperlichem Kontakt. Auch die ausgiebige, kalte Dusche, die er sofort nach Betreten des Zimmers genommen hatte, hatte nicht geholfen. Sein Körper verzehrte sich nach Tristan.
Mit einem resignierten Seufzen strich sich Benjamin das immer noch feuchte Haar aus der Stirn und wanderte nach unten. Sich vor Tristan zu verstecken, würde sein Problem nicht lösen. Er hatte auf die harte Tour erfahren müssen, dass sein Wolf sich nur für eine gewisse Zeit ignorieren ließ, ehe es zu katastrophalen Konsequenzen kam.
Tristan spürte Benjamins Anwesenheit, noch bevor er seine Stimme hörte. Er konnte die Aura des Werwolfs wie ein warmes Glühen fühlen. Er legte das Buch beiseite, das er gerade durchforstet hatte, und hörte dem leisen Singsang von Benjamins Stimme zu. Als er einen Satz über New York und Arbeit, die dort persönlich erledigt werden musste, aufschnappte, verspannte er sich unwillkürlich. Benjamin sprach mit Conrad über seine Abreise. Er wollte in die Stadt
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