Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
schon gar nicht in seine Klamotten.
Raul blickte zu dem wütenden Mann auf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war vollkommen ruhig, beinahe ein wenig gelangweilt. »Ich schätze, der hier ist Tristan«, bemerkte er in Benjamins Richtung. Dann wandte er sich wieder Tristan zu. »Ich besuche Benjamin. Ich wollte sehen, wie es ihm geht.«
Tristan brachte die Wut, die durch seine Adern schoss, fast zur Raserei und Raul hatte nichts Besseres zu tun, als ihn auch noch zu provozieren! Benjamin und sein Wolf richteten sich ein wenig auf, um notfalls eingreifen zu können. Die Anspannung der beiden Männer war deutlich zu spüren, auch wenn Raul nach außen hin völlig ruhig schien.
»Tristan, es ist okay«, sagte Benjamin beruhigend. »Er ist hier willkommen. Er ist ein Freund.«
Tristan wandte den Blick von Raul ab, um Benjamin empört anzusehen. »Wie kannst du sowas sagen? Er hat dabei zugesehen, wie sein Gefährte beinahe deinen Wolf getötet hätte – in dem Glauben, dass du es bist!«
»Es gibt Dinge, von denen du noch nichts weißt. Er hätte nicht zugelassen, dass ich getötet werde.« Benjamin erhob sich auf die Knie und hielt mit sicherem Griff den knurrenden Wolf fest, der sich neben ihm auf dem Bett zusammenkauerte.
Die Worte trafen Tristan wie unzählige Nadelstiche. Bilder von Benjamin und Raul, wie sie sich in den Laken wälzten, stiegen vor seinem geistigen Auge auf.
»Und wessen Schuld ist das? Bis gestern wusste ich ja noch nicht einmal, dass er überhaupt existiert!« Anklagend zeigte Tristan auf Raul, der grinsend zwischen Tristan und Benjamin hin und her sah.
Benjamin schoss einen wütenden Blick auf ihn ab. »Das ist nicht besonders hilfreich.«
Dann streckte er die Hände nach Tristan aus und versuchte, ihn zu beruhigen. »Ich hab‘ dir gesagt, dass mein Verhältnis zum Rudel nicht besonders gut ist. Wir hätten auch noch über Raul gesprochen, aber zu dem Zeitpunkt gab es Wichtigeres. Komm, setz dich zu mir. Bitte«, fügte er hinzu, als Tristan keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
Schmollend ließ Tristan sich auf einer Ecke des Bettes nieder, konnte aber ein Lächeln nicht ganz unterdrücken, als der Wolf sein Gewicht verlagerte, um sich an sein Bein zu lehnen und seinen buschigen Schwanz über seinen Oberschenkel zu legen.
Raul nahm die Veränderung wahr, als Tristan Benjamin und den Wolf berührte. Sie waren echte Gefährten fürs Leben.
»Ich kann helfen«, sagte Raul und brach mit diesen Worten das Schweigen zwischen ihnen. Beide Männer blinzelten überrascht.
Benjamin setzte sich aufrecht hin. »Wie?«
Tristans Blick wurde misstrauisch. »Und warum solltest du das tun?«
Raul stieß einen genervten Seufzer aus. »Das hab‘ ich doch schon gesagt: Benjamin ist mein Freund und ich will, dass er glücklich ist.«
»Raul, Alex wird...«
Raul hob eine Hand, um Benjamin zu stoppen. »Lass meinen Gefährten mal meine Sorge sein. Tristan, du bist zum Rudel gekommen, weil du unsere Hilfe wolltest. Nach was genau hast du gesucht?«
Tristan starrte den Werwolf so lange an, dass das Schweigen schon unangenehm wurde. Er versuchte, seine Absichten in den ruhigen, grünen Augen zu erkennen. Eigentlich wollte er Raul sein Angebot zurück ins Gesicht schleudern und ihm sagen, dass sie auf seine Hilfe gut und gerne verzichten konnten. Dass Benjamin Raul nicht brauchte, wo er jetzt doch ihn, Tristan, hatte.
Aber er war vernünftig genug, um zu erkennen, dass nur die Eifersucht aus ihm sprach. Die Wahrheit war, dass sie die Hilfe des Rudels brauchten, und Raul war der Einzige, der ihnen auch tatsächlich helfen würde.
Tristan stieß hörbar die Luft aus und versuchte dabei, seine Wut und die Eifersucht zu bezwingen. Während der letzten Stunde hatten Will und er darüber diskutiert, mit welchen Konsequenzen sie rechnen mussten, wenn sie den Zauber einfach wieder rückgängig machten. Wenn es gelingen sollte, brauchten sie Raul dafür.
»Ich glaube, ich kann Benjamin wieder mit seinem Wolf vereinen, aber ich kann ihn nicht wieder zum Werwolf machen, ohne ihn erneut zu verfluchen. Und ich möchte nicht, dass wir mit dem Karma eines weiteren Fluchs belastet werden.«
»Soll das heißen, es gibt keine Möglichkeit, einen Gestaltwandler auf magischem Weg zu erschaffen, ohne ihn dabei zu verfluchen?«, fragte Raul neugierig. Er war Magie die meiste Zeit seines Lebens aus dem Weg gegangen. Er traute denjenigen nicht, die sie praktizierten, und hatte deshalb nur wenig Wissen darüber, wie sie
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