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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Marseille oder Paris? Ich würde ersticken in den Steinhaufen.
    Gegen Abend fuhr er weiter. Er hatte sich zwei neue Kanister gekauft und mit gutem Wasser gefüllt. Die Fahrt durch das Gebirge der Ouled Nails war eine Fahrt durch trockenes, gebleichtes, einsamstes Land. Serrat hatte sich entschlossen, nicht die schnellere Route über Biskra zu nehmen – denn in Biskra, das ahnte er, würde er in Kontrollen hineinkommen –, sondern er wandte sich erst nach Südwesten, nach Djelfa, und von dort direkt nach Süden, um über Laghouat und Ghardaia in einem Bogen nach Osten Ouargla zu erreichen, die Wüstenstadt, in der Serrat zu Hause war, in der er jedes Haus kannte, jedes Mädchen, jede Kneipe.
    Serrat fuhr drei Stunden auf der holperigen Straße nach Djelfa, vorbei an der heiligen Stadt El Hamel, wo der Marabu seinen Palast hatte und eine Schule für Priester eine Elite von algerischen Nationalisten ausbildete, dann rastete er und lenkte den Wagen ein paar Meter von der Straße ab in die Felsen, zog eine Decke über den Kopf und schlief sofort ein.
    Die Morgensonne weckte ihn. Er sah auf seine Uhr und warf die Decke ab, griff nach hinten zu den Kanistern, um etwas zu trinken, und griff ins Leere.
    Mit einem Schwung fuhr Serrat herum. Die Rücksitze waren leer. Die neuen Kanister waren verschwunden.
    »Sauhunde!« brüllte Serrat. In sinnloser Wut hieb er auf die Polster und verfluchte alles, was Araber war. Dann studierte er wieder die Karte. In El Hamel konnte er kein Wasser bekommen … kein Ungläubiger durfte die heilige Stadt betreten. Bis Djelfa waren es noch 70 km heiße, staubige Geröllstraße. 70 Kilometer, das hört sich wenig an, aber sie bei 50 Grad Hitze zu fahren, ohne einen Schluck Wasser in der trockenen Kehle, ist eine große Leistung.
    Serrat blieb nichts anderes übrig als dieser Weg nach vorn. Spuren um seinen Wagen herum sagten ihm, daß drei Reiter auf Kamelen ihn in der Nacht besucht und die Kanister gestohlen hatten.
    Drei Stunden später erreichte er Djelfa, aber er hatte keine Zeit, neue Kanister zu kaufen, sondern mußte einen Umweg über elende Wüstenpisten machen und um die kleine Stadt herumfahren. Die Durchgangsstraße nach Laghouat war von Polizisten gesperrt, die jeden kontrollierten, sogar die Eselstreiber, die Baumaterial zu den Baustellen schleppten.
    Ohne Wasser fuhr Serrat weiter und tauchte erneut in das wilde Gebirge der Ouled Nails ein.
    Die Sonne glühte. In einer Staubwolke, die sich ätzend über ihn legte, fuhr Serrat durch eine Wildnis, in der nicht ein Funken von Leben zu sehen war. Die nackten, bleichen Felsen waren wie riesige Gerippe und warfen die Hitze zurück auf den einsamen Menschen, der mit dem völlig wüstenuntauglichen Auto sich durch Sonnenglut und Staub quälte.
    Aber Serrat kannte die Wüste. Er hatte sie durchzogen mit Kamelen und Eseln, auf dem Rücken der Pferde und in schnellen Jeeps. Er wußte: Durchhalten, – das ist das einzige! Nicht stehenbleiben, nicht verschnaufen, nicht dem Drang nachgeben, ein wenig auszuruhen. Jede Minute Stillstand konnte lebensgefährlich sein. Solange die Räder sich über das Geröll quälten, wurde Meter um Meter besiegt, und jeder Meter brachte ihm das Wasser näher.
    Laghouat, die alte Wüstenfestung. 107 Kilometer entfernt.
    Dort gab es Wasser. Reines, klares, wunderbares Wasser. Dort gab es ein Hotel mit Schwimmbecken, dort konnte man sich eintauchen in Wasser. Es war ein Gedanke, der in Serrat eine Freude erzeugte wie bei einem Kind eine Weihnachtsbescherung.
    Wasser! Welch ein köstliches Wort.
    Ein heiliges Wort in der Wüste.
    Nach abermals vier Stunden war Serrat soweit, daß er vor Durst die Schattenseite der Felsen hätte ablecken können, wenn sie nur kühl gewesen wären. Wider besseres Wissen hielt er an, stieg aus dem Auto und setzte sich unter einen Felsvorsprung in den Schatten. Er riß ein Stück Hemd ab und stopfte es in seinen Mund und kaute darauf, um die Nässe des Speichels zu spüren. Aber seine Mundhöhle blieb trocken, der Hemdfetzen drehte sich wie Blei auf seiner Zunge … da spuckte er ihn aus und schwankte zum Wagen zurück.
    Drei Berber fanden ihn später auf der Straße. Er lag auf dem Rücksitz seines Wagens und war halb bewußtlos. Sie holten von ihren Kamelen drei Wassersäcke, wuschen Serrat das Gesicht und die Brust und flößten ihm Wasser zwischen die zitternden Lippen. Er trank wie ein Schwamm, pumpte sich mit Wasser voll und erhielt mit jedem Schluck mehr von seiner alten Kraft

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