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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dämlich! Den vom Isolierraum. Ich will sehen, was Sie da verstecken. Ist es wahr, daß Sie gestern nacht mit dem Wagen V unterwegs waren?«
    »Ja.«
    »Auch das hört sich auf! Wer einen Wagen braucht, hat sich bei mir zu melden!«
    »Nun hören Sie mal zu, Serrat –«
    »Den Schlüssel!« brüllte Pierre wie ein Stier. »Ich höre Ihnen nicht zu! Ich klebe Sie an die Wand wie einen Kalender, wenn Sie aufsässig werden!«
    Dr. Bender sah Pierre Serrat ruhig an. Die große Kraftprobe war gekommen. Bisher hatte alles nach den Befehlen Serrats gehandelt, er war der Herr über sechs Bohrtürme und drei Camps, von denen Nr. XI die Zentrale war. Er regierte mit der Faust, und es war bisher immer gut gegangen. Vielleicht war es anders auch nicht möglich, in der Wüste Ordnung zu halten bei einer Horde Männer, von denen keiner vom anderen wußte, wer er wirklich war. Nur das galt: die Arbeit am Bohrturm, das Schuften unter glühender Sonne, das Durchhalten bei 50 Grad Hitze, das Überleben im Sandsturm, das Ertragen der Einsamkeit zwischen Wüstensand und gnadenlos glutendem Himmel. Wer hier ausbrach, einen Koller bekam und durchdrehte, den brachte nur die Faust Serrats wieder zur Vernunft. Ein paarmal hatte man es erlebt, zuletzt bei dem Polen Leo Domaschewski. Vor sechs Wochen lief er mit einer Sprengladung durch das Lager und drohte, sich und die ganze Bande – wie er die Kameraden nannte – in die Luft zu jagen. Keiner wagte es, sich ihm zu nähern, denn er hielt sein Feuerzeug an die Zündschnur … da kam Pierre Serrat mit einem Jeep von Station XII, sprang heraus, zog im Laufen seine Jacke aus und zeigte die riesigen Pakete seiner Muskeln. Das war so faszinierend, daß Leo Domaschewski ganz vergaß, die Zündschnur anzustecken … als er es dennoch tat, war es schon zu spät, er flog von einem mörderischen Schlag waagrecht durch die Luft und ließ die Sprengladung fallen. Drei Wochen lag er dann mit schiefem Gesicht im Krankenrevier und ließ sich von Cathérine pflegen. Kurz vor seiner Entlassung heulte er wie ein getretener Hund … er hatte Cathérine zufällig durch die Ritze einer Tür beobachtet, wie sie sich wusch … Nackt stand sie vor einem Holzkübel und goß sich das Wasser über ihre festen, spitzen Brüste.
    Von da an war Leo Domaschewski wie ein Kater. Er strich um Cathérine herum, sooft er dazu Zeit hatte, besorgte alles, was sie brauchte, spielte den Hausknecht und benahm sich wie ein Halbidiot. Und er wartete. Wartete auf die Stunde, in der selbst ein Weib wie Cathérine es müde war, immer nur die Männer abzuwehren.
    »Sie ist gebaut wie jede Frau«, sagte er zu sich. »Sie hat oben alles und unten alles … ich hab's ja gesehen! Und getan hat sie's auch schon, ganz sicher! Einmal wird sie weich … Wer's schon mal gemacht hat, kann auf die Dauer nicht darauf verzichten –«
    Doch nun war der Arzt gekommen. Ein Hauch der fernen, heilen Welt wehte mit ihm in die Wüste. Er trug weiße Anzüge, weiße Hemden und hatte gepflegte Hände. Und er wollte befehlen, die Macht Pierre Serrats aufweichen. Das war unmöglich!
    Pierre schürzte die dicken Lippen, als Dr. Bender keinerlei Anstalten machte, sich zu erheben und den Schlüssel des Isolierraumes herauszugeben. Im Gegenteil, er sagte:
    »Was glauben Sie, passiert wohl, wenn ich über Sie eine Beschwerde nach Ouargla schicke?«
    »Nichts!« brüllte Serrat. »Einen Dreck ist Ihre Beschwerde wert. Ärzte gibt es genug, die werden von den Universitäten nur so ausgespuckt … aber Mineure, Bohrfachleute, Vorarbeiter wie mich, die suchen Sie mal! Für die Gesellschaft ist ein Serrat wertvoller als hundert Ärzte! Ich bohre ihnen das Öl, mit mir verdienen sie Geld, ich verrecke für sie in der Wüste … Sie kosten nur Geld, Doktor. Sie sind nur ein Aushängeschild der Humanität. Weil es sich so schön anhört: Ärztliche Betreuung in der Wüste! Der Albert Schweitzer der Wüste! Alles Scheiße! Geld muß aus der Wüste kommen. Geld! Dafür bin ich da!« Pierre Serrat hielt die riesige Pranke offen hin. »Wie ist das nun? Wo bleibt der Schlüssel?!«
    »In meiner Tasche«, sagte Dr. Bender ruhig.
    Pierre Serrat zog den Kopf ein und atmete tief auf. Mit einem gewaltigen Schritt war er vor dem Tisch Dr. Benders, hob ihn mit allem Geschirr hoch und warf ihn gegen die Wand. Krachend zerbarst der Tisch, das Geschirr klirrte über den Boden.
    Drei Räume weiter, in der Ambulanz, die Schwester Cathérine jeden Morgen um 8 Uhr allein durchführte, hoben

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