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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bett. »Warum hast du ihn herausgegeben?«
    »Aus Notwehr. Er drohte, alles in die Luft zu sprengen, selbst wenn er und seine Reiter dabei draufgingen. Man kennt ja diese Burschen … der Tod ist ihnen ein Klacks. Allah küßt seine Helden … das glauben die Idioten. Sollte ich es darauf ankommen lassen? Ein Millionenschaden wegen Dr. Bender? Nein, habe ich gedacht. Die Bohrstellen sind wertvoller, und was will Achmed schon mit dem Doktor? Er kann ja beweisen, daß Saada nicht bei ihm war. In den Schuppen ist keiner 'reingekommen. Ja, und dann haben die Kerle Dr. Bender mitgenommen.«
    »Wir müssen sofort nach Bou Akbir!« Cathérine rannte zum Schrank und holte einen Mantel heraus. Wüstennächte sind kalt, im offenen Jeep besonders. »Wir müssen sofort zu ihm! Alain, sagen Sie doch was. Tun Sie doch was! Geben Sie den Befehl dazu!«
    Alain de Navrimont sah auf seine zitternden Hände. Wenn er nicht soff, bebten sie wie bei einem senilen Greis, war er betrunken, konnte er sie nur gebrauchen zum Flaschenheben. Er war ein Wrack … und kann man von Wracks volle Segel erwarten?
    »Achmed wird ihn von allein zurückbringen«, sagte er ausweichend. »Achmed ist ein moderner, gebildeter Mann. Er hat in Algier sogar das Gymnasium besucht. Und seine Saada kommt auch wieder.«
    »Zu Fuß? Er hat ja das Rad mitgenommen! Wo ist sie überhaupt?« rief Cathérine. »Sie muß doch hier sein! Sie hat sich versteckt. Habt ihr alles abgesucht?«
    »Alles. Sogar in die leeren Fässer haben wir geguckt. Nichts.« Serrat log gewandt und ohne mit der Wimper zu zucken wie ein Politiker. Wenn sie jetzt bloß nicht auftaucht, dachte er. Vier Zimmer nebenan liegt sie auf meinem Bett und wartet auf den Morgen. Lieber Gott oder lieber Teufel, wer für mich zuständig ist, verhindere, daß sie aus dem Zimmer kommt. Ich weiß nicht, was ich dann tue. Bringe ich Cathérine um, schlage ich de Navrimont den schnapsgefüllten Schädel ein? Es wird ein Drama geben, das ist klar. Gott und Teufel – laßt sie im Zimmer bleiben!
    »Wir leben doch nicht im Märchen!« schrie Cathérine. »Sie ist doch kein Sternchen am Himmel geworden!«
    »In der Wüste ist alles möglich«, meinte Serrat philosophisch. »Wozu also die ganze Aufregung? Achmed wird den Doktor zurückbringen … ein erregter Vater tut oft sinnlose Dinge.«
    Pierre Serrat trat an das Fenster und blickte in die Nacht mit ihren Millionen Sternen und der bleichen Wüste. Ein Anblick, der zu seinen Gedanken paßte. Irgendwo dort draußen wird Dr. Bender liegen, hingerichtet nach einem Schnellverfahren, vielleicht sogar nach der alten Methode: Kopf ab mit einem Hieb der scharfen Krummsäbel. Was er auch Achmed gesagt haben mochte … er hatte gegen den Wind geredet, der ihm die Worte in den Mund zurückblies. Für Ali war Saada eine ganze Welt … er würde sie zerstückeln, um Saada zu rächen …
    »Ich fahre trotzdem!« sagte Cathérine entschlossen. Sie trat nahe an de Navrimont heran, der schlapp auf dem Stuhl hing und Brennot innerlich verfluchte wegen der morgigen Konferenz. »Sagen Sie Pierre, er soll mir einen Jeep geben. Ich brauche keinen Begleiter … ich fahre allein.«
    Das sieht ihr ähnlich, dachte Serrat. Ja, so ist sie, das kleine, zierliche Luder. Ein Vulkan an Energie. Ich traue ihr glatt zu, den Mann, den sie im Bett hat, zu erwürgen, wenn er früher schlapp macht als sie.
    »Gib ihr einen Jeep«, sagte de Navrimont.
    »Einen Dreck werde ich!« Serrat tippte sich gegen die breite Stirn. »Allein! Verrückt! Die reißen ihr den Hintern auf!«
    »Was geht das dich an? Es ist mein Hintern!« schrie Cathérine zurück.
    In diesem Augenblick steckte der Schreiber Molnar seinen Kopf durch die Tür. »Telefon, Pierre«, sagte er. »Dringend … privat …« Er blinzelte, und Serrat verstand.
    »Moment –« Serrat verließ das Zimmer und ging ein paar Schritte weg. Aber er blieb im Flur stehen und klopfte Molnar auf die Schulter. »Gut gemacht, Junge. In der richtigen Minute. Jetzt zählen wir langsam bis zwanzig, und dann sollst du sehen, wie Cathérine bedauert, den Doktor nicht selbst begraben zu haben.«
    Sie warteten, zählten leise im Geist bis zwanzig und nickten sich dann zu. Polternd kehrte Serrat in das Zimmer zurück, mit einem mondglänzenden Gesicht und breitem Lachen.
    »Das ist ja nicht zu sagen«, rief er und nahm Cathérines Mantel, warf ihn in die Ecke und strich ihr über das Haar wie ein Vater. Sie schlug nach seiner Hand, blitzschnell wie ein Panther.

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