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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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in der Todeszelle.
    Nach zwei Jahren in Freiheit musste sich Greg Wilhoit erneut vor Gericht gegen den Vorwurf verteidigen, seine Frau ermordet zu haben.
    Nach seiner Entlassung aus McAlester hatte er sich in Tulsa niedergelassen und versucht, so etwas wie ein normales Leben zu führen. Das war nicht einfach. Was er durchgemacht hatte, hatte emotionale und psychische Narben hinterlassen. Seine Töchter - mittlerweile acht und neun -wurden von Freunden aus der Kirche, einem Lehrerehepaar, großgezogen und lebten in einem relativ stabilen Umfeld. Sein Fall hatte einige Aufmerksamkeit erregt. George Briggs, sein Verteidiger, hatte mittlerweile glücklich das Zeitliche gesegnet, aber erst, nachdem er seine Zulassung als Anwalt verloren hatte. Verschiedene prominente Strafverteidiger setzten sich mit Greg in Verbindung und erboten sich, ihn zu vertreten. Auf Anwälte wirken Kameras wie ein Picknick auf Ameisen, und Greg stellte belustigt fest, welches Interesse sein Fall erregte.
    Aber die Wahl fiel ihm leicht. Seine Entlassung aus dem Gefängnis verdankte er seinem Freund Mark Barrett, und Greg vertraute darauf, dass Barrett nun auch einen Freispruch für ihn erreichen würde.
    Während der ersten Verhandlung hatte ihn vor allem die Aussage der beiden Gutachter belastet, die für den Bundesstaat die Bissspuren untersucht hatten. Beide hatten den Geschworenen erklärt, die Wunde an Kathy Wilhoits Brust stamme von ihrem von ihr getrennt lebenden Ehemann. Die Familie Wilhoit trieb einen führenden Experten für Bissabdrücke auf, einen gewissen Dr. Thomas Krauss aus Kansas. Dr. Krauss war entsetzt über die Unterschiede zwischen Gregs Gebissabdruck und der Wunde. Beide waren eindeutig nicht identisch.
    Daraufhin sandte Mark Barrett den Bissabdruck an elf landesweit anerkannte Sachverständige, von denen viele normalerweise für die Anklage in den Zeugenstand traten. Dazu gehörten auch der führende Experte des FBI und der Gutachter, der gegen Ted Bundy ausgesagt hatte. Das Urteil war einstimmig: Ale zwölf kamen zu dem Schluss, dass Greg Wilhoit auszuschließen war. Es bestand nicht einmal eine Ähnlichkeit.
    Bei einer Anhörung zur Beweisaufnahme benannte ein von der Verteidigung hinzugezogener Sachverständiger zwanzig bedeutsame Unterschiede zwischen Gregs Gebiss und dem Bissabdruck und sagte, jeder einzelne davon schließe Greg eindeutig aus.
    Aber der Staatsanwalt bestand auf der Verhandlung, die schnell zur Farce wurde. Mark Barrett gelang es, die Sachverständigen des Bundesstaats ausschließen zu lassen. Dann erschütterte er die Glaubwürdigkeit des vom Bundesstaat aufgebotenen DNA-Sachverständigen.
    Nachdem die Anklage ihre Beweisführung abgeschlossen hatte, stellte Mark Barrett den überzeugend vorgebrachten Antrag, das vom Bundesstaat vorgelegte Beweismaterial zu verwerfen und zugunsten von Greg Wilhoit zu entscheiden.
    Der Richter unterbrach die Verhandlung, und alle gingen zum Mittagessen. Als sich alle einschließlich der Geschworenen wieder im Gerichtssaal versammelt hatten, erklärte der Richter, dem Antrag werde stattgegeben - ein höchst seltenes Ereignis. Das Verfahren wurde eingestellt.
    »Mr Wilhoit«, sagte er, »Sie sind ein freier Mann.«
    Nachdem er bis spät in die Nacht hinein mit Familie und Freunden gefeiert hatte, fuhr Greg Wilhoit am nächsten Morgen zum Flughafen und flog nach Kalifornien. Nach Oklahoma kehrte er später nur zurück, um seine Familie zu besuchen oder gegen die Todesstrafe zu kämpfen. Acht Jahre nach Kathys Ermordung war er endlich ein freier Mann.
    Durch die Jagd auf den falschen Verdächtigen hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Spur des wahren Mörders kalt werden lassen. Bis heute wurde er nicht gefunden. Die neue Todeskammer des H-Traktes funktionierte ausgezeichnet. Am 10. März 1992 wurde Robyn Leroy Parks, ein dreiundvierzigjähriger Schwarzer, für den 1978 begangenen Mord an einem Tankwart hingerichtet. Er hatte dreizehn Jahre in der Todeszelle gesessen.
    Drei Tage später wurde Olan Rändle Robison, ein sechsundvierzigjähriger Weißer, für den Mord an einem Ehepaar hingerichtet, das er 1980 bei einem Einbruch in ihr abgelegenes Haus getötet hatte.
    Ron Williamson sollte der Dritte werden, der im H-Trakt auf eine Liege geschnallt wurde und ein paar letzte Worte sagen durfte.
    Am 30. August 1994 wurde Ron an seiner Zellentür von einem bedrohlich wirkenden Trupp finster blickender Polizisten empfangen, die ihn wegbringen wollten. Ihm wurden Fußfesseln

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