Der Gefangene
und seine Frau erschossen. Ihre beiden kleinen Kinder wurden ebenfalls niedergeschossen und für tot liegen gelassen, aber sie überlebten irgendwie. Die Morde waren von Glen Ake begangen worden, der dafür zum Tode verurteilt wurde. Sein Verfahren wurde jedoch wieder aufgenommen, weil sich der Richter geweigert hatte, ihn von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Seine Revision Ake gegen Oklahoma, - schrieb Rechtsgeschichte. Im Wiederaufnahmeverfahren wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die er heute noch absitzt.
Steven Hatchs Beteiligung an den Morden war sehr zweifelhaft und heftig umstritten. Dessen ungeachtet wurde er zum Tode verurteilt. Am 9. August 1996 wurde Hatch auf eine Bahre geschnallt und in die Todeskammer des H-Traktes gerollt. Unter den Zuschauern waren die beiden mittlerweile erwachsenen Douglass-Kinder. Glen Ake, unbestritten der Schütze, bekam lebenslänglich. Steven Hatch, der niemanden getötet hatte, wurde hingerichtet.
1994 raubte ein zwanzigjähriger Indianer namens Scott Dawn Carpenter einen Laden in Lake Eufaula aus und tötete den Besitzer. Nach nur zwei Jahren in der Todeszelle gelang es ihm, die Revisionsverfahren zu stoppen und sich die Nadel geben zu lassen. Am 10. April 1997 bestätigte das Bundesrevisionsgericht in Denver Richter Seays Entscheidung. Das Gericht hielt zwar nichts von seinem Ausschluss der Haaranalyse, gelangte aber ebenfalls zu der Ansicht, dass Ron Williamson zu Unrecht verurteilt worden war.
Nachdem die Wiederaufnahme angeordnet worden war, wurde Rons Fall dem Oklahoma Indigent Defense System übertragen, jener Behörde des Staates, die für die Strafverteidigung Mittelloser zuständig ist. Dort befasste sich die Capital Trial Division damit, eine Abteilung, die ausschließlich mit Fällen befasst ist, in denen die Todesstrafe beantragt wurde. Dem neuen Leiter, Mark Barrett, waren acht Anwälte unterstellt. Aufgrund der Komplexität des Falles und wegen seiner Erfahrung mit Ron übernahm er die Sache selbst. Die Unterlagen, die ihm daraufhin zugingen, füllten sechzehn Kartons.
Im Mai 1997 fuhren Mark Barrett und Janet Chesley nach McAlester, um ihren Mandanten zu besuchen. Janet sollte Mark und Ron wieder miteinander bekannt machen. Sie hatten sich zuletzt 1988 gesehen, kurz nachdem Ron in den F-Trakt verlegt worden war und Mark seine erste Revision zugewiesen bekommen hatte.
Mark kannte Janet Chesley, Kim Marks und die meisten Pflichtverteidiger für Revisionsverfahren und hatte zahlreiche Gerüchte und Geschichten über Ron und dessen Abenteuer im Todestrakt gehört. Trotzdem war er entsetzt über seinen Zustand. 1988 war Ron fünfunddreißig gewesen, hatte fast einhundert Kilo gewogen, einen sportlichen Körperbau, einen selbstsicheren Gang, dunkles Haar und ein Milchgesicht gehabt. Neun Jahre später war er dreiundvierzig und hätte leicht für fünfundsechzig durchgehen können. Selbst nach einem Jahr in der psychiatrischen Krankenabteilung wirkte er noch gespenstisch eingefallen, blass und ungepflegt. Offenkundig war er schwer krank.
Immerhin war er in der Lage, lange Gespräche über seinen Fall zu führen. Gelegentlich redete er wirres Zeug und hielt vollkommen sinnlose Monologe, aber die meiste Zeit über wusste er, was Sache war und welche Richtung sein Verfahren nahm. Mark erklärte Ron, seine Blut-, Haar- und Speichelproben würden bei DNA-Tests mit dem am Tatort gefundenen Haar und Sperma verglichen werden. Das Ergebnis werde hundertprozentig eindeutig und idiotensicher sein. Die DNA lüge nicht. Ron zeigte keinerlei Zögern. Im Gegenteil, er brannte darauf, die Tests hinter sich bringen.
»Ich bin unschuldig«, sagte er wieder und wieder. »Und ich habe nichts zu verbergen.« Mark Barrett und Bill Peterson einigten sich darauf, dass Ron auf seine Schuldfähigkeit untersucht werden sollte. Außerdem wollten beide einen DNA-Test. Peterson drängte darauf, weil er davon überzeugt war, dass Ron damit endgültig überführt werden würde.
Allerdings mussten die Tests warten, weil Mark Barretts mageres Budget dafür nicht reichte. Die Kosten wurden ursprünglich auf fünftausend Dollar geschätzt, die erst in einigen Monaten zur Verfügung stehen würden. Tatsächlich sollten die Tests deutlich teurer werden als veranschlagt.
Stattdessen arbeitete Mark an einer Anhörung zur Prüfung der Schuldfähigkeit. Sie fanden einen Psychologen, der die Unterlagen prüfte, mit Ron Gespräche führte und bereit war, nach Ada zu
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