Der Gefangene
aufgenommen, wo er eine schönere Zelle mit Fenster erhielt. Dr. Foster stellte seine Medikamente um und überwachte die Einnahme. Obwohl Ron keineswegs gesund war, verhielt er sich ruhig und litt nicht unter ständigen Schmerzen.
Allerdings war er extrem labil und hatte seine Manie kaum unter Kontrolle. Nachdem es eine Weile aufwärtsgegangen war, wurde Ron am 25. April, nach drei Monaten in der psychiatrischen Krankenabteilung, plötzlich für zwei Wochen zurück in den H-Trakt gebracht. Kein Arzt hatte dieser Verlegung zugestimmt; Dr. Foster wusste gar nichts davon. Eine Begründung gab es nicht. Als Ron in die psychiatrische Krankenabteilung zurückkehrte, hatte er einen deutlichen Rückfall erlitten. Dr. Foster sandte ein Memo an den Gefängnisdirektor und beschrieb den Schaden, den die plötzliche Verlegung bei dem Patienten angerichtet hatte.
Zufällig fiel Rons überraschende Verlegung am 25. April auf den Tag vor einer weiteren Exekution. Am 26. April wurde Benjamin Brewer hingerichtet, der 1978 in Tulsa eine zwanzigjährige Studentin erstochen hatte. Brewer hatte über zwölf Jahre in der Todeszelle gesessen.
Auch in der psychiatrischen Krankenabteilung war Ron noch ein Todeskandidat, da durfte er das Drama einer weiteren Hinrichtung im H-Trakt nicht verpassen.
Janet Chesley hegte den Verdacht, dass die plötzliche Verlegung ein juristisches Manöver war. Der Bundesstaat Oklahoma hatte beim Bundesrevisionsgericht in Denver Revision gegen Richter Seays Entscheidung eingelegt, und die mündliche Verhandlung stand kurz bevor. Um ?.u verhindern, dass Janet Chesley die Verlegung in die psychiatrische Krankenabteilung als Beleg für seine Unzurechnungsfähigkeit anführte, war Ron in den H-Trakt zurückgebracht worden. Als sie von der Verlegung erfuhr, ging sie in die Luft. Sie hielt den Gefängnisbeamten und den Staatsanwälten, die für die Revision zuständig waren, eine Standpauke. Schließlich versprach sie, in der mündlichen Verhandlung nicht zu erwähnen, dass Ron in der psychiatrischen Krankenabteilung untergebracht war.
Er wurde zurückgebracht, aber der Schaden war offenkundig.
Dennis Fritz wusste, dass Ron vor dem Bundesgericht erfolgreich gewesen war und ein neues Verfahren bekommen würde. Er selbst war weniger glücklich gewesen. Da er nicht zum Tode verurteilt worden war, hatte er keinen Anwalt und war gezwungen, seinen eigenen Antrag auf Haftprüfung einzureichen. Damit war er 1995 vor dem U. S. District Court gescheitert. Nun legte er beim Bundesrevisionsgericht Revision dagegen ein.
Rons Wiederaufnahmeverfahren war für Dennis bittersüß. Einerseits war er niedergeschlagen, weil bei beiden dieselben Zeugen und Tatsachen zu einer Verurteilung geführt hatten, sein eigener Antrag auf Haftprüfung jedoch abgelehnt worden war. Andererseits freute er sich darüber, dass Ron eine neue Chance bekam. Im März 1996 wandte er sich schließlich an das Innocence Project und bat um Hilfe. Eine Studentin, die ehrenamtlich für das Projekt arbeitete, schrieb zurück und schickte ihm einen Fragebogen. Im Juni bat sie ihn um die Ergebnisse der Laboranalyse von Haar, Blut und Speichel. Dennis hatte den Bericht fein säuberlich in seiner Zelle abgelegt und sandte ihn in aller Eile nach New York. Im August schickte er den Revisionsschriftsatz, im November die gesamte Mitschrift seiner Verhandlung. Noch im selben Monat erhielt er die wunderbare Nachricht, dass das Innocence Project seinen Fall offiziell übernommen hatte.
Briefe gingen hin und her, Wochen und Monate verstrichen. Das Bundesrevisionsgericht wies seine Revision zurück. As sich der U. S. Supreme Court im Mai 1997 weigerte, sich mit seinem Fall zu befassen, wurde Dennis ebenfalls depressiv. Die Rechtsmittel waren erschöpft. Al die weisen Richter in ihren schwarzen Roben mit ihren dicken Gesetzesbüchern hatten an seinem Prozess nichts auszusetzen gehabt. Nicht ein einziger hatte die offensichtliche Tatsache erkannt: dass ein Unschuldiger zu Unrecht verurteilt worden war.
Bisher hatte er sich standhaft geweigert, daran zu glauben, dass er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen würde. Jetzt wurde dies immer wahrscheinlicher. Im Mai schickte er vier Briefe an das Innocence Project.
Im Jahre 1979 brachen in der Kleinstadt Okarche, unmittelbar nördlich von Oklahoma City gelegen, zwei Männer namens Steven Hatch und Glen Ake in das Haus von Reverend Richard Douglass ein. Bei den entsetzlichen Ereignissen, die folgten, wurden Douglass
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