Der Gegenschlag - Extreme Measures
müssen, was mein Vater einmal zu mir gesagt hat.«
»Was denn?«
»Er war auch Anwalt, und er hat mir all die großen Anwälte in New York heruntergerasselt, und dann hat er gesagt: ›Mein Junge, weißt du, was sie alle gemeinsam haben?‹ Und ich hab gesagt: ›Sie sind klug.‹ Da hat er gelacht und gemeint: ›Sie sind klug, aber was sie wirklich gemeinsam haben, ist, dass alle sie hassen.‹«
»Das alte Sprichwort, dass man nicht erfolgreich sein kann, ohne dass einen die anderen hassen.«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Keine Sorge«, versicherte sie, »ich halte mich an unsere Abmachung. Die Kriminalabteilung gehört dir.«
»Nicht wenn es nach dem Weißen Haus geht.«
»Wenn der Präsident seine Richter bestätigt haben will, dann wird er nichts dagegen haben … glaub mir.«
Kline nahm einen großen Schluck von seinem Drink. »Also, wie geht’s jetzt weiter?«
»Wie wär’s erst einmal mit einem schönen Abendessen?«
»Oh«, sagte er und überlegte einen Augenblick. »Das wäre toll, aber ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Eigentlich sollte ich schon weg sein.«
Lonsdale sah in seine verdammten blaugrauen Augen und stellte sich einen Moment lang vor, wie es wäre, ihn zu küssen. »Aber ich bin doch gerade erst gekommen.«
»Du bist mit fünfundvierzig Minuten Verspätung gekommen«, erinnerte er sie.
»Ich bin nun mal Senatorin«, erwiderte sie lächelnd. »Ich habe jede Menge Termine.«
Kline trat einen Schritt zurück und lachte unbekümmert. »Die schönste Senatorin im Land.«
Lonsdale errötete. »Mit solchen Komplimenten erreichst du einiges.«
»Das muss ich mir merken, aber das mit dem Abendessen müssen wir leider verschieben.«
Lonsdales Stimmung sank, doch sie ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. »Ich weiß«, begann sie, »ich habe auch noch drei Termine heute Abend, aber ich hätte gern ein bisschen Gesellschaft gehabt.«
»Das nächste Mal«, versicherte er rasch. »Ich versprech’s.«
»Gut.« Um die Zurückweisung nicht länger im Raum stehen zu lassen, bot sie ihm ihre Wange und sagte: »Du gehst jetzt besser.«
Kline küsste die glatte Haut unter ihrem hohen Wangenknochen, dann ging er hinein. Lonsdale sah ihm nach, wie er ihr Büro durchquerte, und als er schließlich draußen war, seufzte sie tief und fächelte sich mit ihrer freien Hand Luft zu.
47
Ralph Wassen betrat das geräumige Büro und bemerkte sofort den niedergeschlagenen Ausdruck auf dem Gesicht seiner Chefin. Er war Wade Kline draußen auf dem Flur begegnet und nahm deshalb richtigerweise an, dass ihre schlechte Stimmung mit dem Wunderknaben vom Justizministerium zu tun hatte. Es war ohnehin nicht seine Art, lange um den heißen Brei herumzureden, und so kam er auch jetzt gleich auf den Punkt. »Du willst mit ihm schlafen, nicht wahr?«
»Wie bitte?«, fragte sie erschrocken.
»Jetzt tu nicht so schockiert.«
»Äh …«, stammelte sie.
»Ich hab’s gewusst.«
Sie lächelte. »Kann sein, dass mir der Gedanke schon mal gekommen ist.«
»Damit werd ich einen Haufen Geld gewinnen.«
Lonsdale fasste ihn am Arm. »Was?«
»Im Büro haben wir eine Wette laufen«, sagte er in übertrieben unschuldigem Ton.
»Du bist so ein alter Lügner.«
»Tja, du kennst mich eben.« Wassen ging zur Bar und schenkte sich einen Scotch ein. »Und …«, sagte er schließlich, »warum tust du’s nicht?«
Lonsdale ließ sich auf das Seidensofa sinken und schlüpfte aus ihren Pumps. »Das weißt du doch, oder?«
»Nein, keine Ahnung.«
»Also, erstens … ist er ein bisschen jung.«
»Das hat dich doch früher auch nicht gestört.«
»Bei ihm ist es anders.«
»Warum?«, fragte er und setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber.
»Er verdankt mir seinen Job.«
»Na und? Das ist doch hier in der Stadt nichts Besonderes.«
»Er ist verheiratet.«
»Das spielt heutzutage auch keine große Rolle mehr.«
»Bist du nicht dafür da, mir zu sagen, was das Beste für mich ist?«
»Bin ich auch. Ich finde nur, dass du in letzter Zeit nicht so gut drauf bist.«
»Nicht gut drauf?«
»Du weißt schon … ein bisschen zickig.« Er nippte an seinem Drink.
»Also soll ich mit jemandem schlafen, damit das vergeht?«
»So ungefähr, ja. Es wird dir keiner einen Vorwurf machen. Jedenfalls nicht an der Basis. Die Hyänen werden vielleicht ihre Chance wittern, dich anzugreifen, aber die Sache könnte dein Image sogar aufpolieren. Ihr beide wärt ein tolles Paar.«
»Ich bin alt genug, um seine Mutter zu
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