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Der Gegenschlag - Extreme Measures

Der Gegenschlag - Extreme Measures

Titel: Der Gegenschlag - Extreme Measures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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und Bin Laden hatten seit Jahren keines mehr benutzt, und auch die anderen Führer der Al-Kaida und der Taliban verwendeten es nur sehr sparsam. Dutzende Männer waren schon getötet oder gefasst worden, nachdem sie einen Anruf gemacht hatten. Es war mehr als einmal vorgekommen, dass jemand nur ein kurzes Gespräch führte, und plötzlich kam eine Rakete angeschossen und riss ihn in Stücke.
    »Schalt es ein«, forderte Hakim ihn auf. »Vergiss nicht … du bist eine Nadel im Heuhaufen.«
    Sie hatten schon oft darüber gesprochen. Im gebirgigen Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan lebten nicht einmal eine Million Menschen auf Tausenden Quadratkilometern. Nur wenige hatten ein Handy, und das Netz war sowohl für digitale als auch analoge Telefone nur sehr lückenhaft ausgebildet. Das Einzige, was
wirklich verlässlich funktionierte, waren Satellitentelefone, und das machte die Sache noch gefährlicher. Satellitentelefone waren sehr teuer und selten, und sie funktionierten mit Hilfe von Satelliten, die fast ausschließlich westlichen Telekommunikationsgesellschaften gehörten. Außerdem hatte die Regierung der Vereinigten Staaten angeblich einen ihrer KH-12-Spionagesatelliten in einem geosynchronen Orbit über der Region, und dazu noch eine Unzahl von unbemannten Luftfahrzeugen und Spionageflugzeugen. Es war klar, dass man in einer solchen Umgebung nicht gern telefonierte, aber hier in Amerika hatte praktisch jeder ein Handy, und die amerikanische Regierung war nicht berechtigt, ohne Ermächtigung durch ein Gericht Telefone abzuhören.
    Karim schloss die Augen und drückte die Taste. Zehn Sekunden später zeigte das kleine Display an, dass alles so funktionierte, wie es sollte. Er blickte sich um und tippte dann die Nummer aus dem Gedächtnis ein. Seine Hände waren kalt und feucht, als er das Telefon ans Ohr hielt und dem seltsamen Klingelton lauschte.
    »Hallo«, meldete sich eine Stimme, die nur den Hauch eines Akzents verriet.
    »Joe«, sagte Karim mit brechender Stimme. »Ich bin’s, Chuck. Wie geht’s?«
    Es folgte eine unnatürlich lange Pause, dann antwortete die männliche Stimme: »Gut, Chuck. Bist du in der Stadt?«
    »Ja.«
    »Willst du nicht vorbeikommen?«
    »Ja.«
    »Wann bist du ungefähr hier?«
    Karim deckte das Telefon mit der Hand ab. »Wie lange dauert es, bist wir dort sind?«, fragte er.

    »Zwanzig Minuten.«
    Karim gab die Information weiter und verabschiedete sich. »Er hat nervös geklungen«, sagte er zu Hakim.
    »Normal.« Hakim zuckte die Schultern, als wäre es ihm völlig egal.
    »Wie lange bist du mir noch böse?«, fragte Karim.
    »Weiß ich nicht. Wie viele Unschuldige wirst du noch abschlachten?«
    Die Frage kam nicht ganz unerwartet, doch sie tat trotzdem weh. »Im Krieg gibt es nun einmal Opfer.«
    »Wenn du mitmischst, dann sicher.«
    »Wäre es dir lieber, wenn ich das Schicksal der gesamten Operation in die Hände eines dreiundzwanzigjährigen Jungen lege, der mir keine Treue schuldet?«
    »Da ist sie wieder - deine alte Stammesmentalität.«
    »Durch meine Stammesmentalität sind wir so weit gekommen.«
    »Nein«, erwiderte Hakim entschieden. »Ich habe dich so weit gebracht … ich und ein dreiundzwanzigjähriger Junge, dem du es vergolten hast, indem du ihm eine Kugel in den Kopf gejagt hast.«
    Karim wollte jetzt nicht streiten. Er wollte diesen großen Moment genießen - die Fahrt mitten durch das Herz der amerikanischen Hauptstadt. »Was willst du von mir?«
    »Ich will, dass du mit mir redest, bevor du etwas so Unüberlegtes tust. Ich habe viel Zeit in diesem Land verbracht. Ich verstehe ihre Kultur. Ich weiß, was hier auffällt und was nicht. Die Männer haben ja Videos gesehen und die Sprache gelernt, aber sie klingen trotzdem irgendwie gespreizt. Sie wirken nervös, und das macht wiederum die Amerikaner nervös, und so fällt man dann auf.«

    Karim hörte die Kritik gar nicht gern. »Und was hat das damit zu tun, dass ich deinen Freund getötet habe?«
    Hakim hörte den Zynismus in Karims Stimme. »Es hat sogar sehr viel damit zu tun«, antwortete er in scharfem Ton. »Er war ein Verbündeter, und ein sehr wertvoller sogar. Er hätte für uns nach dem richtigen Weg fragen können, oder Essen holen oder sonst irgendwas, ohne Aufsehen zu erregen. Ihr alle wirkt so steif und unnatürlich, dass man fast Verdacht schöpfen muss. Ich habe noch keinen von euch lächeln sehen. Nicht ein Mal, den ganzen Tag. Auch wenn ihr’s vielleicht nicht glauben wollt - die

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