Der Gegenschlag - Extreme Measures
Worte hatten eine ernüchternde Wirkung auf den Ausschuss. In etwas leiserem Ton fügte er hinzu: »Wir verzetteln uns in der ganzen Scheiße, die in dieser Stadt abläuft, und dabei vergessen wir eine ganz simple Tatsache.« England zeigte auf Rapp und sagte: »Er ist auf unserer Seite.«
58
Nachdem Verteidigungsminister England den Ausschusssaal verlassen hatte, verlangten einige der Senatoren eine fünfzehnminütige Pause, damit sie General Garrisons Aussage lesen konnten. Lonsdale nahm den Antrag ohne weiteres an, vor allem, weil sie sich selbst sammeln und überlegen musste, wie sie weiter vorgehen sollte. Sie ging in ihr Büro im Dirksen Building und setzte sich mit Wassen und einigen hochrangigen Mitarbeitern zusammen. Sie waren alle der Meinung, dass sie die Sache mit Leland vorläufig zurückstellen und die Air Force ihre Untersuchung beenden lassen solle.
Nachdem noch keiner von ihnen General Garrisons Aussage gelesen hatte, holte eine ihrer Mitarbeiterinnen das eilig nach, während rings um sie heftig diskutiert
wurde, wie es weitergehen sollte. Als sie fertig war, konnte sie ihrer Chefin den Hoffnungsschimmer geben, den sie brauchte. Nirgends in Garrisons Aussage fand sich ein Hinweis darauf, dass Rapp die Gefangenen misshandelt hatte. Im Gegensatz zu Lelands Aussage, der detailliert geschildert hatte, was Rapp mit den Gefangenen gemacht hatte. Wassen war skeptisch, was diesen Punkt betraf, und wandte ein, dass über Lelands ganzer Aussage nun ein Zweifel lag, nachdem ihn sein befehlshabender Offizier als Lügner hingestellt hatte.
Doch Lonsdale brauchte irgendetwas. Sie würde nicht so einfach aufgeben, nachdem England sie in eine so peinliche Situation gebracht hatte. Am Ende würde sie Rapp doch noch erwischen. Lonsdale verkündete, dass sie ganz auf die Misshandlung der Gefangenen setzen würde, und wies ihre Leute an, rasch eine Liste von Fragen zusammenzustellen, während sie zurückging, um die Sitzung wiederaufzunehmen. In den ersten fünf bis zehn Minuten würde es wieder einige Anträge und verfahrenstechnischen Kram zu behandeln geben, bevor sie mit der Befragung von Rapp beginnen würden.
Auf dem Weg zurück in den Ausschusssaal wandte sich Lonsdale an ihren Stabschef. »Was ist los?«, fragte sie. »Du warst so still.«
Wassen blickte zu Boden. »Ich bin lang genug bei dir, um zu wissen, wann ein Einwand zwecklos ist.«
»Du siehst es anders als ich?«
»Es kommt oft vor, dass ich etwas anders sehe als du.«
»Aber du sagst es normalerweise freiheraus.«
»Ich hab dir schon gesagt, wie ich darüber denke, und ich finde, Minister England hat es auch recht nett auf den Punkt gebracht.«
»Minister England ist ein alter Schaumschläger«, sagte sie, während sie einen vorbeigehenden Senator mit einem künstlichen Lächeln ansah.
»Hast du dir schon einmal in aller Ruhe und ganz unbefangen überlegt, worum es bei der ganzen Sache eigentlich geht?«
Lonsdale antwortete nicht sofort. »Natürlich. Das mache ich ständig.«
»Bullshit«, stellte Wassen kurz und bündig fest. »Ihr Politiker seid wie Eltern. Ihr nehmt euch einer Sache an, als wär’s euer Kind, und dann könnt ihr es nicht mehr objektiv betrachten.«
»Das stimmt nicht.«
»Und ob es stimmt, und der Verteidigungsminister hat es ja gerade bewiesen.«
»Inwiefern?«, fragte sie.
»Indem er darauf hingewiesen hat, dass Rapp auf unserer Seite ist.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, erwiderte Lonsdale.
»Gott«, stöhnte Wassen, »du bist manchmal unmöglich. Glaubst du vielleicht, die Terroristen sind auf unserer Seite?«
»Red keinen Unsinn.«
»Dann sag mir … auf welcher Seite steht Rapp? Nach allem, was er bis jetzt getan hat, kann man doch wohl sagen, dass er eindeutig auf der Seite steht, die mit diesen Terroristen aufräumen will.«
»Dann sag du mir, Ralph«, konterte Lonsdale gereizt, »wer steht eigentlich auf der Seite der Verfassung und der Bill of Rights?«
»Geschichte ist deine Achillesferse, Barbara. Ich glaube nicht, dass du dich da auf eine Diskussion mit mir einlassen willst.«
»Was zum Teufel soll das jetzt wieder heißen?«, fragte Lonsdale, als der Ausschusssaal weiter vorne am Gang in Sicht kam.
»Diese beiden Dokumente wurden über die Jahre immer wieder in Blut getränkt. Es ist nicht so, dass sie von Männern wie Jefferson ersonnen wurden und nur aufgrund ihrer hohen Ideale überlebt haben. Es musste manchmal auch Blut fließen, um sie am Leben zu erhalten.«
»Du bist
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