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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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keine Sorge, wir werden kein Problem haben, ein Taxi zu bekommen.»
    Neben den Briefkästen am Eingangspfad wartete Amir Teimuri auf uns, er hatte sich herausgeputzt, sah aber schäbig und angeschlagen aus, mit einem grauen Rucksack, klein und vollgestopft. Er strengte sich an, seinen Blick nicht von mir abzuwenden. Doch er schwieg. Ich lächelte ihn verzweifelt an. Er nickte den Frauen höflich zu, versuchte mir eine Umarmung aufzuzwingen und hielt mich weiter am Nacken, während wir zusammen auf den Gehsteig zusteuerten. Wir hielten ein Taxi an. Eine junge Fahrerin, ganz in Schwarz gekleidet. «Wohin möchten Sie bitte?» Zahra führte Frau Safureh vorsichtig auf die Straße, öffnete ihr die Tür. Amir schlug verlegen die Augen nieder. Er musste nichts sagen, ich begriff. Es war ihm unangenehm, sich in einen solchen Wagen, Frauen und Männer gemischt, hineinzuzwängen. Er bedeutete mir, lass, Kami, das ist unwichtig an einem solchen Tag, doch mir war wichtig, dass er sich wohl fühlte. Vielleicht sollte er am Fenster sitzen, überlegte ich, und ich in der Mitte, als Puffer zwischen ihm und Zahra, dann würde er keine direkte Berührung mit ihr haben. Genügte das? Nein, das ist nicht genug, dachte ich, es wird ihn stören, dass ich mit ihr in Körperkontakt bin in seiner Gegenwart. Und wenn er vorne säße? Da hatten die beiden Sitze genügend Abstand voneinander, um eine zufällige Berührung zwischen ihm und der Fahrerin zu verhindern. War das genug? Nein, das war nicht genug, es war nicht fair, ihn einer solchen Unannehmlichkeit auszusetzen, denn die Fahrerin war nicht unattraktiv. War Frau Safureh unattraktiv genug? Eine alte Frau, annähernd vergleichbar der Mutter seiner Großmutter, und wenn Zahra vorn sitzen würde und Frau Safureh neben mir, wäre das in Ordnung?
    Ich bestand darauf. Also wechselten wir das Taxi, nahmen einen Wagen von der alten Sorte, in dem der durchgängige Vordersitz für drei reichte. Amir und ich quetschten uns neben den Fahrer. Die Frauen breiteten sich hinten aus. Frau Safureh fiel ein, dass ihr Mann, der verblichene Dichter, in solchen Augenblicken gerne ein bekanntes arabisches Sprichwort zitiert hatte. «Die Welt ist wie eine Gurke, sagte er immer, einmal in deiner Hand und einmal in deinem Hintern.» Und Zahra gab zurück, dass ihr Mann nun kein Dichter gewesen sei, aber in den dunkelsten Stunden zu sagen pflegte: «Gott wird uns für alles verzeihen, denn dafür ist er da.» Eigentlich habe er das irgendwie von einem deutschen Dichter gestohlen oder so ähnlich, sie erinnere sich nicht oder wisse es nicht mehr, aber es spiele ja auch gar keine Rolle. Wir bahnten uns langsam den Weg zwischen den Spuren der Schnellstraße nach Tadschrisch, und am al-Quds-Platz, zwischen den Luxusgebäuden, den Berg hinauf. Der Stau war unerträglich, doch wir ertrugen ihn. Die Minuten weigerten sich vorzurücken, und ich hatte keine Kraft, etwas zu sagen. Ich stellte meine Gedanken ruhig. Das Taxi ruckte in holprigen Sätzen vorwärts. «Das Jahr entschwindet schnell», sagte der Fahrer, «der Tag der Islamischen Republik ist schon vorbei, der Tag der Natur auch, bald ist der Jahrestag Chomeinis, die Lautsprecher werden wieder heulen, uns mahnen, traurig zu sein und uns drei Tage nicht zu rasieren, und dann kommt schon der Sommer, Allah sei gesegnet.» Amir legte eine warme Hand auf meinen Handrücken. In den Nachrichten wieder ein Terroranschlag in Indien. Frau Safureh bemerkte, dass die jungen Gläubigen zu geil seien, das sei das ganze Problem, Sex mit Jungfrauen im Paradies wollten sie, daher die Selbstmordattentate. Sie legte die Stirn in Falten und knurrte zornig in sich hinein. «Letztendlich bin ich ein umgänglicher und angenehmer Mensch, Allah liebt uns schließlich, oder nicht? Was könnte er an uns nicht lieben?» Zahra entgegnete erzürnt: «Nun, was soll sich der Mensch mit Fragen abgeben, die nicht in seiner Macht stehen, lassen wir das.» Und das Radio spielte.
    Die Staus lösten sich auf, aber die alte Frau verlor die Geduld. Sie mochte eigentlich generell keine Taxis, wie sie erklärte, ein Gemeinschaftstaxi kann man vielleicht noch in Betracht ziehen, diese weißen mit dem orangefarbenen Streifen. «Man steht am Randstein, schreit dem Fahrer, der das Fenster immer offen hat, das Ziel zu. Wenn er in die Richtung fährt, hält er. Einfach bequem. Auch die blauen oder weißen Taxis mit dem blauen Streifen, die eine feste Route haben, sind bequem. Aber die mit dem schwarzen

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