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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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Kami», murmelte sie. «Es ist besser für dich, den Leuten zu misstrauen.»
    «Den Amerikanern?», fragte ich verwirrt.
    «Wenn du mich fragst, zweifellos. Schließlich hätte das hier eine sozialistische Revolution sein sollen. Sie war es anfangs auch. Also mach die Augen auf und frag dich, wie es geschehen konnte, dass sie auf einmal von Chomeini und den schwarzen Mullahs vereinnahmt wurde. Das passierte, weil jemand in London, Paris und Washington dachte, dass der Sozialismus für den Kapitalismus viel gefährlicher sei, als ein religiöses Regime jemals werden könnte. Jemand war Ende der Siebziger bereit, um jeden Preis die kleinste Chance zu zertrampeln, dass hier ein neues Regierungssystem entstand, das, da sei Gott davor, mit der Roten Armee fraternisieren würde. Also haben sie diese alten Irren auf uns losgelassen. Ja, ich bin auf alle wütend, was man mir nicht verübeln kann.»
    «Du glaubst doch nicht wirklich, dass der Westen Chomeini hier an die Macht gebracht hat», widersprach ich. «Das waren wir, das ist unsere Schuld.»
    «Ihr jungen Leute, ihr habt ein höchst dürftiges Geschichtswissen und ein träges Gedächtnis. Eure Eltern wurden hier jahrelang von einer grausamen Geheimpolizei unter amerikanischer Protektion verfolgt. Unseren Zorn haben sich die Amerikaner selbst zuzuschreiben, ihr solltet ihnen nicht so schnell verzeihen.»
    «Aber du hast den Schah unterstützt, du hattest es gut unter dem Schah», beharrte ich.
    «Ich hatte es sehr gut», antwortete sie, «es war die Blindheit. Allah möge dem unglücklichen Schah verzeihen, dass er dieses schwarze Grauen über uns gebracht hat, dieser Narr.» Ihre letzten Silben klangen abgehackt, als wollte sie nichts weiter dazu sagen.
    «Für wen bist du dann jetzt, Zahra? Für was? Ich verstehe nicht.»
    «Ich weiß nicht. Ich weiß es nicht, und im Grunde kümmert es mich auch nicht.»
    «Auch mir ist es egal, ich meine, die Geschichte, aber in Amerika herrscht Freiheit und bei uns nicht.»
    Ihr Gesicht wirkte nicht bitter, sondern durchaus ruhig und schlicht. Sie tat mir leid. In diesem Leben, das hier wie ein Pendel zwischen toleranter Öffnung und konservativer Verhärtung hin- und herschwang, gab es für Zahra kein Refugium. Sie war immer gefangen. Seitdem verlangt wurde, dass Filme auf der Leinwand mit dem Satz: «Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen, das Ministerium für Kultur und islamische Ausrichtung präsentiert …» zu beginnen hatten, seit Alkohol, Berührungen und weibliches Haar nicht mehr vorkommen durften, war kein Platz mehr für jemanden wie sie, denn selbst wenn sie versuchen würde, die Figur einer frommen Mutter zu spielen, würde das Publikum ihr das nicht abnehmen. Das Publikum hatte sie anders in Erinnerung. Die tragische Wahrheit ist, dass der Boykott ausländischer Unterhaltung unsere Filmindustrie mehr denn je blühen ließ. Studios schossen an jeder Straßenecke aus dem Boden, die Leinwand sprach persisch. Zahra hätte sich hervorragend gemacht, wirklich hervorragend, aber dennoch hielt man sie fern, in der tiefsten Dunkelkammer. Sogar als der Reformminister Atallah Mohadscherani Genehmigungen für Filme und Theaterstücke zu erteilen begann, die seit Jahren nicht erlaubt worden waren, übergingen sie Zahra, sie hatte Spielverbot. Die meisten Freunde von damals waren inzwischen reich und tummelten sich zu dieser Jahreszeit in Luxushotels auf der Insel Kisch, keiner von ihnen interessierte sich noch für sie. Die gewitzten künstlerischen Regisseure, die hier Filme drehten, die nur im Ausland gezeigt werden durften, hielten sie für nicht beweglich, nicht versiert genug. Das Elternhaus des verstorbenen Arian, das auch das meines Vaters war, hatte man ihretwegen beschlagnahmt. Nur das Teheraner Wohnhaus war ihr geblieben und der scharfkantige Peykan mit den altmodischen rechteckigen Scheinwerfern, den ich ins Leben zurückzuholen versprochen hatte.
    Die Straßen barsten vor Privatfahrzeugen in Schwarz, Weiß, Grau, Anthrazit, und gelben Taxis, und darunter sprang nur Zahras Wagen grell ins Auge, sogar im trüben Licht der Straßenlaternen. Die regnerischen Winter hatten den Alterungsprozess gebremst. Zahra passierte den Wagen, wenn sie in der Nacht hinausging, in einen Regenmantel und ein schwarzes Tuch gehüllt, und betrachtete das paralysierte Skelett. Manchmal streichelte sie fast über seine Oberfläche, wollte den Schmutz berühren, doch ihre Hand blieb in der Luft hängen, und dann schritt sie langsam

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