Der geheime Name: Roman (German Edition)
gehen. Sonst wäre er tot. Schwindel fegte durch seinen Kopf. Gegen die Ausdauer und die Wut des Keilers hatte er keine Chance, und mit dem kurzen Messer kam er nicht nah genug an das Tier heran, um ihm einen tödlichen Stich zu versetzen.
Es war nur noch eine Frage von Augenblicken, bis der Keiler ihn zu Boden warf, nur noch eine Frage von Minuten, bis er ihn töten würde.
Plötzlich erhob sich ein Tumult um sie herum, das Galoppieren unzähliger Hufe, panisches Quieken und Grunzen, während die Rotte in wilder Flucht an ihnen vorbeiraste. Der Keiler hielt inne und sah seinen Artgenossen nach. Ein Frischling fiel neben ihnen zu Boden, Blut spritzte aus einer Halswunde. Mora erkannte die Fußspuren, die daneben im Schnee erschienen, wendeten und auf den Keiler zurasten.
Das Tier bemerkte die Gefahr nicht, bis es aufquiekte und buckelnd um sich schlug.
Der Geheime wurde sichtbar. Er saß auf dem Rücken des Keilers, klammerte sich mit seinen Beinen fest, während das Tier tobte und im Kreis sprang. Blitzschnell beugte der Herr sich vor, seine Klinge reflektierte das Mondlicht, bevor er sie durch den Hals des Keilers zog.
Die Beine des Wildschweins knickten ein. Der Geheime sprang von seinem Rücken herunter, landete geschmeidig auf den Füßen und sah zu, wie der Keiler hinfiel, wie seine sterbenden Herzschläge das Blut in den Schnee pumpten und das letzte Wölkchen aus seinen Nasenlöchern entwich.
Mora keuchte, seine Glieder zitterten. Er fühlte, wie seine Haut brannte und das Blut aus seinen Wunden heraussickerte.
Der Herr hob seinen Blick von dem Keiler und fixierte Mora mit seinen riesigen Augen. Seine Oberlider schoben sich halb darüber und verengten sie zu Schlitzen.
Mora erschrak vor der Hässlichkeit des Geheimen. Er fiel auf die Knie, warf sich vor ihm auf den Boden.
»Nun ist Morasal ihm etwas schuldig. Meint es nicht?« Die Stimme des Herrn klirrte durch die Nachtluft.
Mora hielt den Atem an. Er drückte sich noch tiefer in den Schnee, spürte, wie das Eis anfing, auf seiner Haut zu brennen.
»Meint es nicht?«, drängte der Geheime.
Mora schloss die Augen. »Ja, Herr.«
Ein Schnurren löste sich aus der Kehle des Wichtes, kam näher, als er sich zu Mora herunterbeugte. »Dann soll es seinen Auftrag zu Ende führen. Es soll ihm das Weibchen bringen. Gleich morgen früh soll Morasal sein letztes Salz benutzen und sie in den Tarnkreis des Geheimen führen.«
Mora fühlte eine Hand auf seinen Haaren, ein zärtliches Streichen, wie der Herr es nur selten für ihn bereithielt.
»Es ist ein guter Diener, ein ehrlicher Diener, nicht wahr? Und das Weibchen ist seinem Herrn versprochen. Schon seit langem. Deshalb ist sie in den Wald gekommen. Sie wartet nur darauf, dass Morasal sie endlich zu dem Geheimen bringt.«
Moras Gedanken wirbelten durcheinander. Konnte es sein, dass Fina zu seinem Herrn wollte?
Er konnte nicht darüber nachdenken. Die Hand des Geheimen schob sich unter sein T-Shirt, entblößte seinen Rücken und streichelte über die nackte Haut. »Morasal ist gefährlich für sie. Das hat das Menschenscheusal doch inzwischen verstanden, nicht wahr?«
Mora fing an zu schlottern. Die Hand des Herrn erreichte seinen Po, streichelte mit den Fingerspitzen darüber. »Morasal will sie besitzen. Es will sein böses Gefühl an ihr stillen.« Der Geheime beugte sich zu seinem Ohr. »Aber das Menschenscheusal wird ihr sehr weh tun, wenn das passiert. Will es das? Oder sollte es das Weibchen nicht besser in die Obhut des Geheimen entlassen?«
Die Hand des Herrn verschwand. Doch kurz darauf kehrte etwas anderes zurück. Mora fühlte, wie sich die Lederbänder der Peitsche über seinen Rücken legten. Ganz langsam kratzten die harten Knötchen über seine Haut. »Wird Morasal sie also zu ihm bringen?«
Moras Hände krallten sich in den Schnee. »Ja, Herr. Sein Diener wird gehorsam sein.«
Die Messer des Herrn klirrten an seinem Gürtel, während er zur Seite trat. »Sehr gut.« Ein zufriedenes Lächeln schwang in seiner Stimme. Die Lederbänder kitzelten ein letztes Mal über Moras Rücken und zogen sich zurück. »Dann soll das Menschenscheusal ihr heute etwas zu essen kochen. Es ist nicht höflich, ein Weibchen hungern zu lassen. Und es soll ihr ein Bad bereiten. Die Weibchen mögen es nicht, schmutzig zu sein. Hat es das verstanden?«
Mora drückte seine Wange in den Schnee. »Ja, Herr.« Sein Körper zuckte, wartete noch immer auf die Schläge.
Etwas Schweres klatschte neben ihm in den
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