Der geheime Name: Roman (German Edition)
in ihrem Aroma, und er wusste, dass sie alles tun würde, um das Leben zu erhalten, ihres und das ihrer Lieben. Ein Mütterchen, das kämpfte und pflegte. Erneut strömte das Kribbeln durch seine Adern. Sie war die Richtige.
22. Kapitel
W ann immer der Geheime sie unbeobachtet ließ, kauerte Fina neben Moras Lager. In dichten Abständen goss sie Wasser zwischen seine Lippen, in der Hoffnung, dass er wenigstens einen Teil davon schluckte. Gleichzeitig flüsterte sie ihm zu, versuchte, ihn aus seinem Schlaf hervorzulocken, und erklärte ihm, warum sie gelogen hatte. Im Laufe der Tage verbrachte sie viele Stunden bei ihm, in denen der Alte draußen fischte und jagte, in denen er Holz holte oder das Fleisch seiner Beute verarbeitete. Manchmal kam es Fina noch so vor, als beobachtete er sie argwöhnisch, bevor er ging – doch jedes Mal, wenn sein Blick über Moras Lager glitt, breitete sich ein hämisches Grinsen auf seinem Gesicht aus.
Je häufiger Fina sein Grinsen beobachtete, desto unruhiger wurde sie. Moras Wunden sahen mit jedem Morgen besser aus, bis sich sogar der erste Schorf von der neuen Haut löste. Dennoch wartete sie vergeblich darauf, dass er aufwachte. Immer größer wurde ihre Angst, dass die Helfer des Moores seinem Körper womöglich einen Schaden zugefügt hatten, der oberflächlich nicht zu sehen war. Was, wenn sie einen Weg in sein Gehirn gefunden hatten, wenn sie sein Bewusstsein zerstört hatten und er bis zum Ende seines Lebens im Koma liegen würde?
Mit jedem Tag wurde Finas Angst größer, mit jedem Mal, wenn sie die Häme im Gesicht des Alten sah. Manchmal wollte sie auf ihn losgehen, wollte ihm die Wahrheit entlocken – aber sie wusste, wie vergeblich eine Auseinandersetzung mit ihm wäre.
Solange sich der Alte in der Hütte aufhielt, gab sie vor, sich kaum für den Diener zu interessieren. Dennoch schien es ihr bald, als würde der Geheime ahnen, was sie während seiner Abwesenheit tat. Immer häufiger trug er ihr Arbeiten auf, bevor er ging: Sie sollte kochen oder die Wäsche waschen, sollte aufräumen und den Boden fegen.
Fina tat alles, was er von ihr verlangte. Aber sie schälte die Kartoffeln neben Moras Lager, beeilte sich mit allem anderen und machte bei allem, was sie verrichtete, einen Umweg an ihm vorbei, um wenigstens durch seine Haare zu streichen oder ihm ihre Sorgen und Gedanken ins Ohr zu flüstern.
* * *
Ihre Stimme fing an, ihn zu begleiten. Er konnte die Worte nicht verstehen, doch ihr Ton klang zärtlich, wärmte seinen Körper und schien die Schmerzen daraus zu verbannen. Manchmal streifte ihr Atem seine Haut, etwas Weiches legte sich an seine Stirn, strich über seine Wange. Doch wann immer er versuchte, sie anzusehen, fand er nicht einmal die Kraft, die Augen zu öffnen.
Zwischendurch hörte er das Lachen des Herrn. Dann schien sie weit fort zu sein, und er wartete vergeblich auf ihre Nähe. Manchmal ahnte er auch die Ruhe der Nacht, lauschte den beiden atmenden Stimmen in der Stille, die aus der gleichen Richtung zu ihm drangen. In solchen Momenten zog ein Schmerz durch seine Brust, den er kaum ertragen konnte.
Irgendwann begriff Mora, dass er schlief. Vage erinnerte er sich an die Schmerzen, an seinen letzten klaren Gedanken, der ihn glauben ließ, er würde sterben. Jemand musste ihn gerettet haben, er würde weiterleben, warum auch immer. Noch bevor er wieder stark genug geworden war, um seine Augen zu öffnen, wusste er, dass alles an dieser Stimme hing, die hin und wieder neben ihm auftauchte. Er wollte sie ansehen, wollte ihre Worte verstehen und herausfinden, ob ihre Zärtlichkeit nur ein Traum war.
Schließlich war es ein Duft, der sich durch seine Nase schlängelte, sich zu einem Geschmack auf seiner Zunge sammelte und ihm endlich die Kraft gab, seine Augen zu öffnen.
Fina stand hinter der Feuerstelle und bemühte sich, die riesigen Kessel in den Halterungen hin- und herzuschwenken. Schweiß glänzte auf ihrem Gesicht, und an ihren Schläfen klebten verschwitzte Haarsträhnen. Sie wischte sich darüber, schniefte und blinzelte, bis er sich fragte, ob die Nässe womöglich von ihren Tränen stammte.
Wie eine kleine hilflose Dienerin stand sie dort hinter dem Feuer, wie er in seiner Kindheit, als die Kessel noch viel zu schwer für ihn gewesen waren.
Was tat sie hier? Warum war sie zurückgekommen? Der Herr durfte sie nicht versklaven, durfte sie nicht besitzen!
Ein furchtbares Nagen zog durch Moras Magengrube. Er musste ihr helfen, richtete
Weitere Kostenlose Bücher