Der geheime Name: Roman (German Edition)
zu zweit in der Hütte allein gelassen hatte, waren gezählt. Nur zwei Tage lang durfte Fina das Essen noch an Moras Lager bringen. An diesen Tagen lebte sie für den winzigen Moment, in dem er die Schale aus ihren Händen nahm, in dem sie seine Finger streifte, bevor der Blick des Herrn sie auseinanderweichen ließ.
Doch schon ab dem dritten Tag waren auch diese Momente vorüber. Der Geheime scheuchte seinen Diener aus dem Bett und trug ihm Arbeiten auf, die er mit seinem geschwächten Körper kaum verrichten konnte. Der Alte ließ ihn die schweren Wasserkessel schleppen und lachte lauthals, wenn sie aus seinen Händen glitten. Stundenlang musste Fina zusehen, wie Mora Holz hackte, während sein Herr hinter ihm stand und ihn mit der Peitsche bedrohte. Sie zuckte unter Moras Qual, bemerkte das Zittern seiner Muskeln, den Schweiß auf seiner Haut und streifte den gepressten Ausdruck auf seinem Gesicht. Aber über seine Lippen kam kaum ein Laut, und in seinem Blick lag eine Beherrschung, die sie schaudern ließ.
Nach wenigen Tagen erklärte der Alte ihr, dass sie bald eine Herrin sei und lernen müsse, ihrem Diener zu befehlen. Er nannte ihr die Aufgaben, die Mora verrichten sollte, und lauerte darauf, ob sie ihre Befehle hart genug bellte. Er erkannte jedes mitleidige Schimmern in ihren Augen und wies sie für ihre Weichheit zurecht.
Jedes Mal, wenn sie ihm befehlen musste, war sie versucht, Moras Blick zu erhaschen. Wenigstens aus ihren Augen sollte er die Entschuldigung lesen.
Doch Mora hielt seinen Kopf tief gesenkt und warf sich pflichtschuldig vor ihr auf den Boden. Nur das schnelle Heben und Senken seiner Schultern verriet die Nervosität, wenn er vor ihr lag.
Während Mora sich in stundenlangen Arbeiten verausgabte, hockte sich der Alte schließlich an den Tisch und schnitzte etwas, das Fina am ersten Tag noch nicht erkennen konnte. Erst als er begann, lange Lederschnüre daran zu binden und sie mit harten kleinen Knötchen zu versehen, ahnte sie, was es werden würde.
Mit einem grimmigen Lächeln band der Geheime schließlich einen Gürtel um Finas Hüften und hängte die neue Peitsche hinein.
Es war am Abend des fünften Tages. Der Wicht stand noch vor ihr und zurrte den Gürtel fest, als Mora mit einem Stapel Feuerholz hereinkam.
Fina begegnete seinem Blick. Seine Augen weiteten sich, als er die Situation erfasste, die Peitsche entdeckte und Fina in die Augen sah.
Kaum merklich schüttelte sie den Kopf. Sie würde es nicht tun! Sie würde ihn nicht schlagen, auch dann nicht, wenn der Herr es verlangte.
Der Schreck ließ Moras schwarze Augen aufleuchten. Sein Mund bewegte sich, und sie meinte, ein Wort von seinen Lippen zu lesen: Doch.
Fina wollte sich wehren, wollte ihn mit lautlosen Worten anflehen. Aber sie wusste, dass er recht hatte: Wenn der Herr es verlangte, musste sie es tun. Jeder Widerstand konnte ihr Spiel enthüllen.
Plötzlich fuhr der Wicht zu Mora herum, fast so, als hätte er ihn erst jetzt bemerkt.
Mora duckte sich, trug das Holz zum Feuer und begann, es daneben aufzuschichten. Seine Muskeln zitterten, und Fina fragte sich, ob es seine Angst war oder die Erschöpfung oder die winterliche Kälte, die über seinen halbnackten Körper herfiel. Wenigstens durfte er inzwischen eine Art Fellweste und eine halblange Fellhose tragen, wenn er nach draußen ging. Doch auch das reichte wohl kaum aus.
»Das Menschenscheusal ist unerträglich langsam heute, meint sie nicht auch?« Die Stimme des Geheimen klang scheinheilig. »Ein fauler Diener, der endlich lernen sollte, seine neue Herrin nicht so anzustarren.«
Ein panisches Gefühl zuckte durch Finas Körper. Sie musste Mora retten, musste es schaffen, bevor der Geheime seine Bestrafung verlangen konnte: »Der Diener starrt sie nicht an. Er ist gehorsam und macht alles richtig.«
Der Herr sprang zu ihr herum, stieß seine spitze Nase in ihre Richtung. »Er? Es ist ein ›Es‹. So wird sie die Kreatur nie beherrschen. Ruf sie das Scheusal zu sich!«
Fina wich seinem Blick aus, sie wusste, dass sie nicht zögern durfte, dass sie ihr Schauspiel beibehalten musste. Sie ließ den Hass auf das Männlein durch ihre Kehle rinnen. Nur so konnte sie den Befehl bellen, wie der Herr es sie gelehrt hatte: »Morasal!«
Mora wirbelte herum, warf sich vor ihr auf den Boden. »Ja, Herrin?« Seine Stimme klang beherrscht und unterwürfig. Doch Fina glaubte, sie in einem winzigen Knacksen brechen zu hören.
Der Geheime gluckste. Er hob seinen Fuß an
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