Der geheime Name: Roman (German Edition)
gesehen?
Hatte sie am Ende vielleicht sogar etwas mit dem Auftrag zu tun, den Mora zu erfüllen hatte?
Falls der Herr von ihr wusste, dann könnte er Mora vielleicht erklären, warum sie wieder hergekommen war, warum sie sich ein zweites Mal ins Moor gestürzt hatte, um ihn zu erreichen.
Vielleicht wollte sie gar nicht zu ihm? Vielleicht war sie auf dem Weg zu seinem Herrn?
Womöglich war das sogar sein Auftrag: das Weibchen zu dem Geheimen zu geleiten.
Mora starrte in die Dunkelheit des Waldes. Auf einmal wünschte er sich, der Herr möge zurückkommen. Er sollte ihm endlich weitere Anweisungen zu seinem Auftrag geben, sollte ihm sagen, was er mit dem Weibchen zu tun hatte.
Doch es war nicht an Mora, den Herrn um Anweisungen zu bitten. Der Herr würde sich an ihn wenden, wenn die rechte Zeit gekommen war.
Plötzlich fiel Moras Blick auf ein kleines Säckchen, das wenige Ellen entfernt auf einem großen Findling lag. Salz!
Er ging darauf zu und hob es auf. Also darum war der Herr hier gewesen. Mora hatte fast sein ganzes Salz verbraucht, um dem Weibchen ein Tor zu streuen. Nur so hatte sie nach ihrem letzten Besuch den Tarnkreis verlassen können.
Ohne neues Salz wäre sie auf immer bei ihm eingesperrt.
Mora atmete auf. Also wusste der Herr von ihr und hatte ihn dennoch nicht bestraft. Dann war ihre Anwesenheit also tatsächlich ein Teil seines Auftrages.
Mora wog das Salz in den Händen. Es war viel. Um einiges mehr, als der Geheime ihm jemals anvertraut hatte.
Dann musste das Weibchen von großer Bedeutung sein, eine wichtige Herrscherin, die selbst im Reich des Geheimen ein und aus gehen durfte.
Mora ahnte, dass der Geheime noch immer in der Nähe war und ihn beobachtete. Er verneigte sich gehorsam gegen die Dunkelheit und kletterte zurück in seine Höhle.
Trockener Sand rieselte von der Decke und begleitete den Rhythmus seiner Schritte, während er zu seinem provisorischen Schlaflager ging. Auch sein Schaffell fühlte sich sandig an, als er sich daraufsetzte.
Hastig sah Mora zur Decke. Seit er hier lebte, hatte die Erde genug Zeit gehabt, um zu trocknen. Jetzt löste sich der Sand daraus, und womöglich reichte die geringste Erschütterung, um die Decke zum Einsturz zu bringen.
Mora blickte zu dem schlafenden Weibchen. Die Höhle durfte nicht über ihr zusammenstürzen. Solange er allein hier gelebt hatte, wäre es egal gewesen – aber jetzt war sie hier, und er durfte nicht zulassen, dass ihr etwas geschah!
Gleich morgen würde er damit beginnen, die Höhlendecke mit einer Holzkonstruktion abzustützen. Aber solange sie schlief, für den Rest dieser Nacht, war sie schutzlos.
Ein weicher Schmerz zog durch Moras Körper. Nur er konnte sie behüten. Er krabbelte zu ihr, kniete sich neben sie und beugte sich über ihr Gesicht.
Wenn die Decke einstürzte, dann sollte sie wenigstens noch eine Weile Luft zum Atmen haben. Vielleicht würde es ihm dann gelingen, sich nach oben zu graben und sie zu befreien.
* * *
Fina wachte von etwas Schwerem auf, das auf ihre Brust drückte, so fest, dass sie kaum noch Luft bekam. Sie öffnete die Augen und zuckte zusammen.
Der Fremde lag halb auf ihr und schlief. Das Feuer war fast heruntergebrannt und warf nur noch einen rötlichen Schimmer auf sein Gesicht.
Wieder wünschte Fina sich, seine Miene unter dem schwarzen Bart zu erkennen. Sie wollte sehen, ob er friedlich aussah, ob er lächelte oder ob sich Furcht auf seinem Gesicht abzeichnete. Sie wünschte sich einen Hinweis darauf, warum er bei ihr schlief.
Doch ganz gleich, warum er ihr so nah gekommen war – es fühlte sich vertraut an.
Fina musste lächeln. Sie schob ihn vorsichtig von ihrer Brust, bis er neben ihr auf dem Lager lag. Es war breit genug für sie beide, und jetzt, da er ohnehin schon hier geschlafen hatte, konnte er auch für den Rest der Nacht bleiben.
Fina stand auf und schüttelte ihren Arm, der unter seinem Gewicht eingeschlafen war. Sie holte sein Fell, klopfte krümeligen Sand heraus und deckte ihn zu.
Ganz leise schlüpfte sie zurück unter ihre Felle und drehte sich in seine Richtung. Schließlich schloss sie die Augen und atmete seinen Geruch.
Sie war in ihrem geheimen Traum! Sie hatte ihn gefunden.
* * *
Als sie zum zweiten Mal erwachte, war das Lager neben ihr leer. Der Duft von Gebackenem strömte in ihre Nase.
Fina schlug die Augen auf und blickte zum Feuer. Der wilde Junge hockte dahinter und wendete ein dünnes Fladenbrot auf einem Stein. Der Fladen zischte, als er
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