Der geheime Name: Roman (German Edition)
der Geheime den Ring, zeigte dem Weibchen die Peitsche, die an seinem Gürtel hing, und hörte sie noch einmal schreien.
Der Klang ihrer Stimme gefiel ihm. Er wünschte sich mehr davon. Doch alles zu seiner Zeit! Wenn sie erst ihm gehörte, würde es noch genug Nächte geben wie diese.
Er ließ den Ring los und sah zu, wie sich ein friedlicher Zug über ihr Gesicht legte. Schließlich verhüllte er den beringten Finger mit der anderen Hand und tauchte ihn in Dunkelheit. Morgen früh würde sie sich nicht mehr an den Traum erinnern.
Mit lautlosen Schritten wandte er sich ab, kroch aus der Höhle hinaus und konnte sich nicht davon abhalten, laut zu lachen.
Der Schall zuckte und hallte bis weit durch den Wald. Der Geheime hörte Vögel auffliegen und Rehe davonhasten. Doch am deutlichsten spürte er die Angst seines Dieners, hörte sie in der Stille, mit der Morasal die Luft anhielt – fast so, als würde er glauben, dass er seine Regungen vor seinem Herrn verbergen konnte.
»Es ist ein törichtes Menschenscheusal!« Der Geheime spuckte den Satz in das Herbstlaub, ließ noch einmal das zufriedene Lächeln über sein Gesicht gleiten und rannte mit schnellen Schritten davon in seinen eigenen Tarnkreis.
13. Kapitel
F ina wurde von einem ohrenbetäubenden Lärm geweckt, den sie nicht einordnen konnte. Sie riss die Augen auf. Schwaches Tageslicht drang durch das Loch über dem Feuer.
Doch der Lärm kam vom Eingang. Sie erfasste eine schnelle Bewegung vor dem Erdtunnel.
Fina sprang auf die Füße, bereit zu fliehen.
Erst im nächsten Moment begriff sie, dass Mora den Lärm verursachte. Er schlug mit einem Holzhammer auf einen schmalen Baumstamm ein, der neben dem Eingang stand, auf einen zweiten Stamm, den er darübergelegt hatte und über eine Nut mit dem ersten verkeilte.
Er baute etwas.
Finas Schreck beruhigte sich allmählich. Sie musste nicht fliehen. »Was machst du da?«
Mora fuhr zu ihr herum. In seinem Blick lag etwas Wildes, Gehetztes. Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass es doch eine Gefahr geben musste.
Ihre Furcht kehrte zurück, wurde noch schlimmer als zuvor. »Was ist los?«
Mora ließ den Hammer sinken. Seine nackte Brust bewegte sich auf und ab. Schweiß glänzte auf seiner Haut, ließ sie ahnen, dass er schon lange in diesem Tempo arbeitete.
Fina ging auf ihn zu. Sein Gesicht war fast noch schöner als am Tag zuvor: der Blick seiner weiten Augen … wie der Blick eines Kämpfers, der alles aufs Spiel setzte, um seine Familie zu beschützen.
Mora hatte keine Familie, es gab nur sie in dieser Höhle.
Fina hielt den Atem an. »Was ist passiert? Wovor hast du Angst?«
Mora antwortete nicht. Stattdessen wurde sein Blick so eindringlich, als wollte er ihr Bild in sich aufnehmen – fast so, als wäre es das letzte Mal, dass sie sich sahen.
Fina blickte hastig nach unten, schaute auf Moras Beine, auf seine nackten Füße.
Er trat einen Schritt näher, so nah, dass er sie fast berührte. Fina schloss die Augen. Sie wünschte sich, dass er es tat. Sie wollte seine Hand an ihrer Wange spüren, an ihrer Schulter. Er sollte den Bann aufheben, der über ihnen lag. Sie wollte endlich wissen, ob er das Gleiche fühlte wie sie, ob er auf die gleiche Weise verwirrt war.
»Der Winter wird bald sehr kalt werden.« Moras Stimme strich über ihre Haare. »Es baut eine Tür, damit die Kälte nicht in die Höhle vordringen kann.« Ein leichtes Beben lag in seinen Worten, eine Anspannung, die seiner harmlosen Erklärung widersprach.
Fina öffnete die Augen, ihr Blick fiel auf den Stapel Bauholz, der im Eingang lag. Es waren schmale Baumstämme, die er, offensichtlich heute Morgen, geschlagen haben musste und die er bereits zurechtgestutzt hatte.
Seit wann arbeitete er schon?
Das Licht, das durch die Luke fiel, war noch gräulich, als wäre die Sonne noch nicht einmal aufgegangen. Das Feuer darunter war beinahe heruntergebrannt.
»Warum hast du es plötzlich so eilig?«, hauchte Fina. »Gestern lag der Winter auch schon vor uns. Aber da hast du noch nicht gebaut.«
Mora wich vor ihr zurück. Er ging zu seinem Türrahmen, hielt das Holz fest und hob den Hammer. Er schlug zu, zweimal, dreimal, ließ den Hammer schließlich sinken und ging zur anderen Seite des Rahmens. »Er arbeitet immer so schnell.« Seine Lippen bewegten sich weiter, als wollte er die Worte erst ausprobieren, bevor er sie aussprach: »Damit die Kälte mich nicht erfrieren lässt.«
Fina erstarrte. Er hatte in Ich-Form gesprochen,
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