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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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hatte den Satz so fehlerlos formuliert, als beherrschte er es schon lange.
    Moras Blick streifte sie. Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Fina musste lachen, die Anspannung fiel von ihr ab. »Du hast so gesprochen wie ich! Ohne Fehler! Seit wann kannst du das?«
    Mora strich weiter über den Rahmen. »Ich …« Wieder bewegten sich seine Lippen. »Ich lerne es in der Nacht.«
    Fina hielt den Atem an. In der Nacht? In der Nacht hatte er schon Bauholz geschlagen … und die Stämme auf die passende Länge gehauen. »Und wann schläfst du?«
    Mora hielt inne. Für einen kleinen Moment lehnte er den Kopf gegen den Türrahmen. Als er wieder aufsah, wirkte die Bewegung müde. »Ich … schlafe nicht.«
    Finas Gedanken fingen an zu rasen. Er schlief nicht? Das konnte nicht sein! Sie hatte schon gesehen, wie er schlief, viele Stunden lang, als er krank war – an dem ersten Morgen, nachdem sie in der Höhle übernachtet hatte, als er auf ihrer Brust eingeschlafen war. »Doch, du schläfst. Jeder Mensch muss schlafen.«
    Mora lachte auf. Für einen Moment klang sein Lachen so warm, dass Finas Herz einen Satz machte. Bis sich der Klang verwandelte, in ein atemloses Gelächter, das kaum noch aufhören wollte. Eine Spur von Irrsinn glühte in seinen Augen.
    »Hör auf«, flüsterte Fina, betrachtete die Art, mit der er sich umsah, als würde ihn jemand verfolgen.
    Wie lange hatte er nicht geschlafen? Menschen bekamen Halluzinationen, wenn sie nicht schliefen. »Hör auf!« Fina wurde lauter.
    Moras Lachen klang immer hysterischer, überschlug sich in einem kieksenden Laut.
    Fina schrie ihn an: »Du sollst endlich aufhören!«
    Mora verstummte, warf sich vor ihr auf den Boden. »Es bittet um Verzeihung, Herrin.«
    Fina schloss die Augen. »Wann hast du zuletzt geschlafen, Mora?«
    Sein Atem strich über ihre Füße, flatterte so hektisch, dass der Sand vom Boden aufwirbelte. Schließlich hielt er inne, schien sich mühsam zu sammeln: »Als es krank war, Herrin. Und manchmal für kurze Zeit am Ende der Nacht.«
    Fina schluckte. Sie konnte es nicht ertragen, dass er so vor ihr lag und sie Herrin nannte, dass er nicht schlief und sich auf so subtile Weise quälte. Sie ließ sich vor ihm auf die Knie und beugte sich zu ihm. Im ersten Moment wollte sie über seine Haare streicheln, wollte ihn an den Schultern fassen und damit zum Aufstehen bewegen.
    Doch nichts wäre schlimmer, als wenn er jetzt vor ihr zurückwich. »Bitte sieh mich an«, flüsterte sie.
    Mora richtete sich auf. Nur sein Kopf blieb gesenkt.
    »Du musst schlafen, Mora. Jeder muss schlafen.« Sie versuchte, einen Blick in seine Augen zu erhaschen.
    Er schüttelte den Kopf. »Es kann nicht schlafen, solange sie bei ihm ist. Sie ist so hilflos, wenn sie schläft. Jedes Tier könnte kommen und sie fressen. Sie könnte ihr Leben im Schlaf verlieren. Und wenn Mora genauso schliefe wie sie, dann würde er es nicht einmal bemerken, dann könnte er ihr nicht einmal helfen.« Mora hielt atemlos inne. Ganz langsam sah er auf, blickte sie schließlich mit so klaren Augen an, als hätte es seinen seltsamen Ausbruch nie gegeben. »Ich muss … dich beschützen, Fina.«
    Ein winziger Laut löste sich aus ihrem Mund. Seine Worte rieselten durch ihr Inneres. Noch nie zuvor hatte er ihren Namen ausgesprochen.
    Moras Blick wurde so weich, dass Fina die Augen schließen musste. Er sollte sie endlich berühren, sollte sie in den Arm nehmen und küssen.
    Doch er berührte sie nicht. Allein sein Atem klang so verzweifelt, wie sie sich fühlte. Im nächsten Moment sprang er auf. Er hob den Hammer vom Boden und lief zu seinem Türrahmen. Mit kräftigen Schlägen hieb er darauf ein, immer wieder, bis Nut und Feder längst ineinandersaßen, bis das Holz anfing zu splittern.
    Der Schmerz in Finas Brust explodierte. Sie wich vor Mora zurück, hielt sich die Ohren zu. »Hör auf! Du machst alles kaputt!«
    Mora hörte nicht auf. Immer weiter schlug er auf den Rahmen ein.
    Tränen traten in Finas Augen. Wie lange hatte er nicht mehr richtig geschlafen? Eine Woche? Noch länger? Er war nicht mehr er selbst. »Hör auf!«, schrie sie. »Du weißt nicht mehr, was du tust! Du musst schlafen!«
    Der nächste Schlag blieb aus. Mora sackte nach vorne, stützte sich auf die Knie und ließ den Hammer aus seiner Hand gleiten. »Es kann nicht schlafen, es muss zuerst die Tür bauen.«
    Fina wischte die Tränen aus ihren Augen. »Die Tür wird nie eine Tür werden, wenn du nicht

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