Der Geheime Orden
als ich in die Grüne Linie umstieg, stand ich eingepfercht zwischen all den anderen Konzertbesuchern. Die Straßen in der Nähe der Halle waren so voller Menschen, dass wir uns wie ein einziger großer Organismus zwischen den Absperrungen hindurchwanden und große Bögen um die berittenen Polizisten auf ihren riesigen Pferden schlugen. Ich hatte mir vorgenommen, Ashley zu überraschen, indem ich früher erschien als sie, doch als ich mich durch die Türen quetschte, war ich nur noch fünf Minuten zu früh. Selbst bei dem Chaos in der Eingangshalle brauchte ich nicht lange, um sie an unserem Treffpunkt unter dem aufgehängten Larry-Bird-Trikot zu finden.
»Du bist früh dran«, sagte sie, schaute auf die Uhr und lächelte. Sie hatte eine andere Frisur, geglättet, gestuft und an den Enden gewellt. Sie hatte sogar Make-up aufgelegt und einen neuen rosa Lippenstift aufgetragen. Ich hatte nicht gedacht, dass sie noch hübscher aussehen konnte, aber sie hatte einen Weg gefunden, das Perfekte noch zu verbessern.
»Ich wäre den ganzen Weg von Cambridge hierher gerannt, wenn es keine andere Möglichkeit gegeben hätte«, sagte ich. »Nie im Leben wäre ich diesmal zu spät gekommen.«
»Was ich dir auch nicht empfohlen hätte«, sagte sie und kam nahe genug an mich heran, dass ich ihr Parfüm riechen konnte – süßer Apfel mit einem Hauch von Zimt. »Ein Gentleman lässt seine Frau niemals warten.«
Ich war vollkommen perplex über ihre Bemerkung. »Hast du seine gesagt?«, fragte ich, bevor sie es zurücknehmen konnte. »Wie nett von dir, dass du endlich zugibst, wo wir wirklich stehen.«
»Immer langsam mit den jungen Pferden, Mr. Harvard«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es war nur ein kleiner Versprecher. Wollen wir nicht lieber hineingehen, bevor es anfängt?«
Sie reichte mir die Eintrittskarte. Ich ließ ihr den Vortritt, damit ich es besser genießen konnte, wie die anderen Jungs sie anstarrten. Wir warfen uns ins Getümmel, das sich vor den Einlasstoren gebildet hatte, und es war schlimmer als bei jedem Spiel der Celtics, das ich gesehen hatte. Verkäufer boten alles feil, von Musikkassetten über bedruckte T-Shirts bis zu Autogrammkalendern. Alte Sicherheitskräfte mit roten Knollennasen und pockennarbigen Gesichtern standen da und bellten Anweisungen wie Schäferhunde, die ihre widerspenstige Herde zusammentrieben. Wir mussten mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen dastehen, während sie uns mit Metalldetektoren absuchten. Es war schwierig, sich dabei nicht wie ein Verbrecher zu fühlen, und ich konnte den Gedanken nicht ganz ausschließen, dass genau das auch ihre Absicht war.
Wir bewegten uns langsam die alten Rampen hinauf und erreichten schließlich die dunkle Tribüne. Ich war positiv überrascht, als wir unsere Sitzplätze gefunden hatten. Ich hatte damit gerechnet, dass wir in schwindelerregender Höhe unter dem Dach hocken müssten, aber wir befanden uns in der unteren Hälfte der Tribüne und hatten einen großartigen Blick auf die Bühne.
»Du hast ein paar tolle Plätze erwischt«, sagte ich, nachdem wir es uns bequem gemacht hatten. Die restlichen Sitzplätze füllten sich schnell.
»Wir sitzen zwar nicht Parterre«, sagte sie, »aber diese hier waren das Beste, was ich mir leisten konnte. Die Küchenarbeit macht mich nicht gerade reich.«
»Warst du schon auf anderen Konzerten hier?«
»Nur ein einziges Mal. Vor ein paar Jahren habe ich in einer Radiosendung Karten für ein Prince-Konzert gewonnen. Ich bin mit meinem Bruder gegangen.«
»Ich liebe Prince«, sagte ich. »Wie war er?«
»Unglaublich. Alle hatten immer nur gesagt, dass er bloß seine neuen Sachen spielen würde. Aber an dem Abend sang er alles, von Purple Rain bis zu Little Red Corvette. Drei Stunden nonstop. Es war phantastisch. Keiner wollte gehen.«
Ein lautes Ploppen knackte durch die Verstärkeranlage; dann kam ein elektrisches Brummen, gefolgt von totaler Finsternis. Stille fiel über die Menge. Dann sprangen Leute von ihren Sitzplätzen auf, und alle brachen in donnernden Applaus und begeisterte Pfiffe aus. Die Bühne war kohlrabenschwarz. Dann ertönten zuerst die Drums, gefolgt von der elektrischen Gitarre und den Keyboards. Schließlich warfen Scheinwerfer ihr grelles Licht auf die Bühne, und da standen sie in ihren glänzenden Silberanzügen mit passenden Sonnenbrillen und schwarzen Hüten. Innerhalb weniger Sekunden begann die Menge zu toben und zu tanzen und Candy Girl zu
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