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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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wurde aufgestoßen, und herein kam ein junges Mädchen mit einem Tablett voller Tafelsilber. Sie hatte leuchtend rotes Haar, war mit Sommersprossen übersät und trug eine Uniform, die wie angegossen an ihrem kompakten Körper saß. Dalton und ich tauschten anerkennende Blicke. Erma wies das Mädchen an, nur das Christofle-Silber ins Speisezimmer zu bringen und den Rest wegzuräumen.
    »Wer bist du denn?«, fragte Dalton.
    »Sophia«, sagte das Mädchen. »Und wer bist du?«
    »Ich bin der Fahrer vom alten Spencer hier«, sagte Dalton und deutete mit einem Nicken auf mich. »Warum sind wir uns noch nicht früher begegnet?«
    »Ich habe erst vor ein paar Wochen angefangen hier zu arbeiten«, sagte sie. »Warum habe ich dich noch nicht kennen gelernt?«
    »Das wäre schon längst passiert, wenn Erma kein Geheimnis daraus gemacht hätte, dass du eingestellt worden bist«, sagte Dalton.
    »Benimm dich, Dalton«, sagte Erma. »Sophia, das ist Dalton, der Sohn von Mr. und Mrs. Winthrop. Und das ist sein Mitstudent Spencer.«
    »Angenehm«, sagte Sophia, bevor sie sich durch eine andere Tür entfernte, die zum Speisezimmer führte.
    »Lass mich raten, wer sie eingestellt hat«, sagte Dalton. »Eines muss man dem alten Herrn ja lassen. Er liebt es, von seinem Reichtum abzugeben.«
    Erma schüttelte den Kopf. »Bitte, benimm dich heute Abend«, sagte sie. »Ich möchte nicht, dass du während des Abendessens für Ärger sorgst, hörst du?«
    Dalton und ich verdrückten die letzten Kekse und gingen zur Tür. »Ich und Ärger?«, sagte Dalton. »Also wirklich, Erma. Ich würde nie im Leben den großen Imperator in Verlegenheit bringen.«
    Erma rief uns etwas hinterher, aber wir waren schon durch die Tür. Wir nahmen die hintere Treppe in den ersten Stock und gingen zu Daltons Zimmer am Ende des Flurs. Unsere Kleidung war bereits auf dem Bett ausgelegt worden. Ich vergaß zu erwähnen, dass Schlips und Jackett zu den Abendessen im Hause Winthrop Pflicht waren. Ob es nur für uns vier war oder bei einem Haus voller Gäste, wir hatten uns dem Anlass angemessen zu kleiden. Mrs. Winthrop überließ wenig dem Zufall, also war letztes Jahr ein Schneider in meinem Zimmer erschienen und hatte mir mitgeteilt, dass er mir meine Maße für eine Hose und ein Jackett abnehmen werde. Von diesem Augenblick an wartete eine ganze Garderobe voller angemessener Kleidungsstücke auf Dalton und mich, wenn wir zum Abendessen kamen.
    Als wir uns fast fertig umgezogen hatten, sagte Dalton: »Wir sollten uns einfach nach unten schleichen und abhauen. In den Wagen springen und zu Tecce’s im North End fahren.«
    Tecce’s war Daltons Lieblingsrestaurant, ein traditionelles Lokal mitten in Bostons kleiner italienischer Fressmeile. Wir gingen nach jedem Spiel der Celtics dorthin; wenn wir keine Zeit hatten, dort zu essen, ließen wir uns die Speisen einpacken und nahmen sie mit nach Cambridge. Dalton war vom Chef bis zum Pikkolo mit allen per du.
    »Deine Eltern würden uns umbringen, wenn wir jetzt verschwinden«, sagte ich. »Noch schlimmer, sie könnten auf den Gedanken kommen, ich hätte etwas damit zu tun. Verdammt noch mal, wir werden jetzt da runtergehen.« Ich hatte nicht das geringste Bedürfnis, den Zorn von Aurelius Winthrop auf mich zu ziehen. Es hatte schon große Mühe gekostet, ihn zu bewegen, mich als Gast an seinem Tisch zu akzeptieren. Ich wollte das alles nicht mit einem einzigen unüberlegten Streich wegwerfen.
    »Okay, dann werden wir in den sauren Apfel beißen«, sagte Dalton. »Dann dürfen wir zumindest den ganzen Abend Sophias Anblick genießen. Hast du ihre Möpse gesehen?«
    »Umwerfend«, sagte ich. »Aber ich dachte, du stehst nicht auf Rothaarige? «
    »Wie kommst du auf den abwegigen Gedanken? Ich mag keine, die sie hier anschleppen, um mich mit ihnen zu verkuppeln. Aber was Sophia zu etwas ganz Besonderem macht, ist die Tatsache, dass sie ihm gehört. Mit ihr zu flirten ist die perfekte Methode, ihm den Tag zu versauen.«
    Je mehr Zeit ich mit den Winthrops verbracht hatte, desto mehr begriff ich, dass der Imperator trotz seiner ganzen Steifheit und seiner elitären Denkweise ein Bild der Gegensätze bot. In vielerlei Hinsicht war er ein Heuchler der Spitzenklasse, der Dalton ständig Predigten über Verantwortung und den Ruf der Familie hielt, um im nächsten Augenblick direkt im eigenen Haus das Dienstmädchen zu vögeln. Die meisten Angestellten der Winthrops waren Relikte der Vergangenheit, alte treue Diener, die ihr

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