Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen
Kristalle berührt, ist es, als würde man eins mit der Magie. Sie fließt durch deine Adern. Und dann vermagst du in der a n deren Welt das Gleiche zu tun wie hier im Mag i schen Reich.«
Felicity hält ihre Hand noch ein wenig dichter an einen der Stäbe. »Merkwürdig. Als ich näher g e kommen bin, hat er aufgehört zu summen.«
Ich kann nicht widerstehen. Ich strecke meine Hand aus, nicht so weit, dass ich den Kristall berü h re, aber ziemlich nahe an ihn heran. Ein Energi e strom erfasst mich. Meine Augenlider flattern. Das Verlangen, den Kristall zu berü h ren, ist überwält i gend.
» Gemma! «, ruft Mutter.
Schnell ziehe ich meine Hand zurück. Mein Am u lett glüht. »W-was war das?«
»Du bist gewissermaßen die Rohrleitung«, erklärt Mu t ter. »Die Magie fließt durch dich hindurch.«
Felicitys Gesicht verdüstert sich. Aber plötzlich kommt ihr eine Idee und sie grinst von einem Ohr zum anderen. Sie lehnt sich auf ihre Ellbogen zurück. »Stellt euch vor, wir hätten diese magische Kraft in Spence!«
»Dann könnten wir tun, was wir wollen«, setzt Ann hi n zu.
»Ich würde einen Schrank voll mit den allerm o dernsten Kleidern haben. Und haufenweise Geld.« Pippa kichert.
»Ich würde für einen Tag unsichtbar sein«, sagt Felicity.
»Das würde ich nicht«, sagt Ann heftig.
»Ich könnte Vaters Schmerz lindern.« Ich schaue zu Mutter. Ihre Augen verengen sich.
»Nein«, sagt sie, während sie die Figur wieder au f trennt.
»Warum nicht?« Meine Wangen glühen.
»Wir würden vorsichtig sein«, sagt Pippa.
»Ja, schrecklich vorsichtig«, pflichtet ihr Felicity bei. Sie versucht Mutter umzustimmen, als wäre sie eine von uns e ren Lehrerinnen, die sich leicht um den Finger wickeln la s sen.
Mutter zerknüllt das Garn in ihrer Faust. Ihre A u gen blitzen. »Sich diese Kraft zu eigen zu machen, ist kein Spiel. Es ist harte Arbeit. Und es bedarf gründlicher Vorb e reitung, nicht wilder Neugier übe r eifriger Schulmädchen.«
Felicity ist bestürzt. Ich nehme die Bemerkung persö n lich und bin empört, vor meinen Freundinnen gerügt wo r den zu sein. »Wir sind nicht übereifrig.«
Mutter legt mir mit einem leisen Lächeln die Hand auf den Arm und ich fühle mich beschämt, weil ich mich so kindisch benommen habe. »Alles zu seiner Zeit.«
Pippa schaut sich einen der Kristallstäbe genau an. »Was sind das für Zeichen hier unten am Fuß?«
»Das ist eine alte Sprache, älter als Griechisch oder L a tein.«
»Aber was heißt es?«, will Ann wissen.
»Ich verändere die Welt. Die Welt verändert mich.«
Pippa schüttelt den Kopf. »Was bedeutet das?«
»Alles, was du tust, kommt zu dir zurück. Wenn du eine Situation beeinflusst, beeinflusst das auch dein Leben.«
»Mein Fräulein!« Der Ritter ist zurückgekommen. Er hat eine Laute mitgebracht und stimmt ein Lied an, in dem er Pippas Schönheit und Tugend besingt.
»Ist er nicht traumhaft? Ich glaub, ich sterbe vor Glück. Komm, lass uns tanzen!« Ann am Ärmel hinter sich he r ziehend läuft Pippa auf den hinreißenden Troubadour zu. Die Runen sind völlig vergessen.
Felicity klopft ihren Rock ab und folgt ihnen. »Kommst du auch?«
»Gleich«, rufe ich ihr nach.
Mutter nimmt die Garnschlinge wieder auf und mit fli e genden Fingern arbeitet sie weiter an ihren kunstvollen F i guren. Plötzlich hält sie inne. Schließt die Augen und stöhnt, als sei sie verwundet.
»Mutter, was ist? Geht es dir gut? Mutter!«
Als sie die Augen wieder öffnet, atmet sie schwer. »Es kostet so viel Kraft, es fernzuhalten.«
»Was fernzuhalten?«
»Das Ungeheuer. Es sucht noch immer nach uns.«
Das kleine Mädchen mit dem schmutzigem G e sicht guckt hinter einem Baum hervor. Mit weit au f gerissenen Augen schaut es meine Mutter an. Mu t ters Gesicht wird weich. Ihr Atem geht wieder normal. Sie ist die unu m schränkte Autorität, an die ich mich erinnere –geschäftig in unserem Haus hantierend, Befehle erteilend, im alle r letzten Moment die Tischordnung ändernd. »Es besteht kein Grund zur Besorgnis. Ich kann die Bestie eine Weile an der N a se herumführen.«
Felicity ruft nach mir. »Gemma, du versäumst das Alle r beste.« Die drei wirbeln umeinander herum, schwingen gemeinsam das Tanzbein zum Rhythmus der Laute.
Mutter beginnt das Garn zu einer neuen Figur zu schli n gen. Ihre Hände zittern. »Warum machst du nicht mit? Ich möchte gern sehen, wie du tanzt. Also los, Liebling.«
Widerwillig schlendere ich zu meinen
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