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Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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sitz auf einem Altar, umgeben von brennenden Kerzen. Es ist friedlich hier. Kein Laut ist zu hören außer dem Gurren von Vögeln. Ich fühle keine Furcht. Ich halte meine Fi n gerspitzen an die orange-blaue Kerzenflamme, aber ich spüre w e der Hitze noch Schmerz. Ein zarter Lilienduft weht durch die offene Tür herein. Ich wünschte, ich kön n te jene Blumen meiner Kindheit sehen, die Blumen meiner Mutter und Indiens, und dann, plötzlich, sind sie überall. Der Raum ist voll blühender weißer Blumen. Ich habe das gemacht –allein mit der Kraft m einer Gedanken. Es ist so schön, dass ich für i m mer hierbleiben möchte.
    »Mutter?« Meine Stimme ist leise und hoffnung s voll.
    Der Raum wird heller und gleißender. Ich kann sie nicht sehen, aber ich kann sie hören. »Gemma …«
    »Mutter, wo bist du?«
    »Ich kann mich hier nicht zeigen oder lange ble i ben. Dieser Wald ist nicht sicher. Überall sind Spi t zel.«
    Ich weiß nicht, was sie meint. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich hier bin. Dass sie hier ist.
    »Mutter, was geschieht mit mir?«
    »Gemma, du besitzt besondere Kräfte, mein Li e bes.«
    Ihre Stimme hallt im Tempel wider. Mein Liebes, Li e bes, Liebes …
    Mein Hals ist wie zugeschnürt. »Ich verstehe es nicht. Ich kann sie nicht kontrollieren, überhaupt nicht.«
    »Du wirst es lernen, mit der Zeit. Aber du musst deine Kraft nutzen, musst sie einsetzen, sonst wird sie verdorren, und sobald sie tot ist, lässt sie sich nicht mehr zurückg e winnen. Das Schicksal hat Gr o ßes mit dir vor, wenn du es annimmst.«
    Das Affchen des Drehorgelspielers taucht auf. Es lässt sich auf der Schulter der Buddhastatue nieder, da sitzt es nun und beobachtet mich.
    »Es gibt Leute, die nicht wollen, dass ich meine beso n deren Kräfte nutze. Ich wurde gewarnt.«
    Mutters Stimme ist ruhig, wissend. »Die Raksch a na. Sie fürchten dich. Sie fürchten sich vor dem, was geschieht, wenn d u versagst, und noch mehr fürchten sie sich vor der Macht, die du haben wirst, wenn es dir gelingt.«
    »Wenn mir was gelingt?«
    »Die Magie, das geheime Wissen des Magischen Reichs, zurückzubringen. Du bist das Bindeglied zum Orden des aufgehenden Mondes. Die Kraft der Magie wohnt in dir, mein Liebes. Du bist das Ze i chen, auf das sie all die Jahre gewartet haben. Aber du bist in großer Gefahr. Sie will deine magische Kraft und sie wird nicht aufhören, nach dir zu s u chen, bis sie dich findet.«
    »Wer?«
    »Circe.« Circe. Circe. Circe.
    »Wo ist sie? Wo kann ich sie finden?«
    »Alles zu seiner Zeit, Gemma. Sie ist viel zu mächtig. Du bist ihr noch nicht gewachsen.«
    »Aber …« Tränen ersticken meine Worte. »Sie ist schuld an deinem Tod.«
    »Sinne nicht auf Rache, Gemma. Circe hat ihre Wahl g e troffen. Du musst deine treffen.«
    »Woher weißt du das alles?«
    Die Blüten der Lilien beginnen sich einzurollen. Sie werden braun und die Blätter fallen auf den steinernen B o den.
    »Unsere Zeit ist um. Du bist hier nicht mehr s i cher. Geh jetzt zurück.«
    »Nein, noch nicht!«
    »Du musst dich auf den Ort konzentrieren, den du hinter dir gelassen hast. Das Tor aus Licht wird e r scheinen. Dann tritt hindurch.«
    »Aber wann werde ich dich wiedersehen?«
    »Du findest mich im Garten. Dort sind wir sich e rer.«
    » Aber wie …«
    »Du musst es nur wollen, aus eigener, freier Entsche i dung, und das Tor wird dich hineinlassen. Ich muss jetzt weitergehen.«
    »Warte – geh nicht!«
    Aber ihre Stimme verliert sich in einem Meer aus G e flüster.
    Weitergehen. Weitergehen. Weitergehen.
    Das Licht wird so hell, dass ich einen Arm vor meine Augen halten muss. Als ich wieder hinsehe, ist der Tempel eine öde Ruine, der Boden mit vertrockneten Blüten übe r sät. Sie ist fort.
     

     
    Dicker Nebel hängt in den Bäumen, als ich den Weg z u rückgehe, dorthin, wo ich Sally Carny verla s sen habe. Ich kann kaum etwas sehen, aber es liegt nicht am Nebel. Es sind die Tränen. Mehr als alles in der Welt möchte ich dort in dem nach Lilien dufte n den Tempel bei meiner Mutter bleiben. Eine dunkle Ge s talt taucht verschwommen vor mir auf dem Weg auf und für einen Moment ist alles vergessen außer dem Schrecken in meinen Gliedern, der Warnung meiner Mutter, dass ich verfolgt werde.
    Ein großer, breitschultriger Mann tritt aus dem Nebel. Er trägt die Militäruniform der Leibgarde I h rer Majestät –kein Offizier, sondern ein einfacher Fußsoldat. Er kommt schüch t ern auf mich zu, seinen Hut in der Hand

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