Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
Moore!« , rufe ich.
»Nein! Gemma , legt ab!« , ruft sie. »Wartet nicht auf mich!«
Unter mächtigem Knarren und Ächzen nimmt die Medusa wieder Kurs auf den Garten. Ich stürze an die Reling , aber Felicity und Pippa ziehen an meinen Armen. Ich kämpfe wie eine Irre.
»Medusa , halte sofort an! Ich befehle dir anzuhalten!«
Aber sie gehorcht nicht. Wir entfernen uns vom Ufer , wo sich das Monster über meiner Freundin auftürmt.
»Miss Moore! Miss Moore!« , brülle ich , bis ich heiser bin , bis mir die Stimme versagt. »Miss Moore« , krächze ich , wä h rend ich auf das Deck des Bootes sinke.
* **
Wir sind zurück im Garten. Meine Augen sind rot und g e schwollen vom Weinen. Ich bin erschöpft und mir ist übel. Ich drehe mich zur Medusa um.
»Warum hast du nicht angehalten , als ich es dir befohlen habe?«
Das dicke , schuppige Haupt schwenkt langsam zu mir he r um. »Mein erster Befehl lautet , dich vor Schaden zu bewa h ren , Gebieterin.«
»Wir hätten sie retten können!« , schreie ich.
Das Haupt wendet sich ab. »Das glaube ich nicht.«
»Gemma« , sagt Ann leise. »Du musst das Tor herbeischa f fen.«
Felicity und Pippa sitzen eng umschlugen , können sich nicht trennen.
Ich schließe die Augen.
»Gemma« , sagt Ann.
»Circes Geschöpf hat sie gepackt und ich konnte es nicht verhindern.«
Niemand weiß etwas Tröstliches zu sagen.
»Ich werde Circe töten« , stoße ich hervor. Meine Wo r te sind hart wie Stahl. »Ich werde ihr in die Augen sehen und dann bringe ich sie um.«
Es kostet enorme Anstrengung , das Tor aus Licht ersche i nen zu lassen. Die anderen müssen mich stützen. Aber schließlich taucht es schimmernd vor uns auf. Pippa winkt zum Abschied und wirft uns Kusshände zu. Ich gehe als Let z te , und während ich warte , werfe ich noch einen Blick auf Pippa. Sie zieht irgendetwas hinter einem Baum hervor. Es ist der Kadaver eines kleinen Tieres. Sie starrt es voll Verlangen an , bevor sie sich hinhockt , als sei sie selbst ein wildes Tier. Sie hebt das Fleisch zum Mund und verzehrt es. Und ihre Augen sind weiß vor Gier.
44. Kapitel
M iss Moore ist fort. Sie ist verschwunden. Ich h a be den Tempel nicht gefunden. Die Rakschana h a ben einen Fehler gemacht , mich mit dieser Aufgabe zu betrauen. Ich bin nicht Nell Ha w kins ’ Lady Hope. Ich bin nicht die Gebieterin , diejenige , die den Glanz des Ordens wiederauferstehen lassen und die Magie z u rückbringen wird. Ich bin Gemma Doyle und ich habe ve r sagt.
Ich bin so müde. Mein Körper schmerzt , mein Kopf fühlt sich an , als sei er mit Baumwolle vollgestopft. Ich möchte mich hinlegen und tagelang schlafen. Ich bin sogar zu müde , um mich auszuziehen. Ich liege auf me i nem Bett. Der Raum dreht sich einen Moment und dann schl a fe ich tief und träume.
Ich fliege über dunkle , regennasse Straßen , durch enge Ga s sen , in denen schmutzige Kinder auf trockenem Brot kauen , das schwarz von summenden Insekten ist. Ich fli e ge weiter , bis ich die Flure von Bethlehem entlang und in Nell Hawkins ’ Zimmer schwebe.
»Lady Hope« , flüstert sie. »Was hast du getan?«
Ich verstehe nicht. Ich kann nicht antworten. Auf dem Ko r ridor sind Schritte zu hören.
»Was hast du getan? Was hast du getan?« , schreit sie. »Jack und Jill gingen auf den Berg , Jack und Jill gingen auf den Berg.«
Ich schwebe auf ihrem wirren Gestammel davon , schwebe hoch über dem Stockwerk , wo die Dame im grünen Mantel unbemerkt durch den dunklen Korridor eilt. Ich schwebe hi n aus in die tintenschwarze Nacht über St. George , als ich Nell Hawkins ’ erstickten Schrei höre.
Ich weiß nicht , wie lange ich geschlafen habe , welcher Tag ist oder wo ich bin , als ich von einer besorgten Mrs Jones geweckt werde.
»Miss , Miss! Sie müssen sich schnell anziehen. Lady De n by ist mit Mr Simon zu Besuch gekommen. Ihre Großmutter hat mir aufgetragen , Sie unverzüglich zu holen.«
»Ich fühle mich nicht wohl« , sage ich und lasse mich aufs Kopfkissen zurücksinken.
Mrs Jones zieht mich hoch. »Sobald sie weg sind , kö n nen Sie sich ausruhen , so viel Sie wollen. Aber jetzt muss ich da r auf bestehen , dass Sie sich schleunigst anziehen.«
Als ich nach unten komme , sind alle im Wohnzimmer ve r sammelt , tief über ihre Teetassen gebeugt. Wenn dieser B e such gesellschaftlicher Natur ist , dann stimmt i r gendetwas nicht. Selbst Simon lächelt nicht.
»Gemma« , sagt Großmama. »Setz dich , Kind.«
»Leider habe ich
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