Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
unbeholfen durch den Schnee , eilig den Rückzug antretend.
7. Kapitel
M eine Damen , darf ich um Ihre werte Aufmerksamkeit bi t ten? Heute Abend wird uns die außerg e wöhnliche Ehre zuteil , die Theatertruppe von Covent Garden bei uns zu Gast zu h a ben. Die Schauspieler haben eine sehr sehenswerte Auffü h rung des Märchens Hänsel und Gretel der Brüder Grimm vo r bereitet.«
Der Schneefall ist inzwischen wieder in Regen übergega n gen. Ich habe gehofft , ich würde nach der Abenda n dacht Zeit haben , mit Felicity und Ann allein zu sein , um ihnen von Ka r tiks Warnung zu erzählen. Doch ausg e rechnet heute hat Mrs Nightwing ein spezielles Pr o gramm für uns geplant. Meine Neuigkeiten werden wa r ten müssen.
Die jüngeren Mädchen sind begeistert , ein gruseliges Mä r chen , komplett mit finsterem Wald und böser Hexe , hautnah , mit eigenen Augen zu erleben. Der Schauspie l direktor , ein großer , beleibter Mann mit gepudertem Gesicht und einem mächtigen , kunstvoll gezwirbelten Schnurrbart , stellt uns die Darsteller vor. Einer nach dem anderen betreten sie die kleine Bühne des Tanzsaals. Die Männer verbeugen sich und die Frauen knicksen. Oder besser gesagt , die Figuren verbeugen sich und knicksen. Die Truppe besteht in Wirklichkeit nur aus Männern. Sogar das arme Ding , das die Gretel spielt , ist ein ung e fähr dreizehnjähriger Junge.
»Alle Darsteller auf ihre Plätze. Bereit machen zum Au f tritt!« , ruft der Direktor mit einer lauten , tiefen Stimme. Die Bühne leert sich. Zwei Paar Kulissenschieberhände manövri e ren ein flaches Waldstück heraus. »Beginnen wir unsere G e schichte dort , wo das Märchen von Hänsel und Gretel anfängt –in einem Haus am Ra n de eines stockdunklen Waldes.«
Die Lichter werden gedämpft. Die Menge im Zuschaue r raum verstummt. Kein Laut ist mehr zu hören außer dem ka l ten Regen , der ununterbrochen gegen die gemarterten Fen s terscheiben schlägt.
»Mann« , ruft die zänkische Frau , »es gibt nicht genug zu essen für uns alle. Wir müssen die Kinder in den Wald sch i cken , damit sie für sich selbst sorgen.«
Ihr Mann , ein Jäger , antwortet wild gestikulierend und mit einer so melodramatischen Stimme , dass man meint , er würde entsetzlich schlechte Schauspieler parodieren. Als klar wird , dass er das nicht tut , kann ich nur noch um meine Beher r schung ringen.
Felicity flüstert mir ins Ohr: »Ich muss gestehen , ich habe mich wahnsinnig in den armen Jägersmann verliebt. Ich gla u be , sein Scharfsinn hat es mir angetan.«
Ich halte mir die Hand vor den Mund , um nicht laut herau s zulachen. »Und ich bin einfach hingerissen von seiner Frau. Vielleicht liegt es an ihrem Bart …«
»Worüber flüstert ihr?« , fragt Ann , was ihr ein scharfes »Pssst« von Mrs Nightwing einträgt , die anmarschiert kommt u nd sich hinter uns stellt. Wir sitzen stocksteif wie Grabsteine und ohne einen Mucks und folgen scheinbar interessiert der Vorstellung. Dabei fürchte ich , dieses lächerliche Spektakel mit verkleideten Männern , die in grellbunten Kostümen Fra u en spielen , keine Min u te länger auszuhalten.
Die Mutter schickt Hänsel und Gretel mit einem krä f tigen Schubs in den Wald. »Das wär ’ s , Kinder. Geht ein Stück we i ter. Alles , was ihr euch wünscht , ist gleich hi n ter dem Wald.«
Hänsel und Gretel wandern in den Wald und kommen zu einem Knusperhaus. Mit weit aufgerissenen Augen und übe r triebenem Lächeln tun sie so , als knabberten sie an den Fen s terläden aus farbigen Bonbons.
Der Schauspieldirektor stolziert an der Rampe entlang. »Je mehr sie aßen , desto mehr wollten sie« , deklamiert er feie r lich. Einige Reihen vor uns tratschen ein paar der jüngeren Mädchen hinter vorgehaltenen Händen. Schließlich fangen sie an zu kichern. Als das Gekicher immer weitere Kreise zieht , verlässt Mrs Nightwing ihren Posten hinter uns , um ander n orts über ihre Herde zu wachen.
Ich möchte Felicity und Ann von Kartik erzählen , aber für ein solches Gespräch werden wir jetzt zu streng be o bachtet. Auf der Bühne wurden die beiden Unglücksr a ben Hänsel und Gretel inzwischen ins Knusperhaus der Hexe gelockt.
»Ihr armen , von aller Welt verlassenen Kinderchen , ich werde für euren Lebensunterhalt sorgen. Ich werde euch alles geben , was ihr begehrt!« Die Hexe wendet sich augenzwi n kernd ans Publikum und wir buhen und zischen wie auf ein Stichwort.
Der Junge , der die Gretel spielt , ruft: »Dann
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