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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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anzweifelten.
    Schließlich ließ man ihn gehen. Mit Ausnahme seiner Unterlassung, Lydia Tamaradzes illegalen Aufenthalt im Lande preiszugeben, lagen keine Hinweise auf eine Straftat seinerseits vor. Diese Unterlassung reichte aber nur, um ihn weiterhin vom Dienst zu suspendieren, nicht, um ihn in Untersuchungshaft zu nehmen. Vincent durfte das Präsidium verlassen, er hegte jedoch keine großen Hoffnungen, dem ihm zugedachten Schicksal zu entrinnen. Er wusste, was ihn erwartete. Das Präsidium hielt in etwa so dicht wie ein Fischernetz. Binnen einer knappen Stunde wussten die Journalisten, um wen es sich bei Ministerpräsident Rasmus Falck Pedersens Fernsehansprache gehandelt hatte. Der dänische Kollaborateur der Einsatztruppe hieß Vincent Paulsen und war Kriminalkommissar bei der Mordkommission der Polizei Kopenhagen.
    Birthe war dem Presseaufgebot vor dem Haus der Familie entflohen. Er fand sie zusammen mit den Töchtern bei einer Freundin. Ihre Verzweiflung darüber, dass ihre Welt auseinanderzubrechen schien, quälte Vincent, aber sie machte ihm wegen der Vorkommnisse keine Vorwürfe. Er brachte sie und die Kinder zu seinen Schwiegereltern, die in Hillerød in einem Einfamilienhaus wohnten, und fuhr dann allein in das Sommerhaus in Tisvildeleje weiter. Als er das Auto in der Einfahrt parkte, kam einer der Nachbarn, ein älterer, pensionierter Schreiner, den Vincent schon fast sein ganzes Leben kannte. Sie gaben sich die Hand.
    »Das war ganz richtig von dir«, sagte der Nachbar. »Unsere Regierung war wie gelähmt. Das hat doch jeder gesehen. Manchmal muss man zu unkonventionellen Methoden greifen.
Nur schade, dass so viele Dänen das Leben lassen mussten, aber das ließ sich wohl nicht ändern. Trotzdem: ein verdammt guter Einsatz!«
    »Ich war nicht …«, sagte Vincent und verstummte dann. »Ich darf nicht über das Ermittlungsverfahren sprechen«, sagte er dann, um sich weitere Erklärungen zu sparen. »Aber glaub nicht alles, was du in der Zeitung liest.«
    »Wie gesagt«, meinte der Nachbar. »Sehr gut gemacht. In solchen Zeiten brauchen wir Männer wie dich.«
    Vincent Paulsen entzog seinem Nachbarn die Hand und ging ins Haus. Dort lagen die Sachen der Kinder und Dinge von Birthe herum. Spielsachen, Kleider und Bücher. Auf dem Fernseher stand eine rotglasierte Tonfigur, die seine ältere Tochter vor mehreren Jahren im Kindergarten angefertigt hatte. Von Lydias Aufenthalt vor einigen Monaten war keine Spur zu entdecken. Alles war vertraut. Aber zum ersten Mal kam ihm das Haus fremd vor.
     
    Kagans Computer war leer. Alles war gelöscht worden.
    »Er hat ein Programm benutzt, um die Festplatte zu überschreiben«, meinte der Kriminaltechniker. »Dieser Bursche wusste, was er tat. Die meisten Leute glauben, dass es genügt, erst das Dokument zu löschen und dann auch noch den Papierkorb zu leeren, damit alles verschwindet.«
    »Ja«, erwiderte Skov. »Landet dann nicht alles im Cyberspace? Oder im Nirwana?«
    »Das Einzige, was beim Löschen verschwindet, ist die Information, wo sich das Dokument befindet. Es ist also ungefähr so, als würde man ein Buch in einer Bibliothek unter einem falschen Buchstaben einordnen. Man muss die Informationen einige Male mit Algorithmen überschreiben, also nach einem sich immer wiederholenden Schema. Und genau das hat er getan.
Er hat eine CD mit einem Programm verwendet, das die gesamte Festplatte mit Algorithmen überschrieb.«
    »Warum hat er den Computer nicht einfach in Stücke geschlagen? «, wollte Skov wissen.
    »Wer weiß, was ein guter Kriminaltechniker wie ich noch in den Trümmern gefunden hätte«, meinte der Mann von der Spurensicherung. »Diese Methode funktioniert immer.«
    Skov nickte und legte auf. Er wäre erstaunter gewesen, wenn der Computer etwas von Wert enthalten hätte. Dass er ihn stehen gelassen hatte, deutete ja gerade daraufhin, dass ihm, genau wie der Kriminaltechniker bemerkt hatte, bewusst gewesen war, was er tat.
    Møller klopfte bei Skov an und trat ein, ohne auf das Herein zu warten. Er hängte seine Jacke auf, stellte das schwarze Bordcase auf den Fußboden und nahm auf dem Besucherstuhl Platz. Er sah Skov an, ohne etwas zu sagen.
    Skov betrachtete das Bordcase. »Ist es das, was ich glaube, dass es ist?«, fragte er.
    »Willst du mich nicht fragen, wie ich die Tasche gefunden habe?«, erwiderte Møller.
    »Das weiß ich bereits«, sagte Skov. »Durch beharrliche Polizeiarbeit. Was ist darin?«
    »Kleider.«
    »Ist das

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