Der Geheimnistraeger
Chefs zu folgen.
Skov war nach dem ersten Klingeln am Apparat. Sie wechselten erst ein paar Worte, dann hörte Vincent einfach nur noch zu. Korsør … seine Lippen bewegten sich lautlos. Unfreiwillig dachte er an Lydia. Dann sagte er laut: »Warum ausgerechnet Korsør?«
Christian stand neben Vincent und lauschte seinen Fragen. Schließlich legte Vincent auf. Er wandte sich an Christian.
»Heute Morgen«, sagte er, »ist eine große Anzahl Männer
in die Kaserne des Panzerregiments in Slagelse eingedrungen. Sie haben zehn Leopardpanzer gestohlen und die restlichen in Flammen aufgehen lassen. Dann sind sie mit den Panzern über die Autobahn nach Korsør gefahren und haben die Stadt offenbar besetzt.«
Er schüttelte den Kopf. »Wie … wie ist so was möglich?«
»Warum?«, fragte Christian. »Was wollen die?«
»Skov wusste es nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es überhaupt jemand weiß. Das Ganze ist vollkommen irre. Sie haben Geiseln genommen. Viele Menschen. Sie drohen damit, beim geringsten Gegenangriff ihre Gefangenen zu töten. Sie … haben auf einen Kollegen geschossen, um das zu unterstreichen … erst dreißig Jahre alt. Er wurde in seinem Fahrzeug auf einer Nebenstraße bei Korsør gefunden, nachdem …«
Vincent versagte die Stimme.
»Tot?«, fragte Christian.
Vincent nickte. »Ich muss zu Hause anrufen«, sagte er und zog sein Handy aus der Tasche. Christian wartete, bis er das Telefongespräch beendet hatte.
»Dort ist alles in Ordnung«, sagte Paulsen. »Birthe sagt, alle stünden unter Schock. Alles ist zum Erliegen gekommen. Die Straßen in Kopenhagen sind leer. Niemand verlässt das Haus. Im Radio ist vom Ausnahmezustand für das ganze Land die Rede.«
»Paolo«, sagte Christian. »Sein Tod, das kann kein Zufall sein.«
»Skov hat das mit Terfig diskutiert. Sie sind ebenfalls zu diesem Schluss gekommen. Sowohl Skov als auch Terfig glauben, dass der Bombenanschlag auf dem Rådhuspladsen mit dem zu tun hat, was jetzt geschieht.«
»Was sollen wir tun? Du und ich?«
»Hierbleiben. Du hast doch gehört, dass ich Skov erzählt habe, dass wir einen Namen in Erfahrung gebracht haben. Wir
werden alles über Paolo herausfinden. Skov findet das wichtiger denn je.«
»Ich muss Terfig anrufen«, sagte Christian. »Kannst du unseren Gastgeber nicht von der veränderten Lage unterrichten?« Er machte eine Kopfbewegung in die Richtung von Gandini. Gaetano Gandini saß an einem Computer und schien die Erregung seiner dänischen Kollegen nicht bemerkt zu haben.
»Capitano Gandini«, sagte Vincent. »Es ist etwas Unglaubliches passiert.«
Gandini hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen. Dann fragte er, wie es Paulsens und Christians Familien gehe und was jetzt geschehen solle. Vincent bat um größtmögliche Hilfe von der italienischen Polizei, um herauszufinden, wer Paolo war und welche Kontakte er gepflegt hatte.
Gaetano Gandini nickte. »Schauen Sie hier, Kommissar Paulsen«, sagte er und drehte sich zum Computer um. Vincent stellte sich hinter Gandini.
»Ich habe nach Francesca Brambini in unseren eigenen Registern gesucht«, erklärte Gandini. »Anarchistin, Hausbesetzerin, beteiligt an unzähligen Aktionen der Autonomen. Dieses reiche Mädchen war also eine punkabbestia , wie einige meiner Kollegen die Hausbesetzer nennen. Da sie tot ist, will ich davon Abstand nehmen, den Ausdruck zu übersetzen. Francesca Brambini wurde als Überwachungsobjekt im Juni 1997 gestrichen. «
Er scrollte auf dem Bildschirm nach unten und deutete auf einen Namen. »Da haben wir ihn.«
Vincent beugte sich vor. Paolo Rocca . Aufgeführt als Francesca Brambinis Partner mit den vollständigen Personenangaben plus Verweis auf eine eigene Akte. Gandini druckte sämtliche Informationen über Francesca aus und gab dann die Aktennummer von Paolo Rocca ein.
»Leider«, sagte er, nachdem die Suche abgeschlossen war, »gibt es hier keine weiteren Informationen über den guten Paolo. Die Akte ist nach Mailand gegangen. Warum, weiß ich nicht. Ich habe keinen Zugriff darauf.«
Er erhob sich von seinem Schreibtisch. »Warten Sie hier. Ich sehe mal, was ich tun kann.« Er verließ das Zimmer. Einige Minuten später war er zurück. »Ich habe mit meinem Chef gesprochen. Er kümmert sich um die Kontakte zu den anderen Polizeibehörden. Es ist noch nichts entschieden, aber es wäre vermutlich klug, wenn wir uns darauf vorbereiten würden, so bald wie möglich nach Mailand zu fahren.«
31. Kapitel
Die Aktion verlief
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