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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wird.
    Aber haltet ihn noch ein paar Tage im Bett, Mädchen, und wenn er sich benimmt, will ich ihm bald die Krücken geben. Gott sei Dank hat er wenigstens sein unfreiwilliges Bad ohne Schaden überstanden.«
    »Der Dank gebührt Cuthreds Jungen Hyacinth«, erinnerte Annet sie.
    Sie warf ihrem Vater einen raschen Blick zu und schien erfreut, als der sofort einfiel: »Und das ist die reine Wahrheit! Er war an diesem Tag zu mir wie ein Sohn zu seinem Vater, und das will ich ihm nicht vergessen.«
    Bildete Cadfael es sich nur ein, oder liefen Annets Wangen tatsächlich rot an? So gut wie ein Sohn für einen Mann, der keinen Sohn hatte, sondern nur diese kluge, selbstbewußte, aufmerksame und liebevolle Tochter?
    »Übt Eure Seele in Geduld«, riet Cadfael ihm, während er aufstand, »und bald werdet Ihr wieder ganz der Alte sein. Es lohnt sich, die Zeit abzuwarten. Und macht Euch keine Sorgen um die Schonung, denn Annet hier kann Euch berichten, daß die Männer den Bach gesäubert und den ausgespülten Teil der Böschung begradigt haben. Es wird halten.« Er schnallte seinen Ranzen an den Gürtel und wandte sich zur Tür.
    »Ich bringe Euch noch zum Tor«, sagte Annet und trat mit ihm ins Zwielicht auf die Lichtung hinaus, wo Cadfaels Pferd gemächlich am Rasen zupfte.
    »Mädchen«, meinte Cadfael, einen Fuß schon im Steigbügel, »Ihr ähnelt heute abend einer blühenden Rose.«
    Sie sammelte die losen Haarsträhnen in beiden Händen und flocht sie wieder in den Zopf. »Aber anscheinend bin ich durch Dornbüsche gekrochen«, antwortete sie und sah ihn strahlend an.
    Cadfael beugte sich aus dem Sattel und zupfte zart ein Eichenblatt aus ihrem Haar. Sie blickte auf und sah, wie er es leicht am Stiel zwischen den Fingern rollte und lächelte.
    Und so ließ er sie zurück, freudig erregt und gefaßt und sicherlich fest entschlossen, unbeirrt ihren Weg durch alle Dornenbüsche zu gehen, die zwischen ihr und dem Ziel ihrer Wünsche liegen mochten. Sie war noch nicht bereit, sich ihrem Vater oder sonst jemand zu offenbaren, doch es schien sie nicht zu stören, daß Cadfael bereits erraten hatte, was im Gange war. Und sie hatte auch keine Angst, daß es übel ausgehen könnte. Allerdings schloß dies nicht aus, daß andere gute Gründe hatten, um Annets Glück zu fürchten.
    Cadfael ritt ohne Eile durch den dunkelnden Wald. Der Mond war aufgegangen und schien, wo er die dichten Bäume durchdrang, hell auf den Weg. Die Komplet war schon lange vorbei und die Brüder bereiteten sich auf die Nachtruhe vor. Die Jungen waren sicher schon im Bett. Es war kühl und frisch im grün duftenden Wald. Wie angenehm es war, allein und müßig zu reiten und die Zeit zu haben, über zeitlose Dinge nachzudenken, die im geschäftigen Alltag nicht unterzubringen waren; manchmal nicht einmal beim heiligen Gottesdienst oder in den stillen Zeiten des Gebetes, wohin sie eigentlich gehörten.
    Hier unter dem Nachthimmel, der am Horizont immer noch schwach leuchtete, gab es mehr Platz dafür. Cadfael ritt in tiefer Zufriedenheit durch den dichten Wald. Weit voraus schimmerte das letzte Licht über den offenen Feldern.
    Ein Rascheln zu seiner Linken irgendwo zwischen den Bäumen schreckte ihn aus seinen Gedanken. Etwas Bleiches bewegte sich neben ihm im Dämmerlicht, und er hörte das leise Klingeln eines Pferdegeschirrs. Ein reiterloses Pferd, das gesattelt und aufgezäumt herumstreunte und die kleinen Glocken zum Klingen brachte. Es war nicht reiterlos gewesen, als es aus dem Stall geführt worden war. In den vom Mondlicht erhellten Flecken zwischen den Bäumen tauchte hin und wieder das Tier auf, das sich dem Pfad näherte. Cadfael hatte das helle Tier schon einmal an diesem Tag gesehen, im Hof der Abtei.
    Er stieg ab, rief das Tier an und griff nach dem hängenden Zügel, um das Pferd anzuhalten und um beruhigend seine gesprenkelte Stirn zu streicheln. Der Sattel war noch dort, wo er hingehörte, doch die Riemen, die eine kleine Sattelrolle dahinter hielten, waren durchgeschnitten. Und wo war der Reiter? Und warum war er noch einmal aufgebrochen, nachdem er ergebnislos von einer langen Jagd zurückgekehrt war? Hatte ihm jemand einen Hinweis gegeben, daß er noch einmal ausritt, um trotz des späten Abends seine Beute zu finden?
    Cadfael schob sich durch die Büsche und entfernte sich vom Pfad, um die Stelle zu finden, wo er die erste Bewegung gesehen hatte. Hier schien alles, wie es sein sollte, keine Äste waren geknickt, hier war niemand

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