Der Geheimnisvolle Eremit
Richard gespannt. »Wo ist meine Großmutter?«
»Sie ist nach Eaton zurückgeritten, damit dort alles aussieht wie gewöhnlich. Der Einsiedler ist noch am Abend in seine Klause zurückgekehrt. Es wäre nicht gut, wenn jemand erfährt, daß er fort war.«
»Und dein Vater?«
»Er ist hier bei seinen Pächtern unterwegs, aber wahrscheinlich nicht weit entfernt. Er hat seinen Schreiber mitgenommen. Ich glaube, es gibt da noch einige Gelder einzutreiben.« Die Geschäfte ihres Vaters waren ihr herzlich gleichgültig, aber sie war neugierig, was im Kopf dieses Jungen vorging, da seine Stimme plötzlich so scharf und lebhaft klang und seine Augen alles andere als trostlos blickten. »Warum?
Was bedeutet das für dich? Oder für mich?« fügte sie bitter hinzu.
»Es könnte sein«, antwortete Richard strahlend, »daß ich doch etwas für dich tun kann, etwas Gutes, wenn du auch für mich etwas tust. Hilf mir zu fliehen, wenn beide außer Haus sind. Mein Pony ist unten im Stall, das hat sie mir gesagt. Wenn ich mich mit dem Pony davonstehlen kann, könntest du die Tür wieder verriegeln. So wird man erst am Abend merken, daß ich fort bin.«
Sie schüttelte energisch den Kopf. »Und wem würde man die Schuld geben? Ich könnte es nicht auf einen Diener schieben, und ich habe keine Lust, es auf mich selbst zu nehmen. Ich habe auch so schon genug Sorgen, vielen Dank.« Aber da sie sah, daß das hoffnungsvolle Feuer in ihm keineswegs erstickt war, fügte sie vorsichtig hinzu: »Allerdings wäre ich bereit, einiges zu riskieren, wenn mir damit meine Sorgen abgenommen werden könnten. Aber wie wäre das möglich?
Um aus diesem Bund entlassen zu werden, würde ich alles tun, was man vor mir verlangt. Aber was könnte uns schon befreien, nachdem wir derart gebunden sind?«
Richard sprang auf und stürmte quer durchs Zimmer, um sich vertraulich neben sie auf die breite Fensterbank zu setzen.
Dicht an ihrem Ohr sagte er atemlos: »Wenn ich dir ein Geheimnis verrate, willst du dann schwören, es für dich zu behalten, bis ich fort bin, und willst du mir dann helfen, hier heraus zu kommen? Ich verspreche dir, daß es den Ärger wert ist.«
»Du träumst doch«, meinte sie mitfühlend und drehte den Kopf, um ihn aus der Nähe zu betrachten. Anscheinend wurde seine verstohlene Freude auch durch ihren Unglauben nicht gedämpft. »Aus einer Ehe kommt man nicht heraus, wenn man nicht mindestens ein Prinz ist und sich direkt an den Papst wenden kann. Wer kümmert sich um uns, die wir von niedrigerem Stand sind? Zwar teilen wir nicht Tisch und Bett, das wird erst in einigen Jahren kommen, aber wenn du glaubst, deine Großmutter und mein Vater ließen eine Annullierung der Eheschließung zu, dann hoffst du vergeblich. Sie haben ihren Willen bekommen, und sie werden uns nicht aus den Fingern lassen.«
»Nein, es ist viel einfacher«, erklärte er. »Wir brauchen nicht den Papst oder die Gesetze. Du mußt mir glauben. Versprich mir wenigstens, nichts zu verraten, und wenn du weißt, was es ist, wirst du mir auch helfen wollen.«
»Nun gut«, sagte sie und gab ihm nach, da sie schon fast überzeugt war, daß er mehr wußte als sie. Doch sie zweifelte immer noch daran, daß es sie befreien könne. »Nun gut, ich will es versprechen. Was ist nun dein Geheimnis?«
Und fröhlich flüsterte er es ihr ins Ohr, während seine Wange von einer Haarlocke gestreichelt wurde, die sich aus dem Zopf befreit hatte. Er hauchte ihr das Geheimnis ins Ohr, als hätten sogar die Dielenbretter Ohren. Und nachdem sie einen Augenblick ungläubig geschwiegen hatte, lachte sie leise, schüttelte sich kräftig vor Lachen und nahm Richard in die Arme, um ihn kräftig zu drücken.
»Dafür sollst du freikommen, was immer es mich kostet! Du hast es verdient!«
11. Kapitel
Nachdem sie einmal überzeugt war, übernahm sie das Pläneschmieden. Sie kannte das Haus und die Diener, und solange kein Zweifel an ihrem Gehorsam bestand, hatte sie überall Zutritt und konnte dem Gesinde nach Belieben Befehle geben.
»Wir warten am besten, bis sie dein Mittagessen gebracht und das leere Geschirr wieder abgeholt haben. Danach wird längere Zeit niemand mehr kommen. Es gibt eine Hintertüre, durch die man vom Stall aus auf die Koppel kommt. Ich könnte Jehan befehlen, dein Pony auf die Weide zu lassen, weil es schon so lange eingesperrt ist. Dort draußen auf dem Feld hinter dem Stall und dicht am Zaun gibt es einige Büsche. Ich werde versuchen, deinen Sattel und dein
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