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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Zaumzeug noch vor dem Mittagessen dort zu verstecken. Ich kann dich durch den Keller hinausbekommen, solange sie alle noch in Halle und Küche beschäftigt sind.«
    »Aber dein Vater wird zum Essen zurück sein«, protestierte Richard zweifelnd.
    »Nach dem Mittagessen wird er schnarchen. Wenn er überhaupt nach dir sieht, dann wird er es tun, bevor er sich zu Tisch setzt, um sich zu vergewissern, daß du auch sicher in deinem Käfig sitzt. Und es ist besser für mich, da ich gehorsam meinen Morgen mit dir abgesessen habe. Wer könnte danach noch glauben, daß ich es mir später anders überlegt habe? Es könnte sogar ganz lustig sein«, sagte Hiltrude, die immer lebhafter über ihre gutgemeinte Bosheit nachdachte, »wenn sie dir dein Abendessen bringen und den Käfig leer, aber mit immer noch verschlossenem und verriegeltem Fenster vorfinden.«
    »Aber dann wird man allen Vorhaltungen und Vorwürfe machen«, wandte Richard ein. »Denn irgend jemand muß ja den Riegel herausgezogen haben.«
    »Dann werden wir es alle abstreiten, und falls jemand unter starken Verdacht gerät, werde ich ihn schützen, indem ich sage, daß er ständig in meiner Nähe war und deine Tür nicht berührt hat, seit du dein Mittagessen bekommen hast. Und wenn es zum Ärgsten kommt«, fügte Hiltrude mit ungewohnter Entschlossenheit hinzu, »dann werde ich sagen, daß ich wahrscheinlich vergessen habe, den Bolzen zu verriegeln, nachdem ich dich verlassen habe. Was soll er schon tun? Er wird immer noch glauben, daß er dich durch die Ehegelübde gefangen hat, wohin du auch läufst. Und noch besser«, rief sie und klatschte in die Hände, »ich selbst werde diejenige sein, die dir dein Essen bringt und dir aufwartet und das Geschirr wieder herausholt – dann kann niemand anders in den Verdacht geraten, die Tür unverriegelt gelassen zu haben. Eine Frau sollte so früh wie möglich beginnen, ihrem Gatten aufzuwarten; so gehört es sich.«
    »Hast du denn keine Angst vor deinem Vater?« fragte Richard mit aufgerissenen Augen und mit einigem Respekt und sogar Bewunderung; doch es widerstrebte ihm, ihr eine so gefährliche Rolle zu überlassen.
    »Und ob! Aber was immer geschieht, es ist der Mühe wert.
    Ich muß jetzt gehen, Richard, solange niemand im Stall ist.
    Warte nur und vertraue mir und sei guten Mutes. Mir hast du jedenfalls Mut gemacht!«
    Sie war schon an der Tür, als Richard, der nachdenklich ihren leichten, beflügelten Gang beobachtete, völlig anders als das unterwürfige, verbitterte Geschöpf, dessen kalte Hand er noch am Abend gehalten hatte, ihr impulsiv nachrief: »Hiltrude – ich glaube, ich könnte Schlimmeres tun, als dich zu heiraten.«
    Um mit einiger Hast hinzuzufügen: »Aber nicht in den nächsten paar Jahren!«
    Sie hielt, was sie versprochen hatte. Sie brachte ihm das Mittagessen, setzte sich zu ihm und führte ein oberflächliches, linkisches Gespräch, während er aß. Es klang genau wie die Unterhaltung einer Fremden mit einem Kind, zu der man sie gezwungen und die sie widerwillig akzeptiert hatte. Und es klang, als ob sie sich bemühte, ihre Verbitterung nicht an dem unschuldigen Kind auszulassen. Weniger aus Klugheit, sondern weil er hungrig und vornehmlich mit Essen beschäftigt war, antwortete Richard nur mit unverständlichen Lauten. Hätte jemand gelauscht, er hätte das Gespräch sicherlich ebenso deprimiert wie stimmig gefunden.
    Hiltrude brachte den Teller in die Küche zurück und kam noch einmal zu ihm, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß alle im Haus beschäftigt waren. Die schmale Holztreppe zum Keller war glücklicherweise vom Flur, der zur Küche führte, nicht einsehbar. So hatten sie keine Schwierigkeiten, eilig hinunterzuhuschen und vom Inneren des Hauses aus jenen tiefen Türbogen zu erreichen, in dem Hyacinth sich verborgen hatte. Von dort mußte Richard nur noch über ein kurzes offenes Stück zur Pforte im Zaun rennen, die halb versteckt neben dem Stall lag. Sattel und Zaumzeug und alles andere hatte sie wie versprochen in den Büschen versteckt, und das schwarze Pony kam sofort zu ihm. Dicht an der Rückwand des Stalles sattelte er das Tier mit zitternden Händen und führte es aus der Koppel heraus zum Fluß hinunter, wo ihm eine Baumgruppe Schutz bot. Erst dort wagte er es, den Sattelgurt festzuziehen und aufzusitzen. Und wenn nun alles gutging, würde man ihn erst am frühen Abend vermissen.
    Hiltrude stieg die Treppe aus dem Keller wieder hinauf und bemühte sich, den Nachmittag

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