Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
Konferenzteilnehmerin einer internationalen Tagung auswies. Natascha bestellte Kaffee für sie beide, und als sie von der Bar zurückkam, hatte Kacey bereits ihren Laptop hochfahren lassen und tippte geschäftig vor sich hin. Natascha rückte ihren Stuhl näher und warf einen neugierigen Blick auf den Bildschirm.
»Ich habe mit meinem Kontakt die beste Vorgehensweise besprochen«, erklärte Kacey, ohne den Blick vom Computer abzuwenden. »Als Erstes müssten wir uns durch ein paar Online-Archive pflügen – oder besser gesagt, Sie müssen das. Ich muss nämlich gleich noch eine Pflichtveranstaltung über mich ergehen lassen. Ich hole Sie in ungefähr einer Stunde hier ab, und mit den hoffentlich grandiosen Ergebnissen Ihrer Recherche gehen wir dann zu dieser Agentur, die sich um die Zusammenführung indigener Familien bemüht. Einverstanden?«
Natascha nickte. »Klar. Hört sich sehr gut an.«
Ihr Name wurde aufgerufen. Natascha stand auf, um den Kaffee zu holen. Sie stellte die Pappbecher auf den Tisch und setzte sich wieder. »Also, wo genau soll ich denn nun recherchieren?« Es juckte ihr schon in den Fingern. Immerhin kamen die Empfehlungen von jemandem, der sich mit Fällen wie dem ihren von Berufs wegen auskannte. Kacey kritzelte hastig ein paar Zeilen auf einen Zettel, den sie ihr im Aufstehen in die Hand drückte.
»Oben stehen die Archiv-Adressen, und hier unten die vollen Namen von Amarina, Cardinia und Parri. Wundern Sie sich nicht, ich habe mehrere Schreibweisen aufgeführt. Es wäre gut, wenn Sie die bei der Suche ebenfalls eingeben würden.«
Kacey schulterte ihre lederne Handtasche und wandte sich zum Gehen.
»Bis später«, rief Natascha ihr hinterher. Recherche war ihr schon immer der liebste Part der journalistischen Arbeit gewesen, und sie bildete sich ein, dass sie gut darin war. Sie zog ihr Notebook aus dem Rucksack, linste auf Kaceys Zettel und krempelte innerlich die Ärmel hoch. Ihr Elan wurde allerdings vorzeitig ausgebremst. Als sie in den Staatsarchiven von Queensland die Seite für Familienforschung anklickte, wie Kacey es ihr geraten hatte, wurde ihr schnell klar, dass sie dieser Weg keinen Millimeter voranbringen würde. Angespannt strich sie eine Strähne hinters Ohr und starrte auf den Bildschirm. Sie klickte sich durch den Index des Archivs, doch mehr als die Eintragungen des Standesamtes waren dort nicht zu finden. Weder Parri, Amarina noch Cardinia waren in Queensland geboren worden, und obwohl Natascha wenig Hoffnung auf Erfolg hatte, gab sie alle Varianten ihrer Namen in die Suchmaske des Hochzeits- und Sterberegisters ein. Erst schöpfte sie noch Hoffnung, als sie einen Parri und zwei Amarinas fand, doch zeitlich wollten diese Suchergebnisse einfach nicht passen. Natascha wusste zwar nicht, wann Parri und Amarina geboren worden waren, aber sie konnte deren Lebenszeitraum zumindest grob kalkulieren, und die gefundenen Einträge lagen deutlich vor dieser Zeitspanne. Natascha versuchte es daraufhin auf der entsprechenden Website für Südaustralien, doch auch dort entdeckte sie nichts. Einzig für Cardinia fand sie eine Eintragung in Queensland über eine Sterbeurkunde, aber das half ihr auch nicht weiter. Sie wusste ja bereits von Kacey, Cardinias Enkelin, wo deren Großmutter gelebt hatte und dass sie verheiratet gewesen war, aber eben auf die traditionelle Weise, und die hatte mit dem australischen Standesamt herzlich wenig zu tun.
Natascha probierte es nun beim Australian Institute of Aboriginal Studies, wollte sich schon freuen, als sie dort von einem Family History Team las, das einem bei der Suche nach Vorfahren behilflich sein wollte. Doch dann fand sie – klein gedruckt – den Hinweis, dass dieser Service der Öffentlichkeit aus Kostengründen nicht länger zugänglich sei. Die letzte Website, die Kacey auf dem Zettel notiert hatte, beraubte Natascha dann auch noch ihrer letzten Hoffnung. Der Adoptionsservice der Regierung wies gleich auf der Startseite darauf hin, dass ausschließlich die biologischen Eltern oder das adoptierte Kind einen Zugriff auf die Daten hätten. Eine Ausnahme werde nur für Kinder gemacht, deren Akten vor mehr als neunundneunzig Jahren angelegt worden waren.
Frustriert klappte Natascha den Laptop zu. Gedankenverloren griff sie nach ihrem Kaffee, der inzwischen kalt geworden war und bitter schmeckte. Eine bleierne Müdigkeit überfiel sie. Sie würde nie erfahren, wer Marias leibliche Eltern waren. Die lange Reise, die Aufregung –
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