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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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allein zu sehen.

    Helene wollte sich der Gemeinde ein letztes Mal nützlich erweisen und machte eine gründliche Inventur der Vorratskammer. Wenn sie schon ihre arglosen Mitbürger bestahl, konnte sie wenigstens versuchen, den Schaden etwas wettzumachen. Sie hatte sich ihren tiefen Griff in die Kollekte nochmals überlegt und ein paar Scheine wieder zurückgelegt. So würde ihr Verrat hoffentlich nicht gleich auffliegen, denn niemand außer ihr konnte wissen, wie viel Geld überhaupt für Gottfried zusammengekommen war. Sie kniete vor dem tiefen Regal der Gemeindeküche, wo sie die Blechdosen mit Zucker, Mehl und Salz zählte und deren Inhalt überprüfte. Anschließend trug sie alles fein säuberlich ins Haushaltsbuch ein. Auf die andere Seite schrieb sie, was an Nachschub besorgt werden musste. Die Arbeit lenkte sie von ihren Sorgen ab, und vor allen Dingen vom bevorstehenden Gespräch mit Johannes. Wenn sie daran dachte, dass sie Johannes heute vielleicht zum letzten Mal sah, war es ihr, als würde man ihr das Herz bei lebendigem Leibe herausreißen. Und doch zweifelte sie keine Sekunde an ihrem Entschluss. Es war das einzig Richtige.
    Immerhin brauchte sie sich nach der grässlichen Begegnung mit Elisabeth keine Sorgen darüber zu machen, was man in Neu Klemzig über ihr spurloses Verschwinden sagen würde. Dieses Problem konnte sie getrost Elisabeth überlassen. Wahrscheinlich hatte die sich längst schon eine passende Geschichte für ihren wortlosen Abgang zurechtgelegt, dachte Helene bitter. Elisabeth, das stand fest, würde sie ganz sicher keine Träne nachweinen. Ihr fröhlicher Mann dagegen, Johannes’ Vater Maximilian, würde ihr fehlen. Wie herzlich und warmherzig er sie damals bei ihrer Ankunft im Hafen begrüßt hatte! Ach, sie vermisste das kleine Dorf im Süden Australiens schon jetzt.
    Doch sie verbot sich, diesen traurigen Gedankengängen nachzuhängen. All ihre Kraft musste sie auf das anstehende Gespräch mit Johannes konzentrieren; es würde die schwerste Unterhaltung werden, die sie jemals geführt hatte.
    Eine Maus lief ihr über den Fuß, als sie die letzte Vorratskammer öffnete, und vor Schreck stieß Helene einen kleinen Schrei aus. Im gleichen Moment hörte sie, wie sich hinter ihr die Eingangstür öffnete. Sie drehte sich um. »Johannes. Ich hab dich gar nicht kommen hören.«
    »Habe ich dir etwa einen solchen Schrecken eingejagt, dass du gleich schreien musst? Dann ist es ja kein Wunder, dass du mich verlassen willst.« Seine Lachfältchen wurden sichtbar, und am liebsten hätte sich Helene in seine Arme geworfen und ihn geküsst. Für den Bruchteil einer Sekunde stellte sie sich vor, sie wären nur ein glückliches Paar, das sich zärtlich neckte. Doch statt auf seinen Scherz einzugehen oder ihn gar zu küssen, senkte sie nur den Blick und schüttelte leise den Kopf. Ängstlich, er könnte ihre wahren Empfindungen in ihrem Gesicht lesen, blickte sie noch immer zu Boden, tat so, als würde sie die Maus suchen.
    »Natürlich nicht. Wir haben Mäuse in der Vorratskammer. Ich werde es leider nicht mehr schaffen, die Fallen aufzustellen. Kannst du dich darum kümmern?«
    Er hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger und sah sie einen Augenblick lang durchdringend an. Helene glaubte, vor Sehnsucht zu verbrennen. Er zog sie in die Spülküche und schloss die Tür hinter ihnen. Er umarmte sie von hinten, legte seine Wange an die ihre. Sie ließ es geschehen, schloss die Augen. Nur dieser eine Moment noch. Sie atmete ganz still und merkte erst, dass sie weinte, als Tränen auf ihre Hand fielen. Im Nachhinein hätte Helene nicht sagen können, wie lange sie so dastanden und kein einziges Wort sagten, doch schließlich drehte Johannes sie zu sich um und blickte ihr forschend ins Gesicht. Als er erneut ihr Kinn anhob, merkte sie, dass auch er feuchte Augen hatte. Trotzdem schenkte er ihr ein Lächeln und küsste sie. Sie löste sich von ihm und wich, um sicherzugehen, einen Schritt zurück. Er durfte ihren Bauch nicht berühren, zu groß war ihre Angst, dass er ihren Zustand bemerkte.
    »Du gehst doch nicht etwa wirklich, oder? Sag, dass du mir nur Angst machen willst, weil ich es nicht besser verdient habe!« Wieder setzte er sein strahlendes Lächeln auf, das Helene so liebte, und strich ihre zwei widerspenstigen Strähnen aus dem Gesicht. Doch an seinen zitternden Mundwinkeln erkannte sie, dass er durchaus befürchtete, sie könnte es ernst meinen. Helene schluckte schwer an ihrem Kloß im

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