Der Geheimtip
deutsch! Da war bestimmt wieder ein Computer eingeschaltet, der jetzt verrückt spielte. Typisch für diesen ganzen Computerquatsch. In Aberlingen hatte man zum Glück nichts damit am Hut.
In Wirklichkeit wischte Spinnenfinger sich den Schweiß von der Stirn. Das hätte brenzlig werden können, wenn der Chef in Deutschland wegen der Namen Verdacht geschöpft hätte. Er hatte gerade noch rechtzeitig unterbrechen können.
Da klingelte es schon wieder! Diese Deutschen waren zäh. »Kein Anschluß unter dieser Nummer«, sagte er. Endlich gaben sie auf. Oder versuchten sie es bei einer anderen Nummer? Bei der von Parlango y Gosset etwa? Dann waren sie hier geplatzt!!
Silvia Buttrich hatte jedoch die kleine Nase voll von dem Blödsinn. Mit der Genialität einer guten Sekretärin, die ihrem Chef keine komplizierten Gedankengänge abverlangt, meldete sie einfach »Herr Meier ist nicht mehr im Haus. Ich versuche es später noch einmal.«
Spinnenfinger berichtete inzwischen Pallando, der sofort die Parole ausgab: »Nicht mit Namen am Telefon melden. Abheben, lauschen, auflegen, wenn Deutschland dran ist. Dieser Meier darf auf keinen Fall noch einmal mit seinem Chef sprechen, ehe das Geschäft perfekt ist. Heute nachmittag nehmen wir ihn mit zum Fußball. Da wird er kaum Dummheiten machen.« Da täuschte er sich allerdings.
»Und wenn der Regionalsekretär da ist?« fragte Kuljowitsch.
»Nun machen Sie sich mal nicht in die Hosen, mein Freund. Meier erkennt ihn nicht. Wenn doch, trifft er morgen eben dessen Stellvertreter. Ihr Vetter muß eben flexibel sein. Kapiert?«
»Jawohl, Chef«, sagte Iwanow Kuljowitsch zahm.
Es sei noch vermerkt, daß Silvia Buttrich am nächsten Tag probehalber eine Nummer anrief, die bei ihr hinter Parlango y Gossets Namen stand. Aber dort meldete sich eine zirpende Frauenstimme, die rief: »Esta!« und auf Fräulein Buttrichs Frage nach Herrn Meier mit einem Redeschwall antwortete, aus dem Silvia nur entnehmen konnte, daß es keinen Herrn Meier gäbe. War wohl eine alte Nummer gewesen.
3
Im ›Estadio dos Barreiros‹, am Rande des Viertels ›Nazaré‹, war die Hölle los. Bei herrlich frischem Wetter fand das Fußballspiel des Jahres statt. Was heißt: Spiel des Jahres? Ein Jahrhundertspiel war das für die Madeiraner.
Der berühmte Verein ›Benefica Lasboa‹ hatte sich herabgelassen, gegen den hiesigen ›Machico Funchal‹ anzutreten, wenn auch nur mit einer sogenannten Luschenmannschaft. Die beiden Asse waren nicht dabei.
Diese Insulaner, lauter Ziegenhirten und Schwertfischangler, würden keine Sonne sehen, hatte der Trainer der Lissaboner erklärt.
Jetzt tobte die Fußballschlacht schon fast die volle Spielzeit, und Lissabon hatte immer noch kein Bein auf die Erde, geschweige denn den Ball ins gegnerische Tor gekriegt.
Die elf Madeira-Mannen, angefeuert von ihren jubelnden Fans, die von Trompeten und Kuhglocken über Sprechchöre bis zu Feuerwerkskörpern alle Mittel lautstarker Unterstützung einsetzten, wuchsen über sich selbst hinaus.
Das Spiel stand 0 : 0! Die Einheimischen stürmten aufs Tor!
Auf dem Teil der Tribüne, der von Festland-Schlachtenbummlern besetzt war, herrschte ratlose Verstimmung. Die ersten Jubel-Spruchbänder wurden verschämt eingerollt. Rings um das Stadion, ganz besonders bergauf, wo die Levadas kreuzten, die aus lauter winzigen Öffnungen das Wasser für die Felder spendeten, drängten sich die Kiebitze, die keinen Eintritt bezahlen wollten oder konnten.
Sie standen Schulter an Schulter, hockten auf Zäunen oder saßen in Baumkronen. Was sie wegen der Entfernung nicht sehen konnten, erfuhren sie aus dem Live-Bericht im Radio. Wer einen Recorder mit hatte, drehte ihn schön laut, damit alle es hören konnten.
Auf einem erlesenen Eckplatz in der zweiten Reihe am Spielfeld saß auch Egon Meier. Rechts von ihm thronte Miguel Pallando in grauer Leinenhose und einem apricotfarbenen Blazer, was Meier der Gipfel gewagter Eleganz erschien. Iwanow Kuljowitsch rundete das Trio an Pallandos rechter Flanke ab.
Egon Meier hatte vor dem Spielbeginn seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, daß hier nicht statt eines Fußballspiels ein Stierkampf stattfand. Spinnenfinger hatte ihm erklärt, daß die Madeiraner keine Stierkämpfe mochten. Dieses Abstechen mit Ballett sei auf der Insel nie populär gewesen. Es gebe zwar viele Kühe auf Madeira, die in den klitzekleinen Hütten einzeln ihr Leben fristen müßten und nie eine andere Kuh, schon gar keinen Bullen, ja
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