Der Geist des Highlanders
an die Wand. Sie würde sich später darum kümmern. Jetzt musste sie erst einmal Granny finden und sie fragen, was sie hier zu suchen hatte.
Als sie die Treppe herunterkam, schallte ihr aus dem Wohnzimmer lautes Gelächter entgegen. Eine der Stimmen gehörte definitiv ihrer Großmutter. Zögerlich öffnete Victoria die Tür.
Den Anblick, der sich ihr bot, hatte sie fast schon erwartet. Ambrose, Fulbert, Hugh und natürlich ihre Großmutter saßen um den kleinen Couchtisch herum und plauderten angeregt. Hugh schien ein wenig außer Atem zu sein, wahrscheinlich wegen seines kurzen Ausflugs zum Requisitenschuppen. Victoria warf ihm einen strengen Blick zu, dann wandte sie sich an ihre Großmutter.
»Granny ...«
»Vikki«, sagte ihre Großmutter, erhob sich und zog Victoria in ihre Arme. »Du siehst müde aus, Liebes. Komm und setz dich zu uns. Wir bringen uns gerade auf den neuesten Stand.«
»Neuesten Stand?«, fragte Victoria staunend. »Kennst du die drei denn?«
»Wir haben uns eben erst kennengelernt«, erwiderte Mary MacLeod Davidson, »aber du weißt ja, wie das mit Familienmitgliedern ist. Es dauert nicht lange, und man hat das Gefühl, sich seit Jahren zu kennen.«
Was für Überraschungen mochte der Tag wohl noch bereithalten? Victoria hatte das Gefühl, alles glitt ihr mit rasender Geschwindigkeit aus den Händen.
»Granny, was machst du hier?«
»Deine Mutter hat sich ein wenig Sorgen um dich gemacht, und da ich gerade eine kleine Auseinandersetzung mit meiner Strick- und Häkelgruppe hatte, habe ich beschlossen, dass es mir gut tun würde, wenn ich ein bisschen verreisen würde. Ich weiß allerdings nicht, ob hier überhaupt Platz für mich ist.« »Unsere gute Mrs Pruitt wird schon alles regeln«, beruhigte Ambrose sie. Er erhob sich. »Aber jetzt möchtest du vielleicht erst einmal zum Schloss spazieren?«
»Nun, Laird MacLeod«, erwiderte Mary und lächelte kokett, »das ist eine wundervolle Idee.«
»Granny«, protestierte Victoria mit schwacher Stimme, »du bist mit ihm verwandt!«
»Über einige Generationen hinweg, mein liebes Kind.« Mary tätschelte ihr den Kopf und lächelte sie an. »Es ist immer ein Vergnügen, sich mit einem gut aussehenden Highlander zu unterhalten.« Sie wandte sich an Ambrose. »Wir sind gleich so weit.«
Ambrose, Hugh und Fulbert verneigten sich und verließen das Zimmer.
Allerdings durch die Wand, nicht durch die Tür.
Victoria warf ihrer Großmutter einen Blick zu. »Ich brauche etwas zu trinken.«
»Du trinkst doch gar nicht, Liebes. Komm. Ich möchte unbedingt dein Schloss sehen.«
Nun ja, diesbezüglich brauchte Victoria wenigstens keinen Enthusiasmus zu heucheln. Sie folgte ihrer Großmutter hinaus - durch die Tür.
»Und jetzt erzähl mir, was los ist«, sagte Mary und hakte sich bei ihrer Enkelin ein, als sie durch den Garten gingen. »Was war das für ein Geschrei?«
»Gerard hat ein Gespenst gesehen.«
Mary lachte. »Hier? Wie ungewöhnlich.«
»Granny, das ist nicht komisch«, erwiderte Victoria, obwohl sie selbst auch ein wenig lachen musste. »Ich musste ihn extra bezahlen, damit er überhaupt nach England mitkam, weil er Hugh McKinnon schon in meinem Requisitenraum unter Tumult in der Teekanne gesehen hat. Und hier im Schuppen hat sich die Szene dann wiederholt.«
»Mach dir nichts draus, Liebes. Ich kümmere mich schon um deine Kostüme.«
Victoria wusste, dass sie das eigentlich ablehnen sollte, aber sie schaffte es nicht. Mary MacLeod Davidson war die entzückendste Frau der Welt, und Victoria brachte es zwar ohne Weiteres fertig, eine Einladung bei ihrem Bruder unter irgendwelchen fadenscheinigen Vorwänden auszuschlagen, aber sie ließ keine Gelegenheit aus, ihre Großmutter zu sehen.
Außerdem hatte ihre Granny früher für sie und ihre Geschwister die fantasievollsten Verkleidungen genäht, und Victoria war fest davon überzeugt, dass mit diesen Kostümen für sie alles angefangen hatte.
»Na gut«, gab sie nach, »aber nur, wenn du dich darauf beschränkst, alles zu überwachen. Für die Näharbeiten kann Mrs Pruitt uns jemand aus dem Dorf besorgen.«
»Ja, sie hilft uns sicher gerne«, sagte Mary. »Sie ist eine reizende Frau, auch wenn sie von paranormalen Phänomenen geradezu besessen zu sein scheint.«
Victoria fragte gar nicht erst, wie ihre Großmutter das so schnell herausgefunden hatte. Vor ihr konnte niemand etwas geheim halten. »Kannst du ihr einen Vorwurf daraus machen?«
Mary warf einen Blick über die
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