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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fürchte
ich, es wird ihr eigenes sein! Könnt Ihr das nicht begreifen, Romegas, oder ist Euer Hass auf mich so groß, dass Ihr das Leben Hunderter Eurer Männer opfert, nur um nicht zugeben zu müssen, dass ich
Recht habe?«
Er wandte sich mit einem Ruck um, ließ Romegas einfach stehen
und eilte weiter. Insgeheim bedauerte er schon, sich überhaupt auf
dieses Gespräch eingelassen zu haben. Selbst wenn er Recht hatte -
und vielleicht zum ersten Mal, seit er Romegas begegnet war, hoffte
er inbrünstig, dass diesmal er sich täuschte und der Ritter Recht behielt -, würde das nichts ändern. Chevalier de Romegas war kein
Mann, der einen Fehler eingestand. Schon gar nicht einem dahergelaufenen Emporkömmling gegenüber.
Andrej beschleunigte seine Schritte weiter. Die Straße war so voller
Menschen, dass er nicht mehr rennen konnte, doch er brauchte trotzdem nur wenige Minuten, um die Kirche zu erreichen. Das große,
mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Doppeltor des Gotteshauses
stand weit offen. Zahllose Menschen hatten sich in die Kirche geflüchtet und Andrej hörte schon von weitem das monotone Murmeln
der Betenden, die sich in ihrer Angst an einen Gott wandten, der sie
in Wahrheit schon längst vergessen hatte. Noch mehr Menschen
drängten sich auf den steinernen Stufen davor, sodass Andrej tatsächlich Gewalt anwenden musste, um sich einen Weg zur Tür zu bahnen.
Drinnen wurde es noch schlimmer. Schon an einem gewöhnlichen
Tag war die Kirche nicht annähernd groß genug, um alle Einwohner
Birgu aufzunehmen, die zum Gottesdienst kommen wollten. Nun
aber hatte er trotz des Gedränges draußen auf der Straße das Gefühl,
dass tatsächlich jeder einzelne Einwohner der Stadt dort sei. Der
schmale Mittelgang zwischen den einfachen Holzbänken war so überfüllt, dass Andrej länger brauchte, ihn zu durchqueren, als für den
gesamten Weg von der Stadtmauer zur Kirche. Keuchend vor Anstrengung und in Schweiß gebadet, erreichte er die niedrige Tür zur
Sakristei, stieß sie mit der Schulter auf und stürmte hindurch.
Dahinter lag die schmale, in engen Windungen nach oben führende
Treppe zum Glockenturm. Andrej stürmte die ersten Stufen hinauf,
dann blieb er stehen, zog sein Schwert und lauschte mit angehaltenem Atem und geschlossenen Augen in sich hinein. Nichts. Die Präsenz war erloschen. Wenn der Dämon tatsächlich dort gewesen war,
war er nun fort.
Oder er tarnte sich und wartete oben am Ende der Treppe auf ihn.
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Andrej eilte die
Stufen weiter hinauf und hielt erst unmittelbar unter der mit schweren eisernen Bändern verstärkten Bodenklappe an, über der sich der
eigentliche Glockenturm erhob. Angespannt lauschte er mit all seinen Sinnen, aber er spürte nichts. Dort oben sollten vier Männer Wache stehen und das umgebende Land mit Ferngläsern nach dem winzigsten Anzeichen eines feindlichen Manövers oder einer Falle absuchen. Er hätte zumindest ihre Atemzüge hören müssen. Doch über
ihm herrschte buchstäblich Totenstille.
Als er die Hand nach der Klappe ausstreckte, roch er das Blut.
Es war frisch, noch warm. Das Herz, das es durch die Adern gepumpt hatte, hatte noch nicht lange aufgehört zu schlagen. Andrej
wusste, was er sehen würde, als er die Klappe mit den Schultern aufsprengte, die restlichen Stufen hinaufsprang und, das Schwert
kampfbereit in beiden Händen haltend, herumwirbelte.
Der Dämon war nicht da. Aber er war dort gewesen. Die Spuren
seiner Anwesenheit waren überdeutlich. Etwas lag in der Luft, dem
Andrej in dieser Ausprägung noch nie begegnet war. Es war, als sei
etwas Totes dort gewesen; etwas, das schon vor sehr langer Zeit gestorben war, seitdem verweste und faulte und sich dennoch bewegte.
Die vier Männer, die Wache gehalten hatten, lagen so ordentlich
nebeneinander, als hätte jemand große Mühe darauf verwandt, sie in
einer Linie aufzureihen. Ihre Schwerter - jedes einzelne zerbrochen -
lagen neben ihnen. Die Arme der Männer waren über der Brust gekreuzt, ihre Köpfe und Schultern lagen in großen, glitzernden Lachen
ihres eigenen Blutes. Jemand hatte ihre Kehlen auf die gleiche, grausame Weise zerfetzt wie die des Jungen, den er vor drei Tagen am
Strand gefunden hatte.
Andrej registrierte aus den Augenwinkeln eine Bewegung und fuhr
herum. Sein Schwert kam in einer Bewegung hoch, die zu schnell
war, als dass das menschliche Auge ihr folgen konnte, dennoch war
er nicht schnell genug. Er

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