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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gürtel zu schieben. Auch Abu Dun steckte seinen Säbel ein und sah
Andrej ebenso missbilligend wie spöttisch zu.
»Du lässt allmählich nach, alter Mann«, sagte er. »Vor fünfzig Jahren wäre es mir nicht gelungen, mich an dich heranzupirschen.«
»Sei froh, dass es so ist«, antwortete Andrej leicht belustigt. »Sonst
wärst du jetzt tot.« Er wurde schlagartig ernst. »Was tust du eigentlich hier? Hast du den Verstand verloren? Weißt du, was sie mit dir
machen, wenn sie dich hier erwischen?«
»Wir hatten eine Verabredung, Andrej«, erwiderte Abu Dun. »Du
bist nicht gekommen.«
Andrej starrte ihn ungläubig an. Hatte Abu Dun endgültig den
Verstand verloren? »Und deshalb kommst du hierher? Du bringst
dein Leben in Gefahr - und so ganz nebenbei auch meins - weil ich
mich nicht von dir verabschiedet habe?«
»Pedro ist fort«, sagte Abu Dun.
»Was soll das heißen, fort?«, fragte Andrej verwirrt. »Du meinst,
ihr habt ihn nicht gefunden?«
»Wir haben die ganze Stadt abgesucht«, antwortete Abu Dun. »Und
jeden gefragt, den er kennt. Julia ist völlig aufgelöst. Man hat den
Jungen am Abend oben beim Fort gesehen.«
Beim Fort? Aber was wollte er dort?
»Zusammen mit einer Gruppe freiwilliger Dummköpfe, die sich gar
nicht schnell genug melden konnten, um bei der Verteidigung dieser
Ruine zu helfen«, fuhr Abu Dun fort. Er schüttelte heftig den Kopf,
als Andrej etwas sagen wollte. »Es ist meine Schuld, Andrej. Ich
hätte es wissen müssen. Der Junge hatte seit ein paar Tagen von
nichts anderem gesprochen, aber ich war zu blind, um die Zeichen
richtig zu deuten. Er ist ein Kind, das darauf brennt, Ritter zu spielen.«
»Du sagst es«, antwortete Andrej. Auch er war erschrocken, bemühte sich aber um einen ruhigen, zuversichtlichen Ton. »Er ist noch
ein Kind. Sie werden ihn wieder wegschicken.«
»Ein Kind mit einem Messer und dem Gewehr seines Vaters«, beharrte Abu Dun. »Ein Kind, das die ganze Nacht nicht nach Hause
gekommen ist. Ich kann zwei und zwei zusammenzählen.«
Andrej überlegte angestrengt. So gerne er Abu Dun auch widersprochen hätte, er konnte es nicht. Und er verstand nur zu gut, was
der Nubier gemeint hatte. Schließlich waren sie beide dabei gewesen,
als Pedro seine flammende Rede gehalten hatte. Beide hatten sie
nicht begriffen, was diese Worte in letzter Konsequenz bedeuteten.
Natürlich hatte er Recht - Pedro war ein Kind, aber er war ein Knabe
auf der Schwelle zum Mann und somit in jenem gefährlichen Alter,
in dem Knaben fast wie Männer aussehen und auch manchmal wie
solche redeten, ohne es wirklich zu sein.
»Du musst erst einmal von hier verschwinden«, sagte er schließlich,
»wenn sie dich erwischen, ist Pedro nicht mehr dein größtes Problem.« Abu Dun wollte widersprechen, doch Andrej brachte ihn mit
einer energischen Geste zum Schweigen und deutete auf die Tür,
durch die er selbst in den Hof gekommen war. »Ich kümmere mich
um alles«, versprach er, »aber das kann ich nicht, wenn ich zusammen mit dir im Verlies in Ketten liege. Romegas und seine Freunde
warten nur darauf, dich als Spion aufzuhängen und mich des Hochverrats anzuklagen. Komm jetzt.«
Abu Dun warf ihm noch einen finsteren Blick zu, schien aber einzusehen, dass sein Gefährte Recht hatte, und folgte ihm kommentarlos, als Andrej sich umwandte und mit schnellen Schritten in den
Gang hineintrat. Lautlos durchquerten sie das Ordenshaus und näherten sich dem Ausgang. Zu Andrejs Überraschung stand die kleine
Pforte in dem großen, mit einem tonnenschweren Balken gesicherten
Tor weit offen. Von dem Posten, der normalerweise dort Dienst tat,
war weit und breit nichts zu sehen. Er tauschte einen fragendbesorgten Blick mit Abu Dun, auf den er aber nur ein angedeutetes Schulterzucken und ein Grinsen zur Antwort bekam, und zog es vor, nicht
weiter nachzuhaken. Abu Dun gefiel sich darin, den groben Klotz
und Dummkopf zu spielen - und manchmal konnte er es weiß Gott
auch sein -, aber er war niemand, der einen Menschen grundlos tötete. Vermutlich lag der Posten in irgendeinem schlecht einsehbaren
Winkel, würde irgendwann aufwachen und sich die gleiche Frage
wie Andrej stellen: nämlich, wann ihm eigentlich der Himmel auf
den Kopf gefallen war.
Draußen auf der Straße erwartete ihn eine weitere Überraschung.
Abu Dun war nicht allein gekommen. Kaum hatten sie das Gebäude
verlassen, löste sich eine schlanke, dunkelhaarige Gestalt aus den
Schatten.
»Ist er hier?«, fragte Julia

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