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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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getroffen. Ich habe nur noch ein wenig mitgeholfen. Seht ihr jene kleine Gruppe, die besser angezogen ist? Das sind Studenten aus den Schulen hier um Ilmorog und von der Universität. Es ist einfach großartig. Zukünftige Generationen werden diesen Tag preisen - von den Dächern der Häuser, aus den Wipfeln der Bäume und von den Berggipfeln wird ihr Lied zu hören sein, vom Mount Kenya zum Mount Elgon, vom Elgon zum Kilimandscharo, von den Ngong Hills zu den Nyandaarwa Bergen. Ich, Muturi wa Kahoni Maithori, fand die Studenten und Arbeiter schon marschbereit; sie forderten alle, die in Njeruca wohnten, auf, mit ihnen zusammen die einheimischen Diebe und Räuber und ihre ausländischen Freunde anzugreifen. Ich gab ihnen die mir bekannten Informationen weiter und wurde gebeten, das meinige dazuzutun, um die Leute aufzufordern, mitzukommen. Wir ließen keine Ecke von Njeruca aus. Hörten die Leute, daß ich tatsächlich bei der Angeberei der Diebe und Räuber dabei gewesen war, holten sie sich sofort einen Stock und schlossen sich singend dem Zug an. Was soll ich euch noch erzählen? Bringt eure Hörner und Trompeten, daß wir die Herrlichkeit dieses Tages verkünden können. Kommt, wir wollen miteinander feiern! Kommt, wir wollen stolz einhergehen! Denn einige von den Jugendlichen, die zur Schule gegangen sind, haben offene Ohren für den Ruf des Volkes; sie machten die Augen auf und sahen das Licht der großen Organisation der Arbeiter und Bauern … Ist Wangari zurückgekommen?«
    »Wir haben dich gesucht«, sagte Gatuiria, sobald er eine Gelegenheit dazu fand.
    »Warum? Wo ist Wangari?«
    »Wangari wurde von der Polizei festgenommen«, sagte ihm Wariinga. »Festgenommen?«
    »Ja, weil sie angeblich Gerüchte verbreitete, die zu Gewalttätigkeiten führen und Frieden und Stabilität im Land gefährden könnten!« sagte Gatuiria.
    »Wo wurde sie festgenommen? In der Höhle?«
    »Ja«, erwiderte Wariinga.
    Und nun klang Schmerz und Bitterkeit aus Muturis Stimme: »Als Arbeiter weiß ich nur zu gut, daß Gesetz und Ordnung auf seiten derer sind, welche den Arbeitern die Produkte ihres Schweißes rauben, und auf seiten derer, die den Bauern Nahrung und Land stehlen. Der Frieden, die Ordnung und die Stabilität, die sie mit Panzerfahrzeugen verteidigen, nützen nur den Reichen, die sich an Brot und Wein ergötzen, die sie den Armen vom Munde weggeschnappt haben; ja, dieser Frieden, diese Ordnung und Stabilität beschützen die Essenden vor der Wut der Dürstenden und Hungernden. Habt ihr je erlebt, daß Unternehmer von den Streitkräften angegriffen wurden, weil sie sich weigerten, die Löhne der Arbeiter heraufzusetzen? Und was ist, wenn die Arbeiter streiken? Und diese Leute wagen es, von Gewalt zu sprechen! Wer im Land sät denn Gewalt? Deshalb wollte ich, daß Wangari zur Polizei hinginge, um sich selbst zu überzeugen; dann würden all ihre Zweifel verschwinden, und sie würde sich fragen müssen: Habe ich jemals erlebt, daß die Polizei die Reichen zum Schweigen gebracht hätte?«
    »Hör zu«, warf Gutuiria schnell ein. »Wir sind gekommen, um dich zu warnen. Auch du wirst möglicherweise festgenommen. Der Polizeichef von Ilmorog ist in der Höhle.«
    »Ich bin froh, daß ihr gekommen seid, um uns zu warnen«, antwortete Muturi langsam und offensichtlich bewegt. »Dies macht mein Herz sehr froh. Erst gestern abend haben wir uns in einem Matatu kennengelernt, und nun kommt ihr, um mich vor Gefahr zu warnen! Aber ich werde nicht weglaufen. Wir werden nicht davonlaufen. Für uns Arbeiter gibt es kein Zurück - denn wohin sollten wir gehen? Ich will euch eines sagen: Das System des Raubens und Stehlens wird in diesem Land kein Ende finden, solange die Menschen noch vor Gewehren und Knüppeln Angst haben. Wir müssen gegen die Furcht kämpfen, uns gegen siestemmen. Und dagegen hilft nur ein Mittel - eine starke Arbeiter- und Bauernorganisation im ganzen Land, in Zusammenarbeit mit jenen, deren Augen nun klar und deren Ohren offen sind. Diese tapferen Studenten haben gezeigt, in wessen Dienst Erziehung und Ausbildung stehen sollten. Freunde, auch ihr solltet euch uns anschließen und mit uns kämpfen; ihr, mit eurer Bildung, kehrt dem Volk nicht den Rücken. Das ist der einzige Weg für uns!«
3
    Nachdem Muturi dies gesagt hatte, ließ er Gatuiria und Wariinga stehen und rannte davon, um sich dem Zug der Arbeiter wieder anzuschließen.
    Wariinga und Gatuiria schauten einander an. Der Appell Muturis hatte sie zutiefst

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