Der gekreuzigte Teufel
oder ein Mmasai, oder ein Mkikuyu, oder ein Mbaluhya —, wir alle sind Brüder dadurch, daß wir uns dem Raub und dem Diebstahl verschrieben haben, und durch unsere Verbindung mit den ausländischen Experten. Zeremonienmeister! Wir alle gehören einer Organisation an. Laßt uns stets diese Einheit bewahren. Nur unter denen, die wir berauben und bestehlen, müssen wir Zwietracht säen, Stammes- und Religionszugehörigkeit sind uns dabei behilflich — damit jene niemals eine eigene starke und geeinte Organisation schaffen können, um uns Widerstand zu leisten … Leute … Ein zu heißes Feuer verbrennt auch das Fleisch, nicht nur das Fett, das es zum Lodern brachte!«
Als er seine Rede schloß, wurde er mit tosendem Beifall bedacht, fast drohten Decke und Wände der Höhle einzustürzen. Toboa! Toboa ! Ein weiser Daniel hat Gericht gesprochen! Einige schrien laut, so begeistert waren sie von dem, was der Mann gesagt hatte.
Nach einer kurzen Diskussion kam man überein, daß es keine Rolle spielte, ob einer dick oder dünn, groß oder klein sei und daß weder Religion noch Heidentum, weder Stammeszugehörigkeit noch Hautfarbe ausschlaggebend seien — vielmehr sei es jedem erlaubt, sich aufgrund seiner Schläue und seiner Fertigkeit im Rauben und Stehlen am Wettbewerb zu beteiligen.
Da sich jedoch die Notwendigkeit ergab, Anfänger aus ihrer Mitte zu entfernen, einigte man sich auf folgende Regeln:
ERSTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß zuerst seinen Namen nennen.
ZWEITE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß seinen Wohnort nennen.
DRITTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß angeben, wieviel Frauen er hat — Ehefrauen oder Freundinnen.
VIERTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß angeben, welche Automarke er fährt; was für einen Wagen seine Frau fährt, oder was für einen Wagen sein/seine Schätzchen fährt/fahren …
FÜNFTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß einen kurzen Bericht über seine Karriere im Rauben und Stehlen abgeben.
SECHSTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß Vorschläge machen, wie das Ausmaß von Raub und Diebstahl im Lande erhöht werde kann.
SIEBENTE REGEL:
Jeder Teilnehmer muß aufzeigen, wie die Beziehungen zwischen uns und den Ausländern gestärkt werden können.
Als der Zeremonienmeister die Regeln vorgelesen hatte, setzte er sich unter donnerndem Beifall.
»Ich möchte auch am Wettbewerb teilnehmen«, sagte Mwaura zu Muturi. »Gehörst du zu den Räubern?«
»Womit sonst verdiene ich wohl mein Geld?« erwiderte Mwaura und begann zu lachen, als habe er nur einen Witz gemacht. Plötzlich erinnerte er sich jedoch der Frage, die Muturi ihm über seine Verbindung zu den Devil's Angels gestellt hatte. Das Lachen verging ihm, er schaute zu Wangari hin und fragte sich, ob wohl auch sie wüßte, was Muturi über ihn zu wissen glaubte.
Wangari saß noch immer stumm an ihrem Platz, sie fühlte Mut und Bitterkeit zugleich. Sie glaubte sich stark genug aufzustehen und durch Beschimpfungen und Beleidigungen die ganze Höhle zum Schweigen zu bringen. Aber sie dachte an ihren Entschluß, durchzuhalten, um möglichst viele Beweise zu sammeln, ehe sie die Polizei von Ilmorog holen würde. Mindestens zwei Minuten lang hielt sie sich die Ohren zu, um sich nicht anhören zu müssen, wie die versammelten Diebe und Räuber sich gegenseitig gratulierten und bewunderten, während sie den Zeremonienmeister mit ihrem Applaus bedachten.
Und plötzlich fühlte sich Wangari zurückversetzt in Mwauras Matatu am Abend zuvor, als sie sich auf dem Weg nach Ilmorog befanden und als die beschwichtigende Stimme von Mwireri wa Mukiraai sie mit der Geschichte von dem Mann einschläferte, der in ein fremdes Land reiste und seine Knechte zu sich rief und ihnen fünf Talente, zwei Talente, ein Talent Silber übergab … Alsbald ging der hin, der die fünf Talente empfangen hatte, und handelte mit denselben und gewann andere fünf. Desgleichen, der die zwei Talente empfangen hatte, gewann zwei andere. Der aber das eine empfangen hatte, ging hin und machte eine Grube in die Erde und verbarg seines Herrn Geld. Über eine lange Zeit kam der Herr dieser Knechte und hielt Rechenschaft mit ihnen. Da trat herzu, der die … Talente … empfangen hatte …
DAS ZEUGNIS VON GITUTU WA GATAANGURU
Dies nun sind die Bekenntnisse des Gitutu wa Gataanguru über seinen Umgang mit zeitgenössischem Raub und Diebstahl. Gitutu hatte einen riesigen Bauch, der bestimmt den Fußboden berührt hätte, wären nicht die Hosenträger gewesen, die sowohl Hose als auch Bauch
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