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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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und wie meistens klang ihre Stimme unangenehm spröde. Und doch fühlte sich Brunichild erleichtert. Auf einmal erinnerte sie sich an den Bischof von Marseille und seine so überaus fromme Gattin Placidia, und da waren ihr der lebenslustige Nicetus und seine fröhliche Familie tausendmal lieber.
    An diesem Abend nahm sie ohne weitere Vorbehalte an den Tischgesprächen und den gelehrten Neckereien teil, auf die sich Venantius und Nicetus so gut verstanden.
    „Du bist wirklich ein rundum glücklicher Mann“, sagte Sigibert irgendwann halb anerkennend, halb neidisch.
    „Ich wäre noch glücklicher, wenn du mir endlich das volle Zollrecht für Trier überträgst“, entgegnete Nicetus schmunzelnd.
    „Dacht ich’s mir doch, dass du den Hals nicht vollkriegen kannst“, erwiderte Sigibert grinsend, aber mit einer leichten Schärfe.
    „Ich brauche das Geld“, erklärte Nicetus, ernst werdend, „ ich bin derjenige, der dafür sorgt, dass die Civitas von Trier bestens gedeiht. Ich habe hohe Ausgaben, und es werden ständig mehr. Ich hindere die Bauern daran, ihr Land zu verlassen, und sorge dafür, dass sie treu zu Kirche und König stehen. Fast jedes Jahr errichte ich eine neue Kirche und besetze sie mit einem Priester. Alle diese Priester in den kleinen Gemeinden kosten Geld, die Schulung der Priester kostet Geld, die Verwaltung der Diözese kostet viel Geld. Und da dein Comes nicht ausreichend dafür sorgt, lasse ich die wichtigsten Straßen auf meine Kosten instand halten.“
    „Dann muss ich mit dem Comes reden“, erklärte Sigibert unbehaglich.
    „Ja, tu das. Und mit den Zolleinnahmen könnte der Stadthafen erweitert werden, das bringt zusätzliche Einkünfte. Auch für dich. Das würde sich lohnen.“
    „Schön, dass du auch an mein Einkommen denkst“, murmelte Sigibert spöttisch. „Aber genug der Geschäfte. Dafür ist der Tag da.“
    „Venantius, hast du nicht ein Gedicht, das die liebliche Gegend preist, in der wir uns befinden?“, rief Brunichild und zwinkerte dem Dichter zu. Es war eine abgesprochene Sache. Sie hatte das Gedicht bereits gelesen. Venantius hatte es ihr gezeigt, und sie hatten am Nachmittag im Garten darüber diskutiert.

Venantius hatte sich zerknirscht gegeben. „Ich beherrsche die sapphische Strophe nicht mehr ausreichend. Es ist beschämend. Meine Verse hinken.“
    Brunichild hatte ihn ausgelacht. Inzwischen wusste sie etwas mehr über ihn. Er hatte Grammatik und Rhetorik in Ravenna studiert, und es gab keinen Zweifel, dass Ravenna eine der berühmtesten Schulen des Abendlandes unterhielt. Eine Schule wie diese gab es im ganzen Frankenreich nicht. In Ravenna residierte Narses als Vizekönig des byzantinischen Kaisers, dort war alles an Bildung und Kultur zu finden, was Brunichild in Sigiberts Reich vermisste. Deshalb suchte sie so häufig wie möglich das Gespräch mit Venantius, um von ihm zu lernen und ihre eigene Vorstellung eines durch und durch zivilisierten Königshofs zu entwickeln. Und bei einer solchen Gelegenheit hatte ihr Venantius die Legende von der Abkunft Sigiberts von den trojanischen Königen erzählt. Da erst war ihr bewusst geworden, in welche Familie sie eingeheiratet hatte und alle Bedenken und Vorbehalte, die sie bis dahin gehegt hatte, waren verschwunden. Es würde sich lohnen, wenn sie sich ins Zeug legte, damit Sigibert und sein Hof sich seinen glorreichen Ahnen als ebenbürtig erwiesen.
    „Venantius, wenn du die sapphische Strophe nicht mehr beherrschst, beherrscht sie hier niemand mehr. Es sind wunderschöne Verse, die du verfasst hast.“
    Das waren sie wirklich, und wie jedesmal hob Venantius’ Vortrag die Stimmung. Diener räumten die Reste der Tafel ab, nur die Weinpokale blieben stehen und wurden mit dem ausgezeichneten Wein von den Hängen rings um die Villa nachgefüllt. Nicetus gab den bereitstehenden Sängern einen Wink, nun ihrerseits zur Unterhaltung des Abends beizutragen, und diese Geste misslang merkwürdiger Weise. Einen Augenblick verharrte der Arm in der Luft, während sich Nicetus’ Miene voller Staunen verzog. Was hatte er nur?
    Er stöhnte, bäumte sich mit einem Schmerzenschrei auf und sank vom Stuhl. Totenstille trat ein. Alle starrten den Bischof an. Niemand konnte begreifen, was geschehen war. Aber dann stieß Nicetus’ Frau einen Schrei aus und stürzte zu ihm. Sigibert, Brunichild und alle anderen sprangen auf. Ein allgemeines Durcheinander brach aus, Pokale wurden umgeworfen, der Wein ergoss sich über das

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